Feuer der Götter: Roman (German Edition)
Mondes, Aqo, der Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit. Ein Teil der Schätze, die du hier gesehen hast, stammt von den Männern, die sie aufsuchen. Sie tun es, um Fruchtbarkeit für ihr Haus zu erwirken. Wenn ein Mann möchte, dass seine Almaraherde viele Lämmer wirft, kommt er hierher und schläft mit einer der Frauen, die Aqo dienen. Oder wenn seine eigene Frau kein Kind empfangen kann. Die Fruchtbarkeit Aqos überträgt sich auf den Mann und sein Haus, so dass die Huren selbst nur selten Kinder bekommen.«
»Davon habe ich gehört«, warf Naave steif ein. Ebenso, wie sie auf den Marktplätzen gehört hatte, dass die Tempelhuren allerlei Kräuter und Mittelchen benutzten, um Schwangerschaften zu verhindern.
Tlepau Aq lächelte. »Die Huren sind bekannt für ihre Schönheit und ihren Liebreiz. Manchmal kann sich auch ein Priester dem nicht entziehen … Manchmal ist es sogar nötig, zu einer Tempelhure zu gehen, denn die höheren Priester sind vermählt. Ich als Hoher Priester habe drei Frauen – die alle kein Kind gebären konnten. Tiqqi wurde nie schwanger; Mia kam nie über die zehnte Woche der Schwangerschaft hinaus, und Ximqatiqa, die es hätte schaffen können, denn ihr Leib war schon dick gewölbt, wurde krank und starb. Daher suchte ich eines Tages eine Tempelhure auf. Ich opferte der Göttin der Liebe eine Herde Almaras und übergab einen Teil meines Vermögens dem Turm der Aqo. Es musste gelingen! Es ist nämlich so: Der Hohe Priester wird nicht berufen oder gewählt. Das Amt des obersten Priesters vererbt sich vom Vater auf den Sohn.«
Warum um alles in der Welt erzählte er ihr das?
»Es gelang nicht. Aqo schien das Opfer zurückzuweisen. Ich konnte mir nicht erklären, warum. Eine Laune der Götter, ein Fluch? Ich ging eine lange Zeit zu dieser Hure. Doch nicht meine Frauen wurden schwanger, sondern sie. Zweifelsfrei von mir, denn in dieser Zeit empfing sie nur mich.«
Er legte die Fingerspitzen an die Schläfen, schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Ein langer Seufzer entrang sich ihm. »Es war uns allen unerklärlich! Die Herden niederster Bauern werden mit Fruchtbarkeit gesegnet, wenn die Männer hier waren, und ich – ich, der Hohe Priester, wurde von Aqo zurückgewiesen! Eine lange Zeit überlegten ich und der Kreis der Priester, wie wir diese Sache handhaben sollten.«
»Du hättest die Tempelhure nachträglich zu deiner Frau machen können.«
Er hob die Brauen. »Du bist recht gewitzt, wie mir scheint. In der Tat, das erwogen wir. Es sprach eine gewichtige Sache dafür: Das Kind kam während des fünftägigen Festes der Endenden Finsternis zur Welt. Genauer gesagt am Morgen des sechsten Tages, als die Sonne aufging. Es sprach jedoch auch etwas Gewichtiges dagegen: Es war ein Mädchen.«
Die Art, wie er sich bei diesen Worten vorneigte und ihr prüfend in die Augen sah, weckte in ihr eine sonderbare Vorahnung. Sie musste eine Hand auf ihr Herz legen.
Das ist … nein. Das hat gar nichts zu sagen. Er will mir etwas ganz anderes erzählen. Aber nicht … das. Nein.
Seine Augen verengten sich. Er wartete auf eine Erwiderung.
»Nun?«, drängte er. »Was sagst du dazu?«
Sie schluckte. Was sollte sie sagen? Dass sie vor achtzehn Jahren am ersten Tag nach dem Fest der Endenden Finsternis geboren worden war? In der Stunde des Sonnenaufgangs, wie ihre Mutter erzählt hatte? Ihre Mutter, die im Fliegenden Axot als … Hure gearbeitet hatte? Ihre Mutter, die ihr an den Tagen des Festes von jener Finsternis vor annähernd tausend Jahren erzählt hatte, den sehnsüchtigen Blick auf die Türme des Tempels gerichtet?
… der Berg spie Feuer und Asche. Tagelang ging die Sonne nicht auf. Wo war der Gott-Eine, die ewige Sonne? Wo seine Wärme, wo sein Licht? Auch die Monde waren nicht zu sehen. Die Priester wussten nicht, wann er wiederkäme. War er zornig auf die Menschen? Alle verzehrten sich vor Furcht und Sehnsucht nach ihm und seinen Göttern. Viele Tiere wurden geopfert; unendlich waren die Ströme ihres Blutes, das in den Fluss, den Großen Beschützer, floss … Am fünften Tag opferte man sogar einen Menschen. Und wahrhaftig, am Morgen des sechsten Tages erschien die Sonne wieder am Himmel, und alles Volk jubelte. Seitdem feiern die Menschen jedes Jahr um diese Zeit ein fünftägiges Fest. Ein Mensch opfert sich, und er tut es gern. In den Nächten entzünden sie zahllose Lampen und Feuer, so dass fünf Tage lang keine Finsternis herrscht, zu Ehren des Gott-Einen, der
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