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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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damals die Finsternis beendet hat  …
    Naave traten die Tränen in die Augen. Zehn Jahre lag es zurück, seit ihre Mutter sie zuletzt auf den Knien gewiegt und ihr diese Geschichte erzählt hatte. Ihre Mutter, ach, ihre Mutter, sie hatte sie so geliebt.
    »Was ich sage?« Ihre Stimme war rauh. »Ich sage, dass du dem Feuerdämon hoffentlich die Haut abziehst.«
    »Dem … Oh, gewiss.« Tlepau Aq schien den gefangenen Dämon vergessen zu haben. »Lass mich weitererzählen. Wir wurden uns damals nicht einig, ob eine Frau Hohe Priesterin werden könnte. Die Götter mussten entscheiden … Die Tempelhure und deine Amme verließen mit dir den Tempel. Sie leisteten einen heiligen Schwur, sich niemals Hilfe von ihren Familien zu holen oder auch nur jemandem zu erzählen, woher sie kamen. Dann begaben sie sich in den Graben. Solltest du dort überleben und eines Tages in den Tempel zurückkehren, so sollte dies das Zeichen sein, dass die Götter dich als meine Nachfolgerin wünschen.«
    Unglaublich … »Und wie hieß die Priesterin?«
    »Xotli.«
    »Meine Mutter hieß Matui.«
    »Nun, dann hat sie offenbar einen anderen Namen angenommen. Der Name der Amme war Chinanxi.«
    Auch dieser Name sagte ihr nichts.
    »Damit ich das Mädchen wiedererkenne, ließ ich ihm ein Mal aufbrennen«, sprach der Hohe Priester weiter. »Auf das Gesäß … Ich entdeckte es vorhin, als du gebadet wurdest.«
    Er also hatte auf der Galerie gestanden … Naave war danach, erleichtert aufzulachen. »Ach, das Mal! Das ist ja etwas ganz anderes. Ich bekam es erst mit acht Jahren, als ein Brand unser Haus zerstörte …« Augenblicklich wurde ihr wieder schwer ums Herz. »Ich fiel mit dem Hintern auf einen glühenden Geldring, das war alles. Ich bin nicht die, die du meinst.«
    »Du hast es zuvor nie bemerkt? Denk nach.«
    »Wie denn? Es war nicht da.«
    »Du selbst kannst es nicht sehen. Bist du sicher, dass kein anderer es gesehen hat? Als Kind läuft man doch gelegentlich ohne Kittel herum.«
    »Meine Mutter hat mich immer ordentlich gekleidet, auch wenn sie arm war«, beharrte sie.
    Ein Nachbarsjunge fiel ihr ein, mit dem sie sich damals verbotenerweise in den Fluss gewagt hatte. Sie entsann sich, dass er, als sie sich gegenseitig mit ihren Kleidern trockengerieben hatten, den Finger auf ihren Hintern gedrückt hatte.
    Du hast da was.
    Was denn?
    Einen Ring oder so.
    Mach’s ab!, hatte sie gerufen; er hatte vergebens daran gekratzt, und danach musste sie es vergessen haben. Wie alt mochte sie gewesen sein? Fünf, sechs?
    »Ich sehe, du erinnerst dich«, sagte Tlepau Aq.
    »Nein!«, keuchte Naave. »Du hast das Mal gesehen und dir schnell diese Geschichte ausgedacht.«
    Er warf die Hände hoch. »Warum, bei der Allmacht des Gott-Einen, sollte ich das tun? Ich wünschte, das alles wäre nicht so!«
    Verzweifelt blickte sie sich um, als könnte sich ein Fluchtweg auftun. Sie zeigte auf ihre Stirn. »Warum hast du mir das Mal nicht ins Gesicht brennen lassen? Du konntest nicht davon ausgehen, dass ich eines Tages nicht nur hier erscheine, sondern auch noch einen Blick auf meinen Hintern gestatte.«
    »Natürlich hatte ich das erwogen. Aber dieses Mal hätte Aufmerksamkeit erregt; ich hätte vielleicht von dir gehört. So leicht wollte ich es den Göttern nicht machen«, er machte eine entschuldigende Geste in Richtung des Himmels. »Außerdem wollte ich dich nicht verunstalten. So weiß ich wenigstens gewiss, dass ich das Richtige tue: dich zu meiner Nachfolgerin zu machen.«
    »Ich weiß noch längst nicht, ob ich dir glauben soll!«
    »O doch, du weißt es.« Gewichtig verschränkte er die Finger und stützte das Kinn darauf. »Denk in Ruhe darüber nach; vielleicht werden dir im Licht dieses Wissens viele Dinge aus der Vergangenheit anders erscheinen. Du bist Tique sehr zugetan – ich entsinne mich, dass deine Mutter ihn sehr mochte. Als ich bei ihr war, bat sie mich, sie aus Aqos Dienst zu entlassen und in die Gruppe eintreten zu lassen, die für Tique tanzt.«
    Es stimmte, Naave hatte die Liebe zu Tique von ihrer Mutter übernommen. Über Aqo hatte sich die Mutter eher abfällig geäußert – das war ihr mehrere Male aufgefallen.
    »Aber meinen Vater gab es!«, sagte sie verzweifelt. »Er war einer der Gäste, und er war netter als die anderen, hat meine Mutter gesagt.«
    »Hast du ihn je gesehen?«
    Sie biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf.
    »Was Xotli dir da erzählt hat, das war nur eine Geschichte. Sieh mich an,

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