Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
Vom Netzwerk:
Bäumchens gepflanzt und sorgsam um den Stamm herum hochgezogen. Jeden Morgen tränkt ein Novize die Blüte mit einer farbigen Flüssigkeit, und die Farbe wandert im Stiel herab, so gleichmäßig, dass man daran den Verlauf der Stunden ablesen kann. Damit es gelingt, muss der Stamm äußerst gerade gewachsen sein; die Schlingpflanze darf nicht seitlich austreiben, und das Schwierigste dabei ist: Die Farbe gewinnt man aus einem seltenen Frosch, der in den Tiefen des Waldes lebt. Es ist eine zeitaufwendige Sache, von der man auch nur zwei Monate im Jahr etwas hat, nämlich wenn die Pflanze blüht, und von diesen zwei Monaten zeigt sie die Stunden nur während zweier Wochen genau an, in ihrer höchsten Blüte.«
    »Ich habe nie verstanden, wozu man sich die Mühe mit so einer Spielerei macht.«
    »Sie blüht jedes Jahr während des Festes der Endenden Finsternis. Bei den Festakten ist es unerlässlich, die Zeit genau prüfen zu können. Aber im Grunde hast du recht, es ist Spielerei.«
    Er aß weiter; sorgsam tupfte er den Saft der Frucht von seinen schmalen Lippen. Sie wünschte sich, er würde das Gespräch nicht versanden lassen. Ihr selbst fiel nichts ein. Er war der Hohe Priester! Worüber unterhielt man sich mit diesem Mann?
    »Weshalb sitze ich hier?«, platzte sie heraus. »Ich will bloß die Belohnung haben. Ich habe den Feuerdämon gefangen.« Es konnte nicht schaden, das noch einmal zu erwähnen.
    Er hob eine Braue. »Ich weiß. Wie ist dir das gelungen?«
    »Tique hat mir geholfen. Ich habe ihm schließlich viele Ringe als Opfer dargebracht.« Auch das war wert, gesagt zu werden.
    Ihn schien die Sache zu erheitern. Seine Mundwinkel zuckten. »Ein solch üppiges Essen hast du dir redlich verdient.«
    Wollte er sie etwa um die versprochene Belohnung prellen? »Ich bin arm«, sagte sie leise, die Lider senkend. »Ich hatte gehofft, du würdest dich erkenntlich zeigen.«
    Er lachte auf. »Ich kenne dich zwar erst seit wenigen Augenblicken, kann aber doch sagen, dass deine Demut nicht aufrichtig ist. Wüsstest du, dass ich die Belohnung deinem Begleiter habe übergeben lassen, würdest du mir wohl an die Kehle gehen.«
    »Aber nein, ich …« Sie stockte. Was hatte er da gesagt? »Du hast Tzozic … O mächtiger Tique, nein!«
    So rasch sprang sie auf, dass eine Schale ins Wanken geriet und vom Tisch rutschte. Auf das Klirren achtete sie nicht; sie rannte auf die Terrasse und beugte sich über die Brüstung. Wahrhaftig, am Ende des Platzes sah sie Tzozic davontrotten. Er zog einen mit einer Plane bedeckten Karren, und was sich darunter wölbte, war zweifellos eine äußerst stattliche Belohnung – kupferne Gefäße sicherlich, kostbares Tuch, Körbe voller Edelsteine … Auch neue Kleidung hatte man ihm geschenkt; er trug einen Umhang aus feiner Almarawolle. Naave hatte einmal im Staub ein solches Tuch gefunden, doch sein Besitzer, ein fetter Mann in einer Sänfte, hatte geglaubt, sie hätte es gestohlen, und ihr von einem seiner Träger den Hintern verprügeln lassen. Tagelang hatte sie nicht sitzen können …
    » Ich habe den Dämon gefangen!« Vergebens kämpfte sie gegen zornige Tränen an. »Tique, so lässt du mich im Stich?«
    »Naave.«
    Der Hohe Priester legte eine Hand auf ihre Schulter. Sie fuhr herum und wich vor ihm zurück.
    Er breitete die Arme aus. »Du musst dich vor mir nicht fürchten. Komm, lass uns weiteressen. Und über deine Belohnung sprechen. Glaubst du wirklich, dass ich dich mit einem Mahl abspeise?«
    Misstrauisch folgte sie ihm zurück an den Tisch. Dieses Gerede war ihr allmählich lästig. Er sollte ihr endlich Ringgeld oder Edelsteine geben und sie ziehen lassen. Stattdessen griff er nach einer Kanne, schenkte Fruchtwein in einen Becher und schob ihn ihr hin.
    »Gegen das, was ich dir biete, Naave, sind die Schätze auf dem Karren so bedeutungslos wie die Krümel, die hier unter dem Tisch liegen.«
    Sie starrte ihn an. Wie von selbst sackte sie zurück auf ihren Platz.
    Tzozic hatte recht. Gleich kriege ich ein schändliches Angebot zu hören.
    Auch sich selbst schenkte er einen Becher ein, trank einen Schluck und rollte ihn endlos im Mund. Dann, endlich, stützte er die Ellbogen auf den Tisch und legte die Fingerspitzen aneinander. »Naave, hör mir zu. Es gibt hier Tempelhuren, wie du vielleicht weißt …«
    Sie umklammerte ihren Becher, bereit, den Inhalt in Tlepau Aqs Gesicht zu schütten.
    »Sie sind nicht wie gewöhnliche Huren; sie dienen der Göttin des dritten

Weitere Kostenlose Bücher