Feuer der Götter: Roman (German Edition)
mit Statuetten der Götter; alle aus Gold und dem Elfenbein der Cijackatze, verziert mit grünschillernden Schuppen der Goldenen Baumechse und den dunkelvioletten Federn des Papaccivogels. Das Sonnenlicht, das durch Öffnungen in Decken und Wänden fiel, ließ sie gleißen, so dass sie von Leben erfüllt zu sein schienen. Naave sog all die Eindrücke in sich auf. Nur wenn sie ein Bildnis des Gott-Einen sah, senkte sie die Augen. Er war zu mächtig, zu unfasslich, dass ein gewöhnlicher Mensch es gewagt hätte, ihn anzustarren. Dennoch wusste sie natürlich, wie man ihn sich vorstellte: als schlanke Jünglingsgestalt von überwältigender Schönheit, mit einer Krone aus goldenen Federn und in jeder Hand eine Flamme, welche für die Naturgewalten stand, die er beherrschte. Seine Füße standen auf einem feuerspeienden Kegel, der den Berg darstellte, den Ursprung des Lebens, den Sitz der Götter.
Tzozics Magen knurrte vernehmlich. »Es riecht nach Ziegenbraten. Ich hätte nichts dagegen, wenn der für uns wäre.«
Der Priester lächelte peinlich berührt. »Alles hier dient den vierzehn Göttern.«
Naave hatte davon gehört, dass jeder Gott in seinem Turm eine Statue besaß, die man mit Musik und Tanz unterhielt, der man Räucherwerk und die köstlichsten Dinge zum Essen und Trinken darbot, dazu die prächtigsten und kostbarsten Kleinodien. Genauso, wie sie Tiques Statue Geld darbrachte.
Eine Priesterin kam mit wehendem Kleid, die wogenden Brüste über und über mit Edelsteinschmuck behängt. Auf ihrem Kopf thronte der siebte Mond, eine mit weißem Leinen bespannte Kugel. Unter dick geschminkten Lidern musterte sie Naave. Tzozic würdigte sie keines Blickes.
»Wartet hier«, sie wies mit einer beringten Hand in eine Seitenkammer. »Gleich kommt jemand und holt dich zum Baden und Ankleiden, Mädchen. Du kannst gehen, Pacal.«
Der jüngere Priester verneigte sich und machte auf dem nackten Fuß kehrt.
»Wie ist dein Name, junge Frau?«
»Naave.«
Die Priesterin presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen; in ihrem Blick lag eine Spur Verachtung. Sie neigte den Kopf und ging; ihre Schritte verklangen.
Naave und Tzozic betraten den kreisrunden Raum mit gemauerten Bänken ringsum. Auf einem steinernen Tisch stand eine Schale mit Früchten, doch beide setzten sich, ohne zuzugreifen. Das Obst war so makellos, dass Naave sich unwillkürlich fragte, ob es nicht auch aus Edelsteinen geschnitten war.
Obwohl sie allein waren, senkte Naave die Stimme, als sie Tzozic fragte: »Wieso soll nur ich geholt werden?«
»Weil du meinen Kittel trägst, vermutlich. Du brauchst etwas zum Anziehen, ich aber nicht.«
»Und wieso muss ich gebadet werden? Du stinkendes Fischfass hast es viel nötiger als ich.«
Sie wappnete sich, seine Beleidigung, die ihrer auf dem Fuße folgen würde, noch zu übertrumpfen.
»Vielleicht will man dich ja zur Tempelhure machen.« Mit dem Kinn wies er zum Eingang. »Du solltest verschwinden, solange du noch Gelegenheit dazu hast.«
Wahrhaftig zuckte ihr Körper, wollte hinaus aus diesem seltsamen Gebäude. Sie schob die Hände unter die Schenkel und zwang sich, stillzuhalten. »Du willst mir bloß Angst machen, weil du die Belohnung allein einstreichen willst. Für wie dumm hältst du mich?«
Er hob entschuldigend die Hände, als habe sie ihn ertappt. Dennoch fühlte sie sich unwohler, je mehr Zeit verstrich. Als eine weitere Priesterin erschien und ihr freundlich zunickte, sprang sie nervös auf. Während sie ihr durch die Gänge und Korridore folgte, überlegte sie, ob es nicht doch klüger wäre, davonzulaufen. Doch das verwarf sie wieder. Als Diebin hatte sie gelernt, sich die Fluchtwege durch den Wirrwarr der Stadt gut zu merken. Hier wusste sie nicht mehr, wo sie war. Weil ich so viel mit Staunen beschäftigt war, schalt sie sich. Das hier ist nicht wie eine andere Stadt, es ist wie eine andere Welt.
Die Frau betrat einen runden Raum, hoch und kahl wie der andere, doch mit Stufen, die zu einem Becken hinabführten, und einer ringsum laufenden Galerie.
»Möchtest du, dass ich dich wasche?«, fragte sie.
»Das schaffe ich schon allein«, erwiderte Naave kühl.
Die Priesterin ging hinaus. Naave schlüpfte aus Tzozics stinkendem Kittel und stieg ins Becken. Das Wasser war von erfrischender Kühle. Sie ließ es über ihre Haare fließen, zerrieb mit Genuss Mooskraut zu Schaum und rieb sich damit ein. Sie mochte es, im Großen Beschützer zu baden, doch immer musste man auf Schlangen
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