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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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Gestein.«
    »Dann … dann sind wir verloren!«, rief sie. »Zu Fuß kommen wir doch nie mehr zum Fluss zurück! Du vielleicht, du kannst ja durch die Baumkronen laufen. Aber ich?«
    Der stachelbewehrte Kopf ruckte hoch und drehte sich, auf der Suche nach der Quelle des Lärms. Kleine schwarze Äuglein über einer ebenso kleinen Schnauze blickten Naave verwirrt an.
    Sie stieß Royia vor die Brust. »Was willst du eigentlich für ein Gott sein, wenn du uns nicht einfach von hier fortbringen kannst?«
    Seine Augen wurden schmal. Er schwieg. Sie war ungerecht, sie wusste es. Was er bisher getan hatte, wäre einem Menschen unmöglich gewesen. Aber sie wollte endlich hier heraus! Sie schlug die Hände vor die Augen. Ihr verzweifeltes Aufschluchzen ließ sich jedoch nicht verbergen.
    Er zog ihre Hände herunter. Der Zorn in seinem Gesicht war verschwunden. Sie las nur Mattigkeit darin. Beruhigend, als sei sie ein ängstliches Tier, strich er mit den Daumen über ihre Handgelenke. Sie spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam.
    »Du hast gesagt, du bist Fischerin. Kannst du jagen?«
    Sie nickte.
    »Und du fühlst dich auch gut genug dazu? Der Axotspeichel mag für dich wunderheilende Wirkung haben, aber noch bist du verletzt.« Wieder nickte sie, und er ließ sie los. Für einen Augenblick kam sie sich verloren vor.
    »Du fertigst dir einen Wurfspieß. Derweil versuche ich an einen Menschentöter zu kommen. Dann hoffen wir auf Beute, die uns den Magen füllt.«
    • • •
    Er watete durch eine grüne Brühe, sichtlich angeekelt davon, und schnitt Luftwurzeln, die von einem Ast hingen. »Sie schmecken nicht«, sagte er, als er Naave einige davon gab. »Aber man kann sie essen, und sie löschen den Durst.«
    Naave saugte an dem Schnitt. Der wässrige Saft war sauer und erfrischend, die Fasern so durchtränkt davon, dass man sie mühelos abbeißen konnte. Ihre Versuche, mit dem Schilfrohrspieß etwas Essbares zu erjagen, waren bisher fehlgeschlagen. Und auch Royia war es nicht gelungen, einen Menschentöter zu finden. Zumindest keinen, der bereit gewesen wäre, sich seinem Willen zu unterwerfen.
    Ihr Magen knurrte erbärmlich. Als er ihr einen fetten Käfer in die Hand drücken wollte, zuckte sie zurück.
    »Den wirst du essen!«, sagte er streng. »Der Kerl ist gut verträglich und macht satt.«
    Sie starrte auf das schwarze Vieh. Im Graben hatte sie gelernt, Dinge zu essen, die andere Menschen verschmähten, aber … das?
    »Schau, so geht das«, er brach von einem anderen Käfer, den er für sich aufgesammelt hatte, die Flügel ab, dann drehte er den Hinterleib und zog langsam den Panzer ab. Das glitschige Innere rutschte heraus, wie der Leib einer Schnecke aus ihrem Gehäuse. Er steckte es sich in den Mund. »Siehst du? Es ist nicht schlimm. Also iss!«
    Doch, die Kaugeräusche waren schlimm. »Ich jage bestimmt noch etwas …«
    Ihren Einwand missachtend, marschierte er weiter.
    Naave überwand sich. Das Ding schmeckte säuerlich und war schwer zu kauen. Aber nach allem, was ihr widerfahren war, sollte sie daran jetzt nicht verzweifeln.
    Die fetten Raupen, die Royia gelegentlich aus Baumrinden kratzte, waren erträglicher; die essbaren Blätter und Wurzeln, die er ihr gab, schmeckten nach nichts und sättigten nicht. Früchte und Beeren lockten reichlich im Geäst, vor Saft triefend und schwer duftend. Doch an die wenigen, die ungiftig waren, kam man nicht heran, denn sie waren von stachelbewehrten Insekten und anderen Tieren umschwärmt. Seit Naave eine rotgoldene Frucht geöffnet und beinahe in das Maul einer winzigen Echse gebissen hätte, war ihr die Lust darauf vergangen.
    Der ganze Wald wurde ihr zur Qual. Immer hinter Royia, auf seine Schritte achtend, stapfte sie durch stinkende Tümpel, über glitschige Stämme und Steine, watete durch Bachläufe, über denen Mückenwolken standen, kletterte Abhänge hinauf und hinunter, kroch unter umgestürzten Bäumen hindurch oder wühlte sich durch verschlungenes Unterholz, so dicht, dass sie meinte, eine Ewigkeit für zehn Schritte zu brauchen. Arme und Schultern waren von Kratzern bedeckt, ihr Haar war unentwirrbar verfilzt. Ständig musste sie sich auf die von Mücken bedrohten Körperteile schlagen. Dass die Blutsauger den Feuerdämon nicht belästigten, machte es nicht leichter. Wenn aber ein Vogel über sie hinweghuschte, der lange Schnabel in allen Farben glänzend, die Federn von tiefem Blutrot und dem Blau des Himmels und die Augen wie violette Glassteine, oder

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