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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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Eine Schlange zappelte in der Schlinge, die sie durch das Rohr geschoben hatte. Es hatte eine Ewigkeit gedauert, still auf den Steinen am Wasser zu kauern und die Schlinge unbeweglich zu halten – bis sich diese prächtige Tepehuano darin verfing. Das Tier schlug wild hin und her; beinahe glitt Naave das Rohr aus den Fingern. Rechtzeitig griff Royia zu und half ihr, die Schlange auf den Waldboden zu zerren.
    Er zog den Dolch aus dem Bund seines Schurzes. »Besser, du tust das.«
    Sie nahm den Griff, den er ihr hinhielt. »Danke«, sagte sie. Und starrte ihn an.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Nichts.« Wie kam sie dazu, sich für etwas zu bedanken, nur weil er ihr gab, was ihr ohnehin gehörte?
    Wütend über sich selbst hackte sie den Kopf der Tepehuano ab. »Du musst mir nicht zusehen«, fuhr sie Royia an. »Ich mache das schon allein.«
    »Ich dachte mir schon, dass es besser wäre, mich zurückzuziehen. Nicht dass der Dolch noch in meiner Kehle landet …«
    Der Spott war deutlich herauszuhören. Kurz sah sie zu, wie er sich daranmachte, Wasser in einer runden Schale zu sammeln, die wohl einstmals einem gepanzerten Tier gehört hatte. Er schöpfte es nicht aus dem trüben Bachlauf, sondern goss den Tau hinein, der sich auf den Blättern ringsum gesammelt hatte. Dazu verschwand er auch im dichten Blattwerk des Unterholzes, und Naave sah seine helle Haut im Dickicht aufblitzen.
    Mit einem Kopfschütteln gemahnte sie sich an ihre eigene Arbeit. Die Schlange zu häuten, war ihr zu mühselig. Sie begnügte sich, sie in kleine Stücke zu schneiden und auf Ästchen zu stecken. Rasch hatte sie einiges an Brennbarem gesammelt: Rindenstücke, Gräser, die trockenen Hinterlassenschaften eines kleinen Tieres. Royia kehrte zurück, kauerte auf den Fersen und stellte die gefüllte Schale zwischen sie.
    »Sie wird uns köstlich schmecken«, schwärmte Naave. Die Vorfreude ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. »Sie wird …«
    »Dir«, unterbrach er sie, die Lippen vor Abscheu verzogen. »Ich bin sicher, dass Stadtmenschen noch Übleres als das vertilgen. Aber für mich ist das nichts.«
    »Ah, du bist Besseres gewohnt? Käfer zum Beispiel?«
    »Ich kenne keinen Waldmenschen, der eine Schlange anrühren würde, die im Boden herumgekrochen ist.«
    »Sie ist nicht im Boden gekrochen. Es ist eine Wasserschlange. Und sie schmeckt sehr gut, wirklich.«
    »Roh?«
    »Wieso roh? Feuer ist doch nicht unser Problem, oder?«
    »So viel zu ›du machst es allein‹.« Er hob die Brauen. »Gib mir den Dolch.«
    Zögernd legte sie den Griff in seine ausgestreckte Hand. Er hielt ihn hoch, umschloss die Klinge mit der anderen Hand – und riss sie so unvermittelt hoch, dass Naave aufkeuchte. Sie sah einen leuchtenden Schnitt aufblitzen; er fasste in den Haufen, und kurz darauf flammte ein Feuer auf.
    Er zog die Hand wieder heraus und schüttelte sie.
    »Du bist verletzt …«, begann Naave. Heller, dichter Rauch kratzte in ihrer Kehle.
    »Natürlich. Anders geht es nicht.«
    »Und dann musst du dir die Hand aufritzen?«
    »Mit den Händen geht es am besten. Zumindest wenn das Brennmaterial feucht ist. Hier unten gibt es ja nichts anderes.«
    Er sagte es ganz sachlich. Naave hockte sich an seine Seite und umfasste sein Handgelenk. Er ließ es zu, dass sie seine Hand drehte, und spreizte seine Finger. Der Schnitt war nicht lang, auch nicht tief, doch er leuchtete in einem hellen Gelb. »Verletzen kannst du dich leicht. Heilen jedoch nicht, wie es scheint. Das muss man verbinden.«
    Sie riss noch ein Stück ihres Kleides ab und wickelte den Streifen um seine Hand. Der Stoff war schmutzig, aber besser als nichts. Royia schien sich dafür nicht zu interessieren. Für ihren eigenen Verband, als sie an ihrer Brust herumtastete, jedoch schon. Er schob einen Finger in den Stoffstreifen und beugte sich leicht über sie. Sie zwang sich, nicht zurückzuzucken.
    »Die Wunde sieht gut aus.«
    »Aber bei heftigen Bewegungen sticht es manchmal. Und es brennt, wenn ich schwitze.«
    Anzüglich hob er eine Braue, als wolle er sagen: Du hast doch keine Ahnung von Schmerzen. »Axotspeichel schließt sie und regt die Heilkräfte an, aber heilen muss sie letztlich allein.«
    Erleichtert atmete sie auf, als er von ihr abrückte. Er zupfte neben sich zwei Grashalme aus und begann zu ihrer Verblüffung, sich damit die Bartstoppeln auszuziehen. »Wie fühlt sich deine Wunde an?«, fragte sie, als er sich über das glatte Kinn rieb. Da er die Stirn krauste,

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