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Feuer der Leidenschaft

Feuer der Leidenschaft

Titel: Feuer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Schritt an der Hausecke und blickte in die Hill Street hinein. Sie hielt den Atem an, als er den Kopf in ihre Richtung drehte und sie sein Gesicht sah. Es war nicht hübsch - eher das Gegenteil. Es waren harte, fast brutale Züge mit einer dünnen Narbe auf einer Wange, die sich vom Kinnwinkel bis zum Ansatz seiner dunklen Haare hinaufzog. Ein Gesicht, das ihr den Eindruck einer raubtierartigen Intelligenz vermittelte. Ein Pirat in Mayfair. Sie vermochte den Blick nicht von ihm abzuwenden.
    Der Bann brach, als er den Kopf senkte und seinen Weg fortsetzte. Sie ließ sich wieder auf ihre Fensterbank hinuntersinken und fing an, mit fliegender Hast eine Zeichnung dieses Mannes anzufertigen, solange ihr seine Erscheinung noch lebhaft vor Augen stand. Mit ein paar raschen Strichen hatte sie die Umrisse seines Gesichts skizziert, aber es wollte ihr nicht gelingen, auch dessen Mimik festzuhalten. Sie versuchte es zwar immer wieder, doch es war ihr einfach nicht möglich, diesen Ausdruck einer geheimnisvollen, fast tödlichen Unberechenbarkeit mit ihrem Stift einzufan-gen, den sie in seinen Augen gesehen zu haben glaubte.
    Sie hob den Kopf und blickte wieder aus dem Fenster. Ob sie diesen Mann vielleicht dazu überreden konnte, für sie Modell zu stehen? Aber er würde natürlich schon längst das Weite gesucht haben. Sie seufzte. Diesmal wäre sie sogar einem Mann nachgelaufen, um sich dessen Gesicht genauer anschauen zu können. Vielleicht würde sie eines Tages von dieser kreativen

    Leidenschaft wieder überwältigt werden. Sie hoffte das sehr.
    Kenneth blieb stehen und betrachtete das Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Offenbar konnte man als Porträtmaler der besseren Gesellschaft eine Menge Geld verdienen. Dieses elegante Mayf air-Palais, das sich in bequemer Reichweite seiner Kundschaft befand, mußte Sir Anthony ein Vermögen gekostet haben.
    Er fragte sich nun, was er wohl im Inneren dieses Hauses vorfinden mochte. Obwohl Lord Bowden ihn einen Spion genannt hatte, waren die wichtigsten Eigenschaften, über die ein Aufklärungsoffizier verfügen mußte, gute Reitkünste und die Fähigkeit, Landkarten und Skizzen von französischen Stellungen anzufertigen. Man hatte im Krieg kein einziges Mal von ihm verlangt, sich in eine feindliche Festung einzuschleichen, wie er das jetzt tun mußte.
    Die Lippen zusammenpressend, überquerte er die Straße.
    Ihm gefiel das gar nicht, was er nun machen sollte; aber für Beth und Sutterton war er sogar dazu bereit, zum Lügner und Verräter zu werden. Er hoffte nur zu Gott, daß es ihm schon bald gelingen mochte, Beweise für Seatons Schuld oder Unschuld zu finden.

    Es dauerte so lange, bis sich auf Kenneths Klopfen hin etwas im Hause regte, daß er sich schon zu fragen begann, ob Seaton London vielleicht verlassen und nur vergessen hatte, vor seiner Abreise den Türklopfer abzuschrauben, worauf er diesen noch einmal und diesmal erheblich energischer betätigte. Worauf wieder zwei Minuten vergingen, bis ihm die Haustüre von einer jungen Magd geöffnet wurde.
    »Ja, Sir?« sagte diese heftig keuchend, als sei sie vom entferntesten Winkel des Hauses bis zur Tür gerannt.
    »Ich bin Captain Wilding«, sagte Kenneth mit seiner |
    besten Kommandostimme zu dem Mädchen, »und möchte Sir Anthony sprechen.«
    Offenbar tief beeindruckt von seinem Ton, machte das Mädchen einen Knicks und trat zur Seite. »Jawohl, Sir«, lispelte sie, »hier entlang, Sir.« Die Magd führte ihn eine Treppe hinauf und dann zu einem Salon an der Rückseite des Hauses, wo sie rief: »Ein Captain Wilding wünscht Euch zu sprechen, Sir Anthony!« und huschte dann wieder davon.
    Als Kenneth nun durch die Türöffnung trat, empfing ihn dort ein stechender Geruch von Leinsaatöl und Terpentin.
    Obwohl die vordere Hälfte des Raum mit bequemen Sesseln und Sofas ausgestattet war, schien es sich doch hier eher um ein Studio als einen Salon zu handeln. Ein halbes Dutzend hoher Fenster links und rechts ließen eine Menge Licht herein, während die zwei anderen Wände des Raums mit Gemälden jeglicher Größe und Form vollgepflastert waren, die man dort so achtlos aufgehängt hatte, als wären sie jemandem im Wege gewesen.
    Es reizte ihn zwar, sich diese Gemälde etwas genauer anzuschauen, aber sein Geschäft hatte Vorrang. Am entfernten Ende des Raumes lag eine nur spärlich verhüllte junge Dame auf einem mit Samt überzogenen Sofa, deren gelangweilter Ausdruck sich sogleich aufhellte, als sie Kenneth in

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