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Feuer der Leidenschaft

Feuer der Leidenschaft

Titel: Feuer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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hast du große Chancen, für die Ausstellung ausgewählt zu werden. Und wenn deine Bilder zu radikal sind … nun, dann sind sie es eben. Dann malst du weiter und legst deine Arbeiten im nächsten Jahr abermals vor.«
    Er starrte sie lange an, bis sein verzerrtes Gesicht sich plötzlich entspannte. »In Ordnung«, sagte er, »ich werde ein Gemälde von mir der Akademie vorstellen, wenn du das auch tust.«
    »Ich!« Ihre Stimme war fast ein Quietschen. »Unsinn. Ich habe keine Veranlassung dazu, meine Bilder auszustellen.«
    »Aha. Es schmeckt dir wohl nicht, wenn du dir den Schuh selbst anziehen sollst, wie? Obwohl du es nicht nötig hast, deine Arbeiten zu verkaufen, ist es mei- ‘ ner Meinung nach doch wichtig für dich, deine Bilder auszustellen.« Und mit einem boshaften Funkeln in den Augen setzte er hinzu: »Ein Talent ist ein Geschenk Gottes, das man pflegen und in Ehren halten muß.«
    Ihre Worte kamen jetzt wie ein Bumerang zu ihr zurück.
    »Ich pflege es ja«, verteidigte sie sich. »Ich probiere immer neue Techniken aus und versuche mich ständig zu verbessern.«

    Er faßte sie bei den Schultern und blickte ihr ins Gesicht. »Das ist nicht genug«, sagte er im beschwörenden Ton. »Erinnerst du dich an das Gleichnis in der Bibel von dem Mann, der sein Talent im Boden vergrub, statt es zu nützen? Das ist es, was du auch tust. Du bist eine unglaublich talentierte Künstlerin, und deshalb hast du auch die moralische Verpflichtung, diese Gabe mit anderen zu teilen - anderen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich von deinen Arbeiten inspirieren, bewegen, begeistern oder auch ärgern zu lassen.«
    Rebecca versuchte, von ihm wegzuschauen, aber der durchbohrende Blick seiner grauen Augen hielt ihre gefangen.
    »Wovor fürchtest du dich?«, fragte er leise. »Bestimmt nicht vor einem Mißerfolg. Deine Gemälde sind großartig, und das weißt du auch.«
    Ihre Arbeiten hatten zwar unter einer geistigen und seelischen Erschöpfung gelitten, die sie nach dem Tod ihrer Mutter befallen hatte, doch diese Schwächeperiode hatte sie inzwischen überwunden. Weshalb war ihr dann so bange bei dem Gedanken, ihre Gemälde auszustellen, daß ihr Herz so heftig klopfte wie bei einem aufgeschreckten Hasen?
    Warum?
    Und dann so stockend, als würden die Worte aus dem tiefsten Grund ihres Wesens langsam an die Oberfläche steigen, sagte sie: »Ich … ich habe Angst davor, einem Fremden zu viel von mir selbst zu verraten.«
    »Das verstehe ich. Aber das gibt sich«, sagte er unbeeindruckt. »Du wirst diese Scheu überwinden. Jeder Künstler entblößt in gewisser Weise sein Ich. Jeder Schriftsteller, jeder Musiker. Zumindest jene, die gut sind.
    Oder glaubst du etwa, daß mir so wohl wäre bei dem Gedanken, daß sich jeder, der ein paar Schillinge übrig hat, meine privaten Alpträume auf dem Markt kaufen kann? Aber wenn ich nicht etwas von mir selbst in meine Zeichnungen hineinlege, haben sie nichts zu sagen. Das gleiche gilt für dich. Wenn du damit fort- j fährst, dein Talent vor der Außenwelt zu verstecken, wird es mit der Zeit verkümmern und vielleicht sogar absterben. Oh, du wirst zwar immer hübsche Bilder malen können, aber du läufst Gefahr, daß du die Fä- j higkeit verlierst, die Seele eines Menschen anzurühren.«
    Auf einer in der Tiefe ihres Wesens verborgenen, intuitiven Ebene erkannte sie die Wahrheit, die in seinen Worten steckte. »Ihr versteht es, Eure Lanze auf meine verwundbarste Stelle zu setzen, Captain.« Sie holte tief Luft.
    »Nun gut«, sagte sie dann, »ich werde etwas einreichen, wenn du das ebenfalls tust.«
    »Hallelujah!« Er beugte sich zu ihr hinunter, um ihr l einen hauchzarten Kuß auf den Mund zu geben. »Auf unseren gemeinsamen Erfolg.«
    Sie erschauerte bei seiner Berührung. Was hatte dieser Kenneth nur an sich, daß er ihren Geist immer so in Unordnung brachte? Bevor er in das Haus ihres Vaters gekommen war, hatte sie sich fest vorgenommen, niemals eines von ihren Werken auszustellen. Aber als sie nun wieder seinen Arm nahm, um die letzten paar hundert Yards zu Sir Anthonys Haus zurückzulegen, spürte sie, wie sich bei dem Gedanken an das, was sie sich jetzt vorgenommen hatte, eine Erregung ihrer bemächtigte, die weniger einen ängstlichen sondern eher einen erwartungsvollen Charakter besaß. Kenneth hatte recht. Es wurde Zeit, daß sie dieses Wagnis einging.
    Als sich Kenneth nach dem Dinner in sein Studio begab, verbrachte er dort erst ein paar Minuten damit, das Lilith-Gemälde

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