Feuer der Leidenschaft
makabre, jedoch zutreffende Weise bezeichnet wird, besteht aus mehreren Mitgliedern der Akademie. Diese entscheiden, was für die Ausstellung angenommen wird - in der Regel so um die tausend Bilder. Alle Maler müssen ihre Bilder erst einer Jury zur Begutachtung vorlegen - nur Akademiemitglieder wie Vater, Onkel George und Lord Frazier sind von dieser Regelung ausgenommen. Deren Bilder werden in jedem Fall ausgestellt.«
»Sie sind alle drei Mitglieder der Akademie? Das wußte ich nicht.«
»Onkel George ist einer von den beiden Graveuren, die in die Akademie aufgenommen wurden. Frazier ist nur ein assoziiertes Mitglied. Ich glaube, er hegt einen geheimen Groll gegen diese erlauchte Institution, da man ihn bereits mehrmals übergangen hat, als Stellen für eine Vollmitgliedschaft in der Akademie frei wurden. Aber er ist viel zu stolz dazu, um mit jemandem darüber zu reden.«
»Wie schade, daß Fraziers Talent und Disziplin nicht mit seinem Stolz übereinstimmen«, erklärte Kenneth trocken.
»Wie stellen wir denn fest, ob unsere Arbeiten angenommen worden sind? Hängen sie eine Liste der akzeptierten Bilder aus?«
»Nein, so zivilisiert machen sie es leider nicht«, erwiderte sie reumütig. »Nachdem die zur Ausstellung zugelassenen Bilder ausgewählt wurden, müssen sich die Künstler in die Akademie begeben und den Hausmeister dort nach dem Schicksal ihrer Werke befragen. Es
gibt also eine lange Warteschlange von Leuten an jenem Tag, und der Hausmeister macht sich ein Vergnügen daraus, ein lautes >Nein< bei allen Bildern zu brüllen, die nicht angenommen wurden. Eine für die abgelehnten Kandidaten fürwahr sehr peinliche Prozedur.«
Kenneth schnitt eine Grimasse. »Ich schätze, daß mir so etwas passieren wird.«
Sie blickte ihm fest in die Augen. »Eine Zurückweisung würde doch nicht bedeuten, daß deine Bilder keinen künstlerischen Wert haben.«
Er lächelte. »Nachdem ihr beide, dein Vater und du, meine Bilder positiv bewertet haben, werde ich vermutlich einen Mangel an Wertschätzung von Seiten der Akademie überleben können.«
Abermals sah sie diese sie beunruhigende Wärme in seinen Augen, die sie zu sehr an den Tag erinnerte, als sie sich dort hinten auf dem Bett geliebt hatten. Sie durchquerte das kleine Zimmer. »Du siehst dann am Tag der Eröffnung, wo sie deine Bilder aufgehängt haben und kannst dann auch noch in letzter Minute Verbesserungen an ihnen vornehmen.« Sie lächelte. »Mr. Turner soll einmal bei einer Vernissage ein wundervolles Bild gänzlich umgemalt und daraus ein noch wundervolleres gemacht haben.«
»Wie hängen sie denn dort fast tausend Bilder auf?«
wunderte sich Kenneth.
»So dicht beieinander, daß sie sich fast berühren. Zudem besitzt der große Ausstellungssaal gewaltige Dimensionen. Ein Gemälde, das dort fast unter der Decke aufgehängt wird, ist praktisch unsichtbar. Man bezeichnet das als >Bilder verstecken<. Aber das ist immer noch besser, als gar nicht ausgestellt zu werden, nehme ich an.
Die Karriere eines Künstlers wird jedoch nicht gerade dadurch gefördert, daß man seine Bilder unter der Saaldecke versteckt.«
»Offenbar ist die Annahme eines Gemäldes erst die erste Hürde eines langen Hindernislaufs«, erklärte Kenneth und machte dann ein nachdenkliches Gesicht. »Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn man so über das Malen und das Ausstellen von Bildern reden kann, als wäre das die natürlichste Sache der Welt. Ich wurde dazu erzogen, ein Landbesitzer zu werden, und das Schicksal hat mich zu einem Soldaten gemacht. Ich hätte es mir vor drei Monaten noch nicht träumen lassen, daß ich einmal das Leben eines Künstlers führen werde.«
Sie betrachtete seine kräftige Statur und seine zerklüfteten Züge und dachte an ihren Korsaren. Vielleicht war er nicht für jede Frau der Mann ihrer Träume, aber ganz bestimmt für sie. Im Bewußtsein, daß sie ihn nun alleinlassen mußte, legte sie die Hand auf den Türknauf.
»Vielleicht war es deine Bestimmung, auf Umwegen zur Kunst zu kommen, Kenneth. Du hattest das Talent, auch ohne einen methodischen Kunstunterricht das Zeichnen und Malen zu erlernen, und der Krieg hat dir dann das Material für bedeutende Kunstwerke geliefert. Das Ergebnis ist eine einzigartige Vision.«
Dann drehte sie sich um und verließ rasch das Zimmer, bevor sie der Versuchung nachgeben konnte, in seine Arme zu fallen.
Kapitel 25
Ke,
enneth ließ einen leisen Pfiff hören, als er mit Rebecca die Vorhalle von
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