Feuer der Leidenschaft
das Gefühl, ihn könnte jeden Moment der Schlag treffen.
Deshalb sagte sie rasch: »Es muß wohl
ein Versehen sein, daß man es dort hingehängt hat. Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, daß meinem Vater vor ein paar Jahren dasselbe passiert ist?« Dabei trat sie Kenneth unauffällig auf den Fuß. »Man hat sich dann bei ihm entschuldigt und den Fehler korrigiert.«
Kenneth befolgte Rebeccas stumme Aufforderung und sagte: »Solche Fehler sollte man bei einem Akademiker ja nun wirklich nicht machen.« Er schaute zu dem Gemälde hinauf. »Eine unglaublich komplizierte Komposition, Frazier. Ihr müßt viel Arbeit und Zeit darauf verwandt haben.«
Fraziers Gesicht entspannte sich ein wenig. »Mehr als zwei Jahre. Es ist eines meiner besten Arbeiten.«
»Ihr müßt mit der Ausstellungsleitung sprechen und dafür sorgen, daß es an der Stelle aufgehängt wird, die diesem Werk angemessen ist«, sagte Rebecca teilnahmsvoll.
»Ja, ich werde das sogleich in die Wege leiten. Diese Idioten.« Und damit entfernte sich Frazier, ohne sich von den beiden zu verabschieden.
»War das wirklich ein Versehen?« fragte Kenneth mit leiser Stimme.
Rebecca zuckte mit den Achseln. »Als assoziiertes Mitglied der Akademie hätte er eigentlich an der >Au-genlinie< aufgehängt werden müssen. Er ist aber bei seinen Kollegen in der Akademie nicht sonderlich beliebt. Zu arrogant.
Künstler tolerieren aber die Anmaßung eines Kollegen nur, wenn er auch Überragendes leistet. Vielleicht hatte jemand von dem >Hänge-Ko-mitee< noch eine alte Rechnung mit ihm zu begleichen.«
»Entweder das, oder das Komitee beschloß, sein Bild dort aufzuhängen, wo es seiner Qualität nach hingehört.«
Ein Lächeln unterdrückend, sagte Rebecca: »Das ist unfair. In technischer Hinsicht gibt es daran nichts zu beanstanden.«
»Aber in künstlerischer Hinsicht ist es vergessens-wert.«
Kenneth studierte die zehn Dutzend nackten Gestalten, die Schwerter schwangen und Schilde vor die Brust hielten. »Und zudem unlogisch. Alle Soldaten, die ich kenne, ziehen es vor, Kleider zu tragen, wenn sie in die Schlacht ziehen.«
»Nicht so laut«, warnte ihn Rebecca mit einem leisen Lachen. »Es ist ein Bild im klassischen und nicht im modernen realistischen Stil.«
»Aber selbst vor zweitausend Jahren müssen die Soldaten doch daran gedacht haben, ihre edelsten Körperteile vor Verletzungen zu schützen.«
Lächelnd nahm sie Kenneths Arm, um mit ihm den Rundgang durch den Saal fortzusetzen. Erst als sie sich von der Wand fortbewegte, bemerkte sie, daß Lord Frazier von jemand aufgehalten worden war, der nur wenige Schritte von ihnen entfernt gestanden hatte. Sie sah zwar jetzt nur Fraziers steifen Rücken; doch es war durchaus möglich, daß er Kenneths kritische Worte gehört hatte, was Rebecca jedoch nicht hoffte.
Schließlich machte die Tatsache, daß ein Künstler nur mittelmäßig war, ihn für Kritik nicht weniger empfindlich.
Kapitel 26
.i\n dem Tag, wo der Ball bei den Strathmores stattfinden sollte, nahmen Kenneth und Rebecca im Salon nur einen kleinen Imbiß ein, da am Abend ein opulentes Souper auf sie warten würde.
»Ich freue mich nun sogar auf den Ball«, erklärte Kenneth, sich mit einem Stück Kuchen bedienend. »Jetzt, wo die Ausstellung eröffnet ist und wir uns beide als erfolgreiche Maler bestätigt sehen dürfen, denke ich, daß wir beide eine rauschende Ballnacht verdient haben.«
Rebecca lächelte nachsichtig. Während sie den Rest Tee, der sich noch in der Kanne befand, gleichmäßig auf ihre beiden Tassen verteilte, sagte sie: »Ich muß gestehen, daß ich mich diesmal ebenfalls auf den Ball freue.«
Er betrachtete sie liebevoll, wobei er seinen Tee schlürfte und dabei dachte, daß sie so appetitlich aussah wie das Tortenstück auf ihrem Teller. Jetzt, wo er nicht mehr schuften mußte bis zum Umfallen, war sein Verlangen danach, mit ihr zu schlafen, kaum noch zu bezähmen. Er sollte wohl besser mit der Arbeit an der Peninsula-Serie für die Kupferstiche beginnen, um wenigstens einen Teil seiner überschüssigen Energie nutzbringend zu verwenden.
Er wurde in seinem Gedankengang unterbrochen, als Sir Anthony im Abendanzug und Mantel in den Salon kam.
Rebecca blickte von ihrer Tasse auf, »Hallo, Vater! Ich dachte, du wärst schon unterwegs zu deinem Dinner.«
»George und Malcolm werden jeden Moment mit der Kutsche kommen, um mich einzusammeln; aber ich wollte Euch vorher noch ein paar Neuigkeiten bekannt-geben«, antwortete
Weitere Kostenlose Bücher