Feuer der Leidenschaft
Meinungen, die sie oft ohne Datumsangabe in ihren Tagebüchern festgehalten hatte. Doch aus allem konnte er Heien Seatons Stimme heraushören, die mit Wärme und Witz zu ihm sprach.
Die Tagebucheintragungen begannen mit ihrem siebzehnten Lebensj ahr, nachdem sie wenige Wochen zuvor beide Eltern bei einer Fieberepidemie verloren hatte. Als die Trauerzeit vorbei war, hatte ihr Vormund sie nach London geschickt, um sie in der Gesellschaft einzuführen.
Ihr Debütantenball war ein großer Erfolg gewesen - »trotz meiner schrecklichen roten Haare«.
An dieser Stelle stieß er zum erstenmal auf Lord Bowdens Namen. Auf den folgenden paar Seiten hatte sie dann die Geschichte ihrer Verlobung und ihres Durchbrennens skizziert.
»Marcus Seaton, Lord Bowdens Erbe, hat mir die Ehe angetragen. Ich habe sein Angebot angenommen, denn er gefällt mir besser als alle meine anderen Verehrer.
Tatsächlich denke ich, daß ich ihn liebe, obwohl ich mir da nicht ganz sicher sein kann, weil ich diesen Zustand bisher noch nicht kannte. Aber Marcus ist l charmant, intelligent und verehrt mich. Ich mag es, i wenn ich verehrt werde. Ich glaube, daß wir gut mit- s einander auskommen werden. In der nächsten Woche wollen wir zu seinem Familiensitz im Seenbezirk reisen, damit ich dort noch andere Verwandte von ihm kennenlernen und mein zukünftiges Heim besichtigen kann.«
Die nächste Seite begann folgendermaßen:
»Seaton Manor ist ein sehr hübscher Landsitz in einer wunderschönen Umgebung. Es wird mir sehr gefallen, die Herrin dieses Landsitzes zu sein. Heute lernte ich ‘• ein Mädchen namens Margaret Williard aus der Nachbarschaft kennen. Keine schöne, aber hübsche Person mit ausdrucksvollen Augen und von sehr angenehmen Wesen.
Ich glaube, daß sie in Marcus verliebt ist, weil sie so still wird in seiner Nähe. Er beachtet sie überhaupt nicht. So typisch Mann! Obwohl Margaret mich sicherlich hassen muß, ist ihr Benehmen mir gegenüber stets freundlich. Ich hoffe, daß wir auch Freunde sein können. Vielleicht wird sie den jüngeren Bruder von Marcus heiraten - Anthony, den verrückten Maler. Er soll mit zwei Freunden morgen hier eintreffen. Ich freue mich schon darauf, seine Bekanntschaft zu machen…
Die verrückten Künstler sind inzwischen hier eingetroffen.
Der junge Lord Frazier ist sehr hübsch und überaus galant, wenn auch ein bißchen zu sehr von sich überzeugt. Er hat mich als Aphrodite skizziert. George Hampton ist von gemeiner Geburt und ein bißchen schüchtern, wenn er sich in einer Gesellschaft von Leuten befindet, die alle einem höheren Stand angehören. Aber er ist ein Schatz mit einer natürlichen Würde, die ihm wohl sehr zustatten kommen wird. Was Anthony, den Bruder von Marcus, betrifft… Gütiger Gott, ich weiß nicht, was ich von Anthony sagen soll.
Die nächste, eine Woche später datierte Eintragung redete dafür eine um so deutlichere Sprache:
Anthony hatte michgebeten, mit ihm durchzubrennen. Schon der Gedanke daran ist überaus verwerflich, aber wie könnte ich es ertragen, seine Schwägerin zu sein? Und wäre es fair, jetzt noch Marcus zu heiraten, wo ich nun weiß, daß ich ihn gar nicht liebe? Was für eine Närrin ich doch gewesen bin, ihm zu sagen, daß ich ihn wohl lieben würde. Wenn man erst einmal überlegt, ob man jemanden liebt, ist das sicherlich nicht der Fall.
Einen Tag später hatte sie dann geschrieben: Anthony und ich werden durchbrennen. Wir können in einem Tag in Gretna Green sein. Der Skandal stört mich nicht und auch nicht die Tatsache, daß ich nun keine Lady Bowden und nicht die Herrin von Seaton Manor sein werde.
Wir werden ein Dach über dem Kopf haben und uns. Alles andere zählt nicht. Mögen Gott und Marcus mir meine Schlechtigkeit verzeihen.
Gefesselt von der Geschichte ihres Lebens als Ehefrau und Mutter, las er weiter. Er lächelte, als er zu der folgenden Stelle kam:
Ich glaube, daß Anthony zuerst ein bißchen ent-\ täuscht war, weil ich ihm keinen Sohn geboren habe. ; Doch jetzt ist er ganz bezaubert von seiner kleinen1, Tochter mit den roten Locken. Er hat bereits einen halben Skizzenblock voller Zeichnungen von ihr, wie l sie schläft, nuckelt und sabbert und was so kleine Kinder eben sonst so alles machen. Man könnte mei-1 nen, sie ist das erste Baby, das bisher auf die Welt gekommen ist.
Hier endete der erste Band von Helens Tagebüchern, so |
daß er nun vom Tisch aufstand, um sich zu strecken und eine Pause einzulegen. Zu seiner
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