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Feuer der Leidenschaft

Feuer der Leidenschaft

Titel: Feuer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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gebraucht.
    Die angehaltene Luft geräuschvoll ausstoßend, erhob sie sich nun von ihrem Stuhl und begann, im Speicher auf und ab zu wandern. Sie hatte diese schrägen Wände immer geliebt, weil sie aufrecht darunter gehen konnte, wo andere sich bücken mußten. Der Captain hatte nur in der Mitte des Speichers aufrecht gehen können. Seine Vitalität und seine mächtige Statur hatten den Speicher fast gänzlich ausgefüllt.
    Wohin sie sich jetzt auch wandte - sie sah ihn überall.
    Es war schlau von ihr gewesen, nur ganz wenigen Menschen den Zutritt zu ihrem Allerheiligsten zu gestatten. Noch klüger wäre es von ihr gewesen, Kenneth den Zutritt zu ihrem Atelier zu verwehren.
    Verwehren? Sie hatte ihn ja förmlich dazu genötigt, hier einzudringen!
    Sie fuhr sich mit der Hand durch die Haare, daß sich diese vollends aus ihren Spangen und Nadeln lösten und ihr in einer wilden Flut bis zu den Hüften hinunterroll-ten. Sie raffte sie nun ärgerlich wieder zusammen, steckte sie zu einem Knoten auf und setzte dann ihre Wanderung durch das Atelier fort.

    Kenneth militärische Vergangenheit faszinierte sie, desgleichen der Kontrast zwischen seiner kantigen Figur und seinem scharfen Verstand und seinem feinen Empfindungsvermögen. Er war eine großartige Figur für ein Gemälde. Doch was sie am meisten zu ihm hingezogen hatte, war die Art, wie sie mit ihm reden konnte. Niemand war bisher so sehr an dem interessiert gewesen, was sie zu sagen hatte, wie dieser Captain. Die Zeit, die sie heute mit ihm verbracht hatte, hatte die Wirkung eines Frühlingsregens auf Blumen. Sie hatte gar nicht gewußt, wie einsam sie eigentlich war.
    Nein, vielleicht nicht einsam, aber ganz gewiß allein. Sie und ihr Vater teilten sich eine alles beherrschende Leidenschaft und ein Haus und verstanden sich gut. Doch er war ein berühmter Mann mit einem erfüllten Leben, und sie nur ein geringerer Teil davon.
    Da sie ganz in ihrer Kunst aufging, hatte sie niemals echte Freunde gehabt, und ihre eher beiläufigen Bekannten hatten sie nach ihrer idiotischen Eskapade mit Frederick fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Die zum inneren Kreis ihres Vaters zählenden Personen hatten sie mit einer Art von gedankenloser Gutmütigkeit behandelt, und nur Lavinia und ihr ehrenwerter Onkel George hatten sie wirklich gern. Für die anderen war sie lediglich Sir Anthonys exzentrische Tochter.
    Das gleiche hatte für Sir Anthonys frühere Sekretäre gegolten. Sie hatten sie zwar alle höflich und respektvoll behandelt, sie jedoch insgeheim, wie sie vermutete, als eine Art von mißratenem Geschöpf betrachtet - als ein von der Gesellschaft ausgestoßenes malendes weibliches Wesen, das man eben als Teil ihres Jobs tolerieren mußte. Kein Wunder, daß sie so empfänglich war für die Aufmerksamkeit, die Kenneth ihr zollte.
    Obwohl sie zwei grundverschiedene Naturen waren, hatte sie doch bei ihm ein unerwartetes Einfühlungsvermögen entdeckt, das sie beide teilten. Vielleicht war es nur die schlichte Tatsache des Alleinseins, die sie zueinander hinzog. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß Kenneth eine echte Sympathie für sie empfand; denn sie gehörte nicht zu der Sorte von Frauen, die in Männern leidenschaftliche Gefühle weckten. Frederick war in die Idee der Liebe verliebt gewesen und nicht in ihre Person.
    Da kam ihr plötzlich ein Gedanke. Die Spannung, die sie vorhin in Kenneth gespürt hatte, war vermutlich auf seine Erkenntnis zurückzuführen, daß jede Art von Beziehung zu der Tochter seines Arbeitgebers mit allen möglichen Gefahren für ihn verbunden war. Sie hätte nicht darauf bestehen dürfen, daß er für sie Modell stehen sollte. Obwohl sie damit keinen Zwang auf ihn hatte ausüben wollen, hatte er vermutlich das Gefühl gehabt, da er gar keine andere Wahl hatte, als ihrem Begehren stattzugeben. Es wäre vielleicht besser für sie beide gewesen, wenn er sich frei hätte entscheiden können. Doch sie konnte die Tatsache nicht bedauern, daß Kenneth ihr jetzt als Modell zur Verfügung stand.
    Ihre Wanderung brachte sie nun wieder zum anderen Ende des Speichers zurück. Sie nahm den Zeichenblock hoch, der dort neben dem Teegeschirr auf dem Tisch lag, um die Skizzen zu studieren, die sie von ihm angefertigt hatte. Ein paar davon waren recht gut, obwohl sie noch meilenweit von der Vorstellung entfernt waren, die sie von dem Gemälde hatte, das ihr vorschwebte.
    Sie blätterte nur längsam die Skizzen durch, während sie sich fragte, auf welche

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