Feuer der Rache
mich so -schlecht und schuldig. Ich habe nicht mehr darüber gesprochen."
Aletta schlägt mit der Faust in ihre Handfläche. „Wir werden uns gegenseitig schützen. Wir müssen darauf achten, dass sie keine Gelegenheit mehr finden, eine von uns allein zu überraschen. Und ich werde dafür sorgen, dass sie das auch gar nicht mehr versuchen!"
„Was willst du tun?", fragt Iris und sieht sie aus großen, ängstlichen Augen an. Aletta umarmt sie.
„Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Ich verspreche dir -euch allen -, ich bin immer für euch da und werde auf euch aufpassen."
Wie sonst soll sie diese Schuld abtragen, so unverdient als Einzige davongekommen zu sein?
„ Und dann?", fragt Maike zaghaft.
„Dann wird alles wieder gut", sagt Aletta bestimmt.
Wieder schießen Iris die Tränen in die Augen. Sie schüttelt den Kopf. „Es ist zu spät. Es wird nie wieder gut. Ich glaube, ich bin schwanger. Ich habe meine Tage nicht mehr bekommen seit sie mir nach den Ferien noch einmal aufgelauert haben."
Die anderen schweigen schockiert. Maike ist weiß geworden.
„Oh Gott, wir müssen es Mama sagen." Die Zwillingsschwestern sehen sich an, als wäre eben ihr Todesurteil gefallt worden.
Dabei kann ihnen Aletta nicht helfen, dennoch ist sie fest entschlossen, den Plan auszuführen, der ihr so plötzlich in den Sinn gekommen ist.
Noch am gleichen Abend lauert sie Sven im Garten, gleich hinter dem eisernen Eingangstor zur Everheest'sehen Villa, auf.
„Lasst meine Freundinnen und mich in Ruhe", zischt sie und zieht das lange Fleischmesser aus der Tasche, das sie sich daheim aus der Küche geholt hat. „Wenn einer von uns etwas zustößt oder ihr uns auch nur anrührt, dann bringen wir euch um: einen nach dem anderen, und mit dir fangen wir an!" Sie stößt das Messer in den Baumstamm neben ihn, dass die Klinge zitternd in der Binde stecken bleibt.
„Ach, und falls ihr daran denken solltet, uns aus dem Weg zu räumen: Wir haben alles aufgeschrieben. Unsere Eltern würden den Bericht sofort finden, und dann wärt ihr dran!"
Obwohl Sven größer und sicher auch stärker ist als Aletta, starrt er sie nur mit aufgerissenen Augen an. Das Mädchen hat etwas Unheimliches an sich. Außerdem ist es viel einfacher, den großen Macho zu spielen, wenn die anderen Jungs dabei sind.
Aletta zieht das Messer aus dem Stamm und setzt die Spitze auf Svens Brust. „Ich hoffe, du hast das verstanden. Mach nicht den Fehler, mich nicht ernst zu nehmen!"
Er glaubt ihr, und bis die fünf Jungen einige Monate später nach dem Abitur die Schule verlassen, halten sie sich von den Mädchen fern.
Das Ende
Es hatte aufgehört zu regnen. Ab und zu blitzte die Sonne zwischen den am Himmel vorbeieilenden Wolken hindurch, doch die Kommissarin sah nicht aus dem Fenster, und es wäre ihr vermutlich auch nicht aufgefallen, wenn es plötzlich angefangen hätte zu schneien.
Seit dem frühen Morgen saß sie an ihrem Schreibtisch und blätterte in alten Tagebüchern, Briefen und an einem Computer angefertigten Aufzeichnungen. Eine ganze Kiste voller Material hatte ihr Aletta in der Nacht in den Arm gedrückt und sie beschworen, alles zu lesen, bevor sie sich entschied, was sie tun wollte.
„Vierundzwanzig Stunden, das ist alles, worum ich Sie bitte. Dann können Sie tun, was Ihnen gerechtfertigt erscheint. Wir werden nicht weglaufen. Ich schwöre es. Nur, lesen Sie die Unterlagen, die ich Ihnen mitgebe."
Und das tat sie nun seit sieben Uhr. Jede Stunde läutete die Glocke des Kirchturms schräg gegenüber, aber Sabine bemerkte es nicht.
Sie blätterte ein Tagebuch durch. Es war das erste Buch von Iris. Die Eintragungen bis April waren so, wie sie bei einem dreizehnjährigen Mädchen sein sollten: voll von kleinen Glücksmomenten, aber auch voller Trauer und Wut -auf Eltern, Lehrer und Freunde, deren Bemerkungen genau unter die Lupe genommen wurden. Dazwischen endlose Überlegungen zu einzelnen Kleidungsstücken oder anderen Dingen, die vom Taschengeld erstanden werden konnten.
Am Ostersamstag vor zehn Jahren endeten diese Eintragungen. Die letzten Passagen erzählten von der freudigen Erwartung auf den Abend der Osterfeuer und von der Frage, welche Geschenke es zu Ostern geben könnte dann ein paar wütende Sätze über Maike, die beschlossen hatte, nicht mitzugehen, und von ihrer Zwillingsschwester erwartete, dass auch sie daheim blieb. Iris hielt die Kopfschmerzen für vorgeschoben und beschloss, allein mit Cherry und Eule
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