Feuer der Rache
und mitgenommen aus, und das kam sicher nicht nur von einer Nacht Kartenspiel und zu viel Alkohol. Nein, sie schienen sich wie Irene Jacobson Sorgen um Iris zu machen.
Dankend nahm Sabine einen Milchkaffee entgegen und setzte sich auf den Stuhl, den Aletta ihr zwischen Maikes Platz und den ihrer Großmutter geschoben hatte.
„Haben Sie schon etwas herausgefunden?", fragte Aletta und hielt der Kommissarin den Brotkorb hin. Sabine nahm sich ein Franzbrötchen mit vielen Rosinen. Es schien natürlich, dass Aletta das Wort ergriff. Ihre Persönlichkeit überstrahlte alle anderen Anwesenden. Obwohl es um Maikes Schwester ging, starrte Maike auf ihr Brötchen hinab und schien sich nicht für die Kommissarin zu interessieren. Sabine betrachtete den gesenkten blauen Haarschopf. Die unförmige Frau stieß sie ab. Sie rügte sich selbst, keine Vorurteile wegen Maikes Aussehen zu entwickeln, dennoch konnte sie gegen das Gefühl in ihr nichts tun. Sie wandte sich an Aletta, die den Gast aufmerksam betrachtete.
„Der bisher letzte Zeuge, der Iris am Sonntag gesehen hat, ist einer der Kellner im Strandhotel. Er stand um vierzehn Uhr fünfzehn an der Bushaltestelle in der Blankeneser Hauptstraße, als sie vorbeiging. Er hat nicht genau darauf geachtet, glaubt aber, dass sie zur Krögers-oder Mitteltreppe abbog. Einige Beamte haben die Anwohner nach ihr gefragt, doch sie hat keinen von den Befragten aufgesucht. Fällt Ihnen jemand ein, den sie in dieser Gegend besucht haben könnte?"
Die Großmutter und die drei jungen Frauen schüttelten die Köpfe. Nun blickte Maike kurz auf. Anscheinend hörte sie doch zu.
„Ich werde mich trotzdem noch einmal umhören", fuhr die Kommissarin fort. „Jedenfalls kann kein Busfahrer sich an sie erinnern, und bei den Fähren hatten die Kollegen auch kein Glück. Oben an der S-Bahn und an einigen anderen Stellen hängen nun Plakate, noch ist jedoch keine verwertbare Reaktion eingegangen." Sabine hob entschuldigend die Hände. „Es tut mir sehr leid. Mehr kann ich Ihnen noch nicht berichten."
Sabine bestrich ihre Brötchenhälften mit Butter und der von Frau Jacobson selbst gekochten Holunder-Kirsch-Marmelade. Ihr Blick glitt über die Frauen, die um den Tisch saßen.
Aletta kaute noch an ihrem ersten Hörnchen, trank aber bereits die dritte Tasse schwarzen Kaffee. Maike hatte in der gleichen Zeit zwei Brötchen mit einem Berg an Schinken und Käse verschlungen und ein Hörnchen mit Nussnougatcreme. Gerade schaufelte sie sich eine Portion Rühreier mit Speck aus der Pfanne, die Frau Jacobson ihr reichte. Neben ihrem Platz lag eine aufgeschlagene Zeitschrift. Es ging um den zu Tode misshandelten Hamburger Jungen, wie die Kommissarin der fetten Überschrift entnahm.
Carmens Teller war noch immer unberührt. Sie nippte nur an ihrer Teetasse und starrte stumm vor sich hin.
„Das geht aber nicht, mein Kind", rief Irene Jacobson, der dies wohl gerade ebenfalls aufgefallen war. „Wir alle machen uns Sorgen und haben Angst um Iris, doch es nützt ihr gar nichts, wenn du dich zu Tode hungerst. Du isst jetzt ein Rundstück und ein bisschen Rührei. Vorher lasse ich dich nicht vom Tisch aufstehen!"
Carmen protestierte schwach, doch da war ihr Teller auch schon gefüllt. Gehorsam griff sie nach der Gabel. Erst schien es, als müsse sie sich zu jedem Bissen zwingen, dann aber schlang sie Ei und Brötchen in Windeseile hinunter und nahm sogar noch eine Portion.
„Erzählen Sie mir von Iris", forderte die Kommissarin die Frauen auf.
„Sie ist ein so liebes Kind", sagte Frau Jacobson mit zitternder Stimme. „Immer verständnisvoll und hilfsbereit. Mit ihrem Feingefühl spürt sie sofort, wenn es jemandem schlecht geht. Sie ist mir eine große Stütze." Maike zog die Lippe schmollend hoch, aber Frau Jacobson schien das nicht zu bemerken.
„Was macht Iris beruflich? Wie sieht ihr Tagesablauf aus?"
„Sie hat keinen festen Beruf. Sie ist einfach zu sensibel für diese harte Arbeitswelt dort draußen, diesen Kampf mit den Ellbogen", sagte die Großmutter. Maike schnaubte durch die Nase und griff nach einem weiteren Brötchen.
„Nach der Schule hat sie eine Lehre als Floristin angefangen und es dann in einem Frisörgeschäft probiert, aber das war nichts für sie. Das Arbeitsamt bietet ihr immer wieder verschiedene Kurse an, so mit Computer und einem Praktikum in einer Firma. Sie wollen einfach nicht einsehen, dass diese harten Jobs sie überfordern."
„Überfordern? Wie meinen Sie das?"
Frau
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