Feuer der Rache
sprechen?"
Frau Reeder schüttelte den Kopf. „Er ist nicht da. Er ist gestern an die Nordsee gefahren und wird sicher nicht vor Ende der Woche zurückkommen."
„Können Sie uns seine Adresse geben?"
Wieder schüttelte sie den Kopf. Sie knetete ihre Hände und wandte den Blick ab. Sie sah hinaus in den Garten, dessen Büsche einen anmutigen Rahmen für den Eibblick boten. „Er ist losgefahren, ohne vorher ein Quartier zu buchen. Vielleicht ist er auf Sylt, ich kann es jedoch nicht versprechen." Sie lachte unsicher.
„Aber er hat doch sicher ein Mobiltelefon dabei!"
„Ja." Sie gab Michael die Nummer und sah dann fragend von einem zum anderen. „Ist das dann alles?"
Warum fragte sie nicht, aus welchem Grund die Kripobeamten sie an einem Samstagnachmittag daheim störten? Wusste sie es bereits? Wer hatte es ihr gesagt?
„Darf ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen?"
„Ja." Es klang widerstrebend, doch sie entschloss sich, den Kripoleuten endlich auf den Sesseln von Le Corbusier Platz anzubieten.
„Kennen Sie einen Herrn Dr. Sven von Everheest?"
Ihre Augen verengten sich ein wenig. „Ja."
„Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?"
„Verhältnis?", rief sie schrill. „Wie soll ich das verstehen? Er ist ein Mandant meines Mannes."
„Nur ein Mandant?"
Sie hob die Hände. „Mandant, Bekannter, Freund -was macht das für einen Unterschied?"
„Ich denke schon, dass es einen Unterschied macht. Sind sie denn Freunde?"
Frau Reeder schien zu überlegen. „Sie sind zusammen in die Schule gegangen", sagte sie schließlich.
„Hatten die beiden -privat oder geschäftlich Differenzen? Wissen Sie von einem Streit?"
Wieder dieser lauernde Blick. „Nein, wir sprechen nicht über seine Mandanten. Er ist Anwalt, und da gibt es doch so etwas wie Schweigepflicht", sagte sie nach einer Weile.
Gut aus der Affäre gezogen, dachte Sabine und sah zu Michael hinüber, der etwas auf seinem Block notierte.
Sabine gab Frau Reeder eine von Sönkes Karten. „Wenn Ihr Mann sich meldet, dann rufen Sie uns bitte an. Sein Mandant Sven von Everheest wurde erschossen. Wir müssen mit Ihrem Mann sprechen."
Nur ihre Wimpern zuckten, und ihre Mundwinkel verzogen sich wie unter einem kurzen Schmerz. „Ich werde es ihm ausrichten."
Sie öffnete die Tür und wartete darauf, dass sich die Kripoleute erhoben und endlich das Haus verließen.
„Was 'n mit der los?", wunderte sich Sönke, als sie auf der Straße standen.
„Sie lügt", sagte Michael fest und sah zu Sabine hinüber. „Sie hat den Herrn Doktor besser gekannt, als sie uns weismachen will, und es hat ihr, bereits bevor wir kamen, jemand gesagt, dass er erschossen wurde."
Sabine nickte zustimmend. „Ja, das sehe ich auch so. Außerdem denke ich, dass sie von dem Streit zwischen ihm und ihrem Mann weiß -falls diese Kündigung wirklich aus einem Streit heraus entstanden ist, aber meiner Meinung nach können wir davon ausgehen. Warum sonst sollten sie sich bereits nach einem Jahr geschäftlich wieder trennen, nachdem Everheest sofort nach dem Tod seines Vaters den alten Familienanwalt durch einen Schulfreund ersetzt hat?"
Sönke gähnte. „Ich fahr nach Hause. Ich muss mich mal 'ne Nase lang hinlegen -und dann gibt es Rinderfilet mit Kartoffelgratin und frischem Spinat. Ich habe gestern schon einen Amarone aus dem Keller geholt." Er lächelte verzückt. „Und was hast du noch vor, Michael?"
„Ich würde gern bei den alten Kollegen in der Davidwache vorbeischauen. Und dann mal sehen. Vielleicht gehe ich bei Bok später was essen."
„Da kann dich Sabine mitnehmen und am Kiez rauslassen, nech?"
Sie presste kurz die Lippen zusammen, schloss ihr Auto auf und nickte dann. Sönke legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Dank dir, mien Deern. Hast vor den Geldsäcken 'ne gute Figur gemacht. Hab doch den rechten Riecher gehabt, dich mitzunehmen. Also, denn bis denn."
Ächzend ließ er sich auf den Sitz seines alten Daimler Diesels fallen und startete den Motor, der erst nach einigem Protest ansprang. Michael Merz ließ sich auf den Beifahrersitz des blauen Passats sinken.
„Ich danke Ihnen auch, dass Sie mir bei meinem ersten Einsatz beigestanden haben."
„Keine Ursache!", sagte Sabine kurz angebunden und bog in die Eibchaussee ein.
Eine Weile schwieg er, sah aber immer wieder zu ihr hinüber. „Ich verstehe, dass Sie sauer auf mich sind. Wäre ich an Ihrer Stelle vielleicht auch."
„Ich bin nicht sauer! Nicht auf Sie. Es ist nur vernünftig, wenn die Kollegen
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