Feuer der Rache
Oder hast du dir nach deinem anstrengenden Krankenschwesterntag einen ruhigen Sonntag verdient? Ich könnte es dir nicht verdenken, muss dir jedoch gestehen: Ich würde mich gern noch einen Tag in deine pflegenden Hände begeben."
Sabine spürte, wie die Unruhe an ihren Nerven zerrte. Sie warf einen nervösen Blick zum Fenster.
„Sei nicht böse. Aber ich glaube, ich schlafe lieber in meinem eigenen Bett. Außerdem brauchst du Ruhe. Ich komme morgen wieder und serviere dir dein Frühstück, versprochen!" Sie machte sich von ihm los und trat schnell zwei Schritte vom Bett weg. Er schien enttäuscht.
„Gut, dann freue ich mich auf morgen."
„Ja, tu das, und bleib schön liegen. Es dauert ein paar Tage, bis du dich vollständig erholt hast."
Michael schüttelte den Kopf. „Seltsam", murmelte er. „Ich möchte wissen, was das ist. So was Komisches habe ich noch nie gehabt."
Daraufsagte Sabine lieber nichts. Sie warf ihm eine Kusshand zu, eilte die Treppe hinunter und sprang in ihren Wagen. Sie musste sich zügeln, die Geschwindigkeitsbegrenzungen wenigstens annähernd einzuhalten.
Die Kommissarin stieß das Gartentor auf und stürmte die Auffahrt entlang zur Eingangstür. Sie ließ den Klopfer gegen das Holz fallen, dass der Ton durch das ganze Haus dröhnte. Nichts rührte sich. Sie klopfte noch einmal und umrundete dann das Haus, doch nichts ließ auf die Anwesenheit des Vampirs schließen. War sie zu früh? Nein, die Sonne war bereits seit einer Weile untergegangen. War er etwa schon unterwegs? Oder hatte er den Tag in der Speicherstadt zugebracht? Sie fluchte laut. Sie brauchte jemanden, an dem sie ihre Wut auslassen konnte. Sie musste ihm ihren Zorn ins Gesicht schreien. Sie konnte jetzt unmöglich nach Hause fahren, sich ins Bett legen und diese Konfrontation auf den nächsten Abend verschieben. Eine Weile schritt sie unruhig auf der Terrasse auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Ihre Gedanken verließen den Vampir und seinen unglaublichen Verrat und wanderten durch den Park hinüber zur Panzerstraße. Der Fall war abgeschlossen und damit für sie erledigt. Eine Welle von Bitterkeit stieg in ihr auf. Sie hatte die Umstände um Iris' Tod nicht klären können, und nun hatte die Familie sie weggeschickt und ihr untersagt, weitere Nachforschungen anzustellen! Frau Mascheck würde von ihr enttäuscht sein. Die alte Dame hatte darauf vertraut, dass sie der Nachbarin helfen könnte, aber sie hatte versagt. Am besten, sie würde Frau Mascheck nie wieder unter die Augen treten!
Feigling!, schimpfte eine Stimme in ihr. Ja, lauf weiter vor allen Schwierigkeiten davon, dann wird dir in deinem Leben gar nichts mehr gelingen!
Nun gut, es war wohl das Beste, wenn sie gleich zu ihr ging und ihr Scheitern zugab. Sie sah den Schlüsselbund in ihrer Hand an und schüttelte dann den Kopf. Nein, es war besser, wenn sie den Weg durch den Park nahm und ihren Kopf auslüftete.
„Frau Berner -Sabine -, das ist aber eine schöne Überraschung", rief Frau Mascheck aus und winkte sie wie üblich in die geräumige Küche. Sabine vermutete, dass sie ihr Wohnzimmer gar nicht benutzte.
„Den üblichen Tee, oder kann ich Ihnen etwas anderes anbieten?"
„Danke, ich nehme Tee und eines von Ihren Plätzchen", sagte Sabine und griff in die Schale, die auf dem Tisch stand.
„Ja, bedienen Sie sich." Die alte Dame musterte sie kritisch. „Sie sehen blass und dünn aus!"
Die Herzlichkeit dieser Frau hüllte sie ein, und ihre Wut fiel in sich zusammen wie ein Haufen ausgeglühter Scheite. Sabine rutschte auf die Eckbank und sah den faltigen Händen zu, die mit Kessel und Teekanne hantierten. Wie hatte sie es so lange ohne diesen Anblick aushalten können? Welch einen Frieden dieser Ort verbreitete!
„Hier zu sitzen ist wie heimkommen", sagte sie, selbst ein wenig erstaunt.
„Das freut mich, meine Liebe." Rosa Mascheck holte eine bunt bemalte Blechdose vom Wandbord und stellte sie geöifnet auf den Tisch. „Die habe ich erst gestern gebacken", sagte sie und schob Sabine dick mit Schokolade bestrichene Haselnussplätzchen hin.
„Weihnachtsgebäck im Frühling", seufzte die Kommissarin und nahm sich zwei heraus. „Sie sind ein Engel!"
„Was nützt ein Engel ohne Menschen, die er glücklich machen kann?" Sabine sah den wehmütigen Zug um den Mund der älteren Frau und fühlte sich schuldig.
„Ich hätte viel früher kommen sollen, um Ihnen zu berichten. Leider gab es nicht viel, das ich Ihnen hätte
Weitere Kostenlose Bücher