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Feuer der Rache

Titel: Feuer der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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stellten sich Rücken an Rücken und banden sich die Bänder um die Handgelenke. Dann entfernten sie sich voneinander, so weit es das Band zuließ. Esther begann den Sprechgesang: „Korn und Rebe, Korn und Rebe, was da fallet, sich erhebe. Huf und Hörn, Huf und Hörn, was da stirbt, wird neu gebor'n." Alle fielen ein. Jedes zweite Paar begann nun im Uhrzeigersinn um den Maibaum zu tanzen, die anderen in die entgegengesetzte Richtung. Sie duckten sich unter den Bändern hindurch, während die anderen ihre Bänder hochhoben. Der Maibaum in der Mitte wurde in die farbigen Bänder gehüllt, während die Kreise der Tanzenden immer enger wurden, bis sie sich am Stamm des Baumes trafen und lachend in die Arme fielen. Jeder Kreis wurde erneut geschlossen, Gott und Göttin Trankopfer dargebracht, aber auch die Feiernden tranken nun, sangen und lachten. Der Duft des Sabbat-Weihrauchs hüllte die Lichtung ein, die Flammen der Feuer, die sie entzündet hatten, loderten in den Nachthimmel. Paare fanden sich und zogen sich in den Wald zurück, um in dieser Nacht, in der sie selbst Gott und Göttin waren, die heilige Liebe zu vollziehen. Auch der Priester und die Priesterin waren nicht mehr zu sehen. Die anderen lagen im Gras, tranken und lachten.
    Aletta stand am Feuer und wich dem Blick des Mannes aus, der auf der anderen Seite stand und aus einem Zinnbecher trank. Auch sie spürte die Wärme in ihrem Körper und das Verlangen dieser Nacht. Oak -wie er sich im Zirkel nennen ließ -war schon lange Mitglied der Gruppe, und sie mochte ihn gern. Sie musste nur seinen Blick erwidern und seine Hand ergreifen, aber sie widerstand dem Drängen der Natur. Sie wandte sich ab und ging zu ihrem Auto. Ohne sich von Esther oder den anderen zu verabschieden, fuhr sie nach Hamburg zurück.
     
    Sabines erster Gedanke am Samstagmorgen galt Michael. Sie grollte ihm ein wenig, weil er kein Wort gegen ihre ungerechte Verbannung vom Tatort gesagt hatte -auch wenn ihr Verstand sie daraufhinwies, dass es für ihn als Neuling weder klug noch Erfolg versprechend gewesen wäre, die Anweisungen des Gruppenleiters infrage zu stellen.
    Der zweite Gedanke war die bange Frage, wie er Peter von Borgos seltsames Verhalten aufgefasst hatte. Dachte Michael, sie hätte ein Verhältnis mit ihm? Nun ja, in gewisser Weise konnte man das so sehen. Sabine griff sich an die Stelle an ihrem Hals, an der die Zähne des Vampirs eingedrungen waren. Er hatte ihr Blut getrunken und sich an ihr berauscht, bis kaum mehr Leben in ihr gewesen war. Du hast es gewollt -tief in dir hast du es dir gewünscht, erinnerte sie eine Stimme. Für einen Moment lang warst du sogar bereit, seinem Drängen nachzugeben und seine Gefährtin zu werden: untot, rastlos und hungrig nach Blut. Sabine schüttelte sich und versuchte sich einzureden, dass dieser abwegige Wunsch einer damals kurzzeitigen geistigen Verwirrung entsprungen und sehr weit weg von dem war, was sie heute begehrte.
    Begehren! Bei diesem Wort fiel ihr Michael wieder ein.
    Sabine tappte in ihrem Schlafanzug in die Küche, wärmte sich einen Becher Kakao und zog sich mit diesem und dem Telefon ins Bett zurück. Als sie den quietschgelben Entenbecher, den sich ihre Tochter Julia beim letzten Stadtbummel ausgesucht hatte, auf den Nachttisch stellte, fiel ihr ein zusammengefaltetes Blatt Papier ins Auge, das sicher noch nicht dort gelegen hatte, als sie zu Bett gegangen war. Sie fragte sich nicht, wie es dorthin gekommen war. Es kostete sie einige Überwindung, es nicht gleich zu nehmen und aufzuklappen.
    Vielleicht sollte sie es gar nicht lesen. Vielleicht sollte sie ihm eine Lektion erteilen, da er ihren Wunsch, nicht mehr unaufgefordert in ihre Wohnung einzudringen, nach wie vor ignorierte. Sie betrachtete das teure, handgeschöpfte Papier noch einige Augenblicke, dann riss sie sich von ihm los und tippte Michaels Nummer.
    Es klingelte ewig. Mist. Vermutlich war er schon im Präsidium oder unterwegs auf der Suche nach Zeugen. Ein dritter Mord in Folge an einem angesehenen und vor allem reichen Hamburger Bürger würde den Druck auf die leitenden Kripobeamten in ungekannte Sphären treiben und damit auch den Druck auf das Team -, denn Tieze würde sich nicht scheuen, alles, was er einstecken musste, nach unten weilerzugeben und vermuüich noch selbst was draufzusetzen. Sabine dachte an den Senator und war zum ersten Mal froh, nicht an vorderster Front zu stehen, nachdem nun auch noch der Schwiegersohn des Politikers ermordet worden

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