Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
gegründet, ist aber inzwischen der Ansicht, wir müssten für ihn da sein«, sagt Linnéa.
»Ja.«
»Und wie lange geht das schon so?«, fragt Minoo. »Ich meine, seit wann hat es Auserwählte gegeben?«
»Ich weiß es nicht. Seit tausend Jahren. Vielleicht auch länger. Die Zeitrechnung der Beschützer unterscheidet sich von der der Menschen, und ich weiß nur, was sie mir gesagt haben«, sagt Matilda. »Den früheren Auserwählten ist es gelungen, sechs Türen zu verschließen.«
»Dann ist die Tür in Engelsfors die siebte?«, sagt Minoo. »Die letzte?«
»Ja. Engelsfors ist der letzte Ort, an dem die Dämonen in unsere Welt gelangen können.«
Minoo schaut auf die Uhr. Sie darf keine der Fragen vergessen, die sie an Matilda hat, und muss es schaffen, sie rechtzeitig zu stellen.
»Entschuldige, aber ich verstehe das nicht«, sagt sie. »Du bist die vorherige Auserwählte. Du wurdest an diesem Portal geboren. Aber du bist gestorben, bevor du …«
»Ja, genau«, sagt Vanessa. »Wieso wimmelt es hier nicht längst vor Dämonen?«
»Die Tür kann nur zu einem bestimmten Zeitpunkt geöffnet oder geschlossen werden«, sagt Matilda. »Wenn die Magie um den Riss herum am stärksten ist, ist die Haut zwischen den Welten dünn genug. Ich bin gestorben, bevor der Zeitpunkt gekommen war.«
»Und den Dämonen ist es nicht gelungen, das Portal zu öffnen?«, fragt Linnéa.
»Nein«, antwortet Matilda. »Sie haben es nicht geschafft.«
»Warum nicht?«, fragt Minoo.
»Ich weiß es nicht. Aber das vergangene magische Zeitalter war nicht so stark wie dieses. Und die Tür kann auch nur von dieser Welt aus aufgestoßen oder versiegelt werden. Die Dämonen sind vollkommen von ihrem Gesegneten abhängig. Durch den Spalt, der existiert, können sie nicht in die Welt eindringen, aber sie können Menschen in der Nähe der Risse verführen und als Werkzeug missbrauchen.«
Minoo denkt an Max’ Erinnerung. An die Nächte, in denen er wach lag und an das Furchtbare dachte, zu dem er sich verpflichtet hatte. Die Dämonen hatten ihm versprochen, er würde Alice zurückbekommen. Das Mädchen, das er liebte. Das Mädchen, das er ermordete.
»Warum segnen sie nicht einfach eine ganze Armee?«, fragt Linnéa.
»Dafür reicht ihre Kraft nicht aus, solange das Portal nicht geöffnet ist«, sagt Matilda. »Außerdem kann nur eine natürliche Hexe die Segnung der Dämonen tragen, und natürliche Hexen sind selten, auch wenn sie in der Nähe eines Risses deutlich häufiger anzutreffen sind.«
»Du bist also gestorben und die Dämonen konnten die Tür nicht öffnen. Und daran hat sich bis heute nichts geändert«, sagt Minoo.
»Ja«, antwortet Matilda. »Das magische Zeitalter verebbte. Und die Beschützer mussten die nächste magische Flut abwarten, und mit ihr die nächste Auserwählte. Meine Seele blieb und wartete mit ihnen.«
»Und auch die Dämonen haben gewartet«, sagt Vanessa.
»Und der Rat hat gewartet und noch mehr vergessen«, sagt Linnéa.
»Und Nicolaus«, flüstert Anna-Karin.
»Ja«, sagt Matilda. »Wir alle haben auf euch gewartet.«
Minoo sammelt sich. Sie wagt es kaum, die Frage zu stellen, aber sie muss es wissen.
»Max sagte, die Dämonen hätten einen Plan für mich. Was meinte er damit?«
Matilda dreht den Kopf und sieht Minoo durchdringend an. Für einen kurzen Augenblick werden Idas Augen schwarz wie Öl. Wie Vogelaugen. Aber im nächsten Moment ist es schon wieder vorbei.
Bloß Einbildung, denkt Minoo.
»Ich weiß es nicht«, sagt Matilda. »Aber sie fürchten dich.«
Linnéa lacht auf.
»Entschuldige, aber das ist doch total bescheuert. Die Dämonen haben Angst vor Minoo?«
Minoo wünschte, sie könnte mitlachen.
»Jagen sie uns deshalb nicht mehr?«, fragt Anna-Karin.
»Wie schon gesagt, die Dämonen geben niemals auf, aber sie suchen andere Wege. Es scheint, als versuchten sie, die magische Flut zu beschleunigen, und als gelänge ihnen das auch. Wir dachten, bis zum entscheidenden Kampf würde es mindestens zehn Jahre dauern, aber nun geht alles viel zu schnell. Sicher habt ihr die Zeichen bemerkt.«
»Die Hitze«, sagt Minoo. »Der sterbende Wald. Der Strom. Und das Wasser …«
»Ja«, sagt Matilda. »Die Haut zwischen den Welten wird schon dünner und das hat Einfluss auf unsere physische Wirklichkeit. Hier in Engelsfors ist etwas ganz und gar nicht in Ordnung.«
»Ist nicht dein Ernst«, murmelt Vanessa.
»Ist doch egal, ob es jetzt passiert oder später«, sagt Linnéa.
Alle
Weitere Kostenlose Bücher