Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

an dem sie Max besiegte.
    Minoo begreift, was gleich passieren wird. Der schwarze Rauch ist ganz nah. Sie kann schon fast sehen, wie er vor ihr herumwirbelt, wie er sich nach den anderen ausstreckt.
    Sie zwingt sich weiterzumachen. Ist das Ritual einmal begonnen, muss es beendet werden, das hat Mona Mondlicht gesagt. Sonst weiß man nicht, was in die Welt gelangen könnte.
    Sie taucht die linke Hand noch einmal in die eiskalte Masse. Nur noch ein knapper Meter, bis sie und Ida sich treffen.
    Wenn es doch nur ein bisschen schneller ginge, aber das liegt nicht in ihrer Macht. Der Zirkel wächst in seinem eigenen Takt.
    Eine dünne, schwarze Rauchfahne wirbelt vor ihren Augen vorbei, und entsetzt sieht sie, wie der Rauch prüfend einen Fühler nach Ida ausstreckt.
    Aber keine der anderen scheint zu sehen, was vor sich geht. Niemand scheint zu merken, dass Minoo im Begriff ist, sich in ein Monster zu verwandeln. Panik pulsiert in ihrem Körper, strömt durch ihre Adern.
    Ida kommt näher. Näher. Näher.
    Ihre Hände berühren sich und die Linien fließen auf den letzten Zentimetern zusammen. Der Zirkel ist geschlossen.
    Der schwarze Rauch wird durchsichtig und verschwindet.
    Mit zitternden Beinen steht Minoo auf und setzt sich mit Ida zu den anderen. Gemeinsam heben sie den Spiegel an. Ida streckt eine Hand aus und zeichnet das Metallzeichen mit Ektoplasma auf den Fußboden.
    Sie nickt und vorsichtig legen sie den Spiegel wieder ab.
    »Der Zirkel, der Kraft gibt«, sagt Vanessa.
    Minoo nimmt Idas und Linnéas Hände und drückt sie fest.
    »Okay«, sagt Vanessa. »Soll ich …?«
    »Ja, ja, mach es einfach«, zischt Ida.
    »Konzentriert euch auf das Glas«, sagt Vanessa.
    Es steht umgedreht auf einem leeren Kreis in der Mitte des Spiegels. Minoos Blick fällt auf das Ikea-Logo auf dem Glasboden. Die Ränder haben sie mit Ektoplasma eingerieben.
    »Äh … hallo«, sagt Vanessa. »Wir versuchen, Matilda zu erreichen, Tochter von Nicolaus Elingius und seiner Frau Hedvig. Bist du da?«
    Das Glas wackelt. Es bewegt sich über den Spiegel, gleitet in einer geraden Linie auf das JA zu.
    »Shit«, flüstert Linnéa.
    Minoo schluckt.
    »Wir begrüßen dich zu dieser mitternächtlichen Stunde, in der die Lebenden und die Toten einander begegnen können«, sagt Vanessa steif. »Wir begegnen uns in diesem Zirkel in gegenseitiger Achtung und Rücksichtnahme.«
    Es ist offenbar wichtig, alles wortwörtlich so zu sagen. Auf dem Zettel mit den Anweisungen hat Mona Mondlicht diesen Punkt mehrfach unterstrichen. Jetzt, nachdem das erledigt ist, scheint Vanessa den Faden verloren zu haben. Minoo muss gegen ihren Besserwisser-Impuls ankämpfen, dem es lieber wäre, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen.
    »Die Vorstellung«, flüstert sie stattdessen und Vanessa nickt.
    »Ich heiße Vanessa Dahl und ich spreche für uns. Links von mir sitzt Ida Holmström. Links von ihr Minoo Falk Karimi, daneben Linnéa Wallin und schließlich Anna-Karin Nieminen, die auf meiner rechten Seite sitzt. Akzeptierst du alle Teilnehmer in diesem Zirkel?«
    Das Glas zuckt, aber es bleibt auf seinem Platz. Wieder ein JA .
    »War der Rat die Gefahr, vor der du uns gewarnt hast?«
    Wieder wackelt das Glas. JA . Und dann wandert es hinüber zum NEIN .
    »Was versuchst du, uns zu sagen?«, fragt Vanessa. »Heißt das, es gibt mehrere Gefahren? Positives Engelsfors?«
    Das Glas bewegt sich hastig zwischen den Buchstaben hin und her, hinterlässt eine Spur von Ektoplasma.
    »M«, sagt Vanessa. »E-H-R. Mehr. Noch mehr als Positives Engelsfors?«
    Das Glas rast weiter zum JA und stoppt mit einem Glas-auf-Glas-Quietschen, bei dem Minoo ein schmerzhaftes Ziehen in die Zähne schießt. Dann gleitet es erneut zwischen den Buchstaben hin und her. Deutlich langsamer jetzt. Es sieht fast beschwerlich aus. Beim Buchstaben M bleibt es ganz stehen.
    »M …«, sagt Vanessa. »M?«
    Ein schrilles Knirschen verleitet Minoo fast dazu, sich die Ohren zuzuhalten, aber sie hält Idas und Linnéas Hände nur noch fester. Sie dürfen den Zirkel nicht brechen.
    Es knackt im Glas. Risse tauchen auf.
    »Augen zu!«, schreit Minoo und kneift die Augen zusammen.
    Sie beugt im selben Moment den Kopf nach unten, in dem das Glas explodiert. Splitter fliegen in ihre Haare.
    Und dann explodiert
alles
.
    Ein weißes, blendendes Licht erfüllt Minoos Kopf.
    Sie sieht das Buch der Muster, umgeben von Flammen.
    Sie sieht den grinsenden, zahnlosen Mann. Matildas Wächter.
    Sie sieht einen