Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
sagt Alexander, nachdem sie ein paar Minuten geschwiegen hat.
Und alles beginnt von vorne.
Mehrere Stunden später steht Alexander auf, und Anna-Karin wagt endlich zu hoffen, dass das Verhör beendet ist.
Sie fühlt sich, als hätte man ihr Hirn im Schädel gar gekocht. Als sie aufsteht, schwankt sie so, dass sie fast zurück in den Sessel kippt.
»Ich denke, wir haben alle Informationen bekommen, die wir brauchen«, sagt Alexander. »Die Verhandlung findet am Samstag statt.«
Anna-Karin kann nicht mal reagieren. Sie will nur noch weg.
»Wir haben einen Verteidiger für dich bestimmt«, fährt Alexander fort.
Erst jetzt bemerkt Anna-Karin, dass Adriana in der Tür steht. Wie lange wartet sie da schon?
»Komm rein«, sagt Alexander.
Adriana trägt wie immer ein strenges Kostüm. Aber als sie ins Licht tritt, fällt Anna-Karin auf, wie müde Adriana aussieht. Und wie dünn sie geworden ist.
Doch obwohl Adriana so mitgenommen aussieht, ist Anna-Karin erleichtert. Sie hat gar nicht gewagt, auf einen Verteidiger zu hoffen. Und sie weiß, dass sie Adriana vertrauen kann.
»Soll ich dich nach Hause fahren?«, fragt Viktor Anna-Karin.
»Ich laufe lieber«, sagt sie und zwängt sich in ihren Dufflecoat.
Adriana begleitet sie durch den langen Flur zur Haustür, Viktor und Alexander folgen ihnen mit wenigen Schritten Abstand.
Als sie die Tür erreichen, reißt Anna-Karin sie weit auf und atmet die frische Luft ein. Ein sanfter Regen hat eingesetzt.
»Mach dir keine Sorgen«, sagt Adriana ohne jede Spur von Wärme und Überzeugungskraft in der Stimme. »Alles wird gut.«
Sie gibt Anna-Karin die Hand. Eine seltsam förmliche Geste, sogar für jemanden wie sie.
Anna-Karin erwidert den Händedruck und bemerkt einen kleinen Zettel, der zusammengefaltet zwischen Adrianas Mittel- und Zeigefinger steckt.
Sie begegnet ihrem Blick und sieht einen ängstlichen Funken in ihren Augen.
Anna-Karin hält Adrianas Hand, bis sie sicher ist, den Zettel sicher übernommen zu haben. Dann schiebt sie die Hände unbeholfen in ihre Manteltaschen. Sie hat das Gefühl, als könnten Viktor und Alexander alles sehen, was sie tut, und sie traut sich nicht, die beiden anzuschauen.
»Ja, also dann, tschüss«, sagt Anna-Karin.
Sie geht die Treppe nach unten und atmet auf, als sie hört, wie die Tür hinter ihr ins Schloss fällt. Sie knöpft den Mantel zu und geht langsam über die Kiesauffahrt. Eiskalte Tropfen treffen ihr Gesicht. Die Vorderseite ihrer Jeans wird nass und sie beschleunigt ihren Schritt.
Der Fuchs wartet unten an der Schleuse auf sie. Auf dem Weg in die Stadt trippelt er neben ihr her. Als sie sich dem Zentrum nähern, verschwindet er aus ihrem Blickfeld, aber sie spürt seine Anwesenheit die ganze Zeit. Er folgt ihr im Schatten bis nach Hause.
Erst als sie in ihrem Zimmer ist, wagt sie es, den Zettel zu lesen.
Adriana Lopez’ Handschrift ist so akkurat wie immer.
WIR MÜSSEN UNS UM MITTERNACHT IM VERGNÜGUNGSPARK TREFFEN . ES IST UNSERE EINZIGE CHANCE , UM VOR DEM PROZESS MITEINANDER ZU SPRECHEN . GIB DEN ANDEREN BESCHEID .
46. Kapitel
V
anessa, du kannst doch nicht ernsthaft gleichzeitig für die Schule lernen, einen Film schauen und simsen«, sagt Mama und stellt sich in die Wohnzimmertür.
»Das mache ich doch immer so«, sagt Vanessa.
Schnell löscht sie Anna-Karins Nachricht und wirft ihr Handy neben sich auf das Sofa.
Der Prozess. Jetzt am Samstag. Und heute Nacht muss sie in den Vergnügungspark. Glücklicherweise hat Mama Nachtschicht im Altenheim und Melvin ist bei Nicke. Niemand wird merken, wenn sie sich wegschleicht.
Frasse liegt schnarchend auf dem Teppich und sie schaut ihn neidvoll an. Sie wird heute Nacht ganz sicher kein Auge zumachen.
Auf dem Bildschirm ihres Laptops hängt ein Typ an einem Fleischerhaken. Er versucht gerade, seine Freundin zu überreden, ihn endlich umzubringen, damit er nicht länger leiden muss. Sie schreit lauter als er.
»Aber Nessa, was ist
das
denn für ein Film!«, sagt Mama.
»Eine romantische Komödie«, erwidert Vanessa.
Mama seufzt resigniert, aber sie fängt wenigstens nicht an, ihr einen Vortrag zu halten.
»Vielleicht hättest du bessere Noten, wenn du mal eine andere Lernmethode ausprobieren würdest«, sagt sie.
»Ich weiß selbst am besten, was bei mir funktioniert.«
»Dann stell den Ton wenigstens leiser«, sagt Mama und verschwindet zurück in die Küche.
Vanessa dreht die Lautstärke deutlich runter. Dann wieder ein bisschen hoch, in der
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