Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
»Was werden die mit uns machen?«
»Alexander und Viktor haben im Gerichtssaal mächtige Zirkel vorbereitet«, sagt Adriana. »Alexander ist Experte darin, die Kraft anderer Hexen gegen sie selbst zu richten. Linnéa, vielleicht erinnerst du dich daran, was passiert ist, als du versucht hast, Alexanders Gedanken zu lesen?«
»Ja«, sagt Linnéa und verzieht das Gesicht.
»Genau das wird euch widerfahren, wenn ihr während eurer Zeugenaussage lügt. Eure Kraft wird gegen euch selbst verwendet. Aber der Schmerz wird tausendmal schlimmer sein als der, den du gespürt hast, Linnéa.«
Stille legt sich über den Pavillon.
Sie haben also zwei Alternativen. Entweder gleich alles zugeben oder sich erst foltern lassen und dann alles zugeben. Egal wie, man wird sie verurteilen.
»Mit welcher Strafe müssen wir rechnen?«, fragt Linnéa.
Natürlich stellt sie ausgerechnet die eine Frage ganz direkt, die Minoo kaum in Gedanken zu formulieren wagt.
»Lasst uns nicht darüber spekulieren«, sagt Adriana ernst.
»Aber es muss doch irgendetwas geben, was wir tun können!«, sagt Ida.
»Fragt das Buch der Muster um Rat«, sagt Adriana. »Das ist eure einzige Chance.«
Minoo schluckt.
»Eine Art Störung bewirkt, dass es nicht so funktioniert, wie es soll«, sagt sie.
Adriana wird sichtlich blass. Sie schaut auf das Amulett. Es ist fast rot. Nur noch ein paar vereinzelte weiße Punkte sind übrig.
Es scheint fast so, als würde jemand allen entgegenarbeiten, die versuchen, uns zu helfen, denkt Minoo. Und niemand hat Zeit.
»Ich muss gehen«, sagt Adriana, steht hastig auf und klopft ihren Mantel ab. »Aber ich möchte euch um Vergebung bitten. Hätte ich das alles hier vorhersehen können … dann hätte ich nie in den Berichten über Engelsfors geforscht. Es wäre besser gewesen, der Rat hätte nie von dieser Stadt erfahren.«
»Es wäre ja wohl schlimmer gewesen, wenn Sie die Prophezeiung der Apokalypse gefunden und einfach in den Wind geschossen hätten«, sagt Vanessa.
»Sie haben doch versucht, uns zu helfen«, sagt Anna-Karin.
Adriana sieht sie ernst an.
»Ich werde in diesem Prozess alles für dich tun, was in meiner Macht steht, Anna-Karin. Ich werde für euch alle tun, was ich kann. Aber eigentlich sehe ich nur einen Ausweg für euch.«
»Und der wäre?«, fragt Ida schwach.
»Flieht«, sagt Adriana.
48. Kapitel
D
as blaue Feuer ist langsam verloschen und Minoo sitzt als Einzige noch auf der Tanzfläche des Pavillons. Sie hat die Taschenlampe neben sich angemacht. Jenseits des Lichtkegels ist nichts als kompakte Dunkelheit.
Nachdem Adriana gegangen war, haben sie versucht, mögliche Auswege zu finden. Aber sie tappen vollkommen im Dunkeln.
Und jetzt sitzt Minoo hier. Die anderen haben natürlich gefragt, warum sie noch bleiben wollte – alleine, mitten in der Nacht. Langsam fragt sie sich das auch.
Ihr Herz bleibt fast stehen, als sie ein Rascheln im Wald hört. Sie reißt die Taschenlampe hoch und leuchtet in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Sie sieht gerade noch, wie ein Reh im Nebel verschwindet.
Flieht.
Das also ist der einzige Rat, den Adriana ihnen geben kann. Aber sie können nicht fliehen. Sie dürfen die Welt nicht dem Untergang preisgeben.
Minoo nimmt das Buch der Muster und den Musterfinder aus ihrem Rucksack, legt beides vor sich in den Lichtkegel. Sie schlägt das Buch auf und hält den Musterfinder ans Auge. Dreht und blättert, versucht, sich auf eine der vielen Fragen zu konzentrieren, die in ihrem Kopf herumwirbeln.
Aber die Zeichen bleiben still. Das Buch sagt nichts.
Nichts, nichts. Wie immer.
»Helft uns doch!«, sagt Minoo laut und starrt in die Dunkelheit. »Matilda sagte, ihr würdet uns im Prozess helfen!«
Niemand antwortet ihr.
»Alleine haben wir keine Chance!«, sagt sie, noch lauter. »Wenn ihr unsere Beschützer seid, dann beschützt uns gefälligst endlich.«
Minoo hört nichts als den Wind, der in den Bäumen rauscht. Sie schlägt das Buch zu. Schleudert den Musterfinder in die Dunkelheit. Er blitzt kurz auf, dann ist er weg. Sie ist so frustriert, dass sie heulen könnte.
»Ihr habt mich mit eurer Magie gesegnet. Lasst sie mich doch benutzen.«
Sie ist im Begriff, daran zu zerbrechen. Alles ist im Begriff zu zerbrechen. Sehen die Beschützer das denn nicht?
»Wenn es euch gibt, wenn ihr auf unserer Seite steht, dann zeigt es jetzt.«
Und in ihr bewegt sich etwas. Beantwortet ihr Flehen. Erfüllt sie. Breitet sich in ihrem Körper aus.
Es will
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