Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
nur
noch
besser.
»Rickard will mich schon ziemlich lange in den inneren Kreis aufnehmen, aber ich habe immer abgelehnt. Vermutlich, weil ich eigentlich lieber nicht wissen wollte, was da wirklich vor sich geht. Ich habe keine Beweise, aber mein Gefühl sagt mir, dass diese Gerüchte über Linnéa Wallin … Dass sie ihr wahrscheinlich wirklich etwas angetan haben.«
Ida wünschte, sie könnte ihm erzählen, was passiert ist, könnte ihm von Erik erzählen, aber sie haben sich darauf geeinigt, sich an die Version zu halten, die Linnéa der Polizei gemeldet hat.
»An dem Abend ist in Linnéas Wohnung eingebrochen worden«, sagt sie. »Sie hat bei der Polizei Anzeige erstattet.«
»Ich schwöre dir, dass sie das waren. Ich war auch im Zentrum und da war definitiv etwas im Gange. Die Jungs haben total den Bezug zur Wirklichkeit verloren. Sie bilden sich ein, sie könnten tun und lassen, was sie wollen, ohne dass ihnen jemand etwas anhaben kann. Das ist echt beängstigend.«
»Aber jetzt ist es doch gut«, sagt Ida. »Du bist ausgestiegen.«
»Nein«, sagt Gustaf. »Ich habe Rickard gerade angerufen und mich für meine Reaktion entschuldigt. Ich habe ihm gesagt, dass ich zum inneren Kreis gehören will.«
»Aber …«
»Wenn ich mitmache, kann ich Informationen für deinen Vater sammeln, damit er sie veröffentlicht. Jemand muss PE entlarven, bevor alles zu spät ist.«
»Nein!«, sagt Ida. »Das ist viel zu gefährlich!«
»Das ist mir egal«, sagt Gustaf. » PE behauptet, den Leuten helfen zu wollen, aber letztlich profitieren nur die, die sowieso schon reich und ›glücklich‹ sind. Das sieht man doch schon an den Aushängeschildern. An solchen Typen wie Erik und Ida.«
Ida zieht die Hand zurück.
»Ida macht doch noch nicht mal mit!«, sagt sie.
»Sie war neulich im Zentrum.«
»Ja, aber nur, weil sie mit Erik zusammen ist. War, meine ich. Sie haben Schluss gemacht. Sie war überhaupt nie in ihn verliebt.«
Gustaf lacht.
»Das klingt ja fast, als wolltest du sie in Schutz nehmen.«
»Warum sollte ich das nicht wollen?«
»Ist das dein Ernst?«, fragt er.
Ida schluckt. Es ist vielleicht ihre einzige Gelegenheit, die Wahrheit zu erfahren. Aber sie weiß nicht, ob sie das will.
»Was ist eigentlich so schlimm an Ida?«, fragt sie.
Gustafs Lächeln sieht zunehmend verwirrt aus.
»Sie ist doch durch und durch falsch«, sagt er. »Sie ist sogar zu ihren besten Freundinnen fies. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht mal vorstellen, dass Ida echte Gefühle hat. Wenigstens nicht für jemand anderen als sich selbst.«
»Doch, hat sie!«, sagt Ida und jetzt glüht ihr ganzes Gesicht. »Natürlich hat sie echte Gefühle! Jede Menge echter Gefühle!«
»Die hat sie bislang aber ziemlich gut versteckt«, sagt Gustaf.
»Ich glaube, Ida hat sich … geändert«, sagt Ida. »Ich denke, sie weiß, dass sie Fehler gemacht hat. Manchmal.«
Gustaf schaut sie fragend an.
»Ich glaube, sie versucht, sich zu bessern«, sagt Ida.
»Meinst du dieses Gerücht, sie hätte sich angeblich gegen Erik und für Linnéa entschieden? Stimmt das wirklich?«
»Ja, das stimmt. Wie du siehst, hat sie auch andere Seiten. Es ist nur eben schwierig für sie. Irgendwie zu viel. Wo soll man denn da anfangen?«
»Wovon redest du?«
»Ich meine, wo soll Ida anfangen? Wenn sie sich ändern will?«
»Aufhören, fies zu sein? Sich bei den Leuten, die sie verletzt hat, entschuldigen? Obwohl – da muss sie sich ranhalten, wenn sie das schaffen will, bevor sie stirbt.«
Gustaf lacht.
Und Ida fängt an zu weinen. Es kommt so plötzlich, dass sie keine Möglichkeit hat, die Tränen zurückzuhalten.
Wenigstens blamiert nicht sie sich vor Gustaf, sondern Minoo.
»Hey, was ist denn?«, fragt Gustaf.
Ida schüttelt den Kopf.
»Ich bin nur so froh, dass du hier bist«, stammelt sie.
»So sieht das aus, wenn du froh bist?«, sagt er lächelnd.
»Ich bin froh, dass wir reden können, auch wenn es ekelhafte, unangenehme Themen sind.«
»Ich weiß«, sagt Gustaf. »Ich auch.«
Gustaf nimmt sie in den Arm, zieht sie näher zu sich. Und er lässt sie nicht einmal los, als sie aufhört zu weinen, sondern hält sie weiter fest.
Der Mond hängt schwer und rot am Nachthimmel, aber das Licht glitzert silbrig-weiß auf dem schwarzen Wasser des Baches. Minoo geht näher und kniet sich auf den feuchten Boden. Sie blickt in ihr eigenes Gesicht. Es bewegt sich mit dem Wasser.
Und plötzlich verwandelt es sich ganz und gar.
Rotblonde Locken
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