Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
sicher, dass sie die ganze Angelegenheit so schnell wie möglich vergessen will.«
»Ihr seid
übereingekommen
?«
Minoo nickt und zieht ein letztes Mal an der Zigarette.
»Du hattest recht, was Diana betrifft«, sagt sie. »Sie scheint echt okay zu sein.«
»Dann hat sie dir also geglaubt? Mir?«
»Sie wusste vermutlich nicht mehr, was sie überhaupt noch glauben soll«, sagt Minoo. »Dafür wissen wir jetzt, dass sie dir das nicht freiwillig angetan hat, sondern gelenkt wurde. Wir müssen nur noch rausfinden, von wem.«
Linnéa schaut sie an. Fragt sich, ob Minoo auch nur den Hauch einer Ahnung hat, wie großartig das hier ist. Was für eine unglaubliche Sache sie gemacht hat.
Das Küchenfenster knarrt und knackt im Wind. Ida kann nicht verstehen, wie Minoo es erträgt, so oft alleine in diesem Haus zu sein.
Minoos Vater hat angerufen und gesagt, er käme heute spät nach Hause, sie solle sich eine Pizza im Venezia bestellen. Er klang entschuldigend und gelobte hoch und heilig Besserung für morgen, wenn er für sie und ihre Freundin kochen würde.
Dieses Essen hatte Ida ganz verdrängt. Plötzlich sah sie lebhaft die Katastrophe vor sich, zu der es kommen würde, wenn Vanessa und sie für Minoos Vater morgen einen ganzen Abend lang Minoo und Anna-Karin spielen müssten. Direkt nach dem Prozess. Also sagte sie ihm, ihre Freundin Linnéa käme auch noch mit. Auf diese Weise wäre die richtige Minoo dabei und könnte ihnen helfen, den schlimmsten Stolperfallen auszuweichen. Schließlich beschloss sie, der Vollständigkeit halber auch noch »Vanessa Dahl« und »Ida Holmström« einzuladen. Außerdem vermittelte ihr der Gedanke, ihren eigenen Körper in Sichtweite zu haben, ein Gefühl von Sicherheit. Minoos Vater klang so angenehm überrascht, dass es schon fast traurig war. Minoo hat ganz eindeutig nicht oft Freunde zu Besuch.
Ida schenkt sich ein Glas Saft ein und setzt sich an den Küchentisch. Traut sich nicht, aus dem Fenster in die Dunkelheit zu schauen.
Sie fühlt sich wie auf dem Präsentierteller. Aber das Licht ausmachen will sie auch nicht. Nervös zwirbelt sie eine Strähne von Minoos Haaren, die so anders sind als ihre eigenen. Dicker, gelockt und irgendwie gröber.
Sie wünschte, sie könnte in den Stall gehen, aber sie hat angerufen und gesagt, sie hätte die Grippe. Tiere scheinen ja zu merken, dass etwas nicht stimmt, und sie will Troja nicht erschrecken. Eins der vielen kleinen Mädchen in seinem Fanclub wird bestimmt mehr als bereitwillig für sie einspringen.
Ida hebt das Glas. Stellt es wieder ab, als sie Schritte hört, die durch den Garten näher kommen.
Sie steht auf und schleicht sich in die Diele.
Vermutlich ist es Minoos Vater, redet sie sich ein, bestimmt hat er beschlossen, doch früher Feierabend zu machen.
Aber er würde doch mit dem Auto kommen, widerspricht ihre Panik sofort.
Wenn wenigstens ihre Kräfte funktionieren würden, dann könnte sie vielleicht spüren, wer da draußen ist, aber jetzt ist sie genauso hilflos wie jede x-beliebige Nicht-Hexe.
Schritte auf der Treppe. Ida fallen die anonymen Anrufe ein, von denen Minoo erzählt hat. Die eingeschlagenen Fenster der
Engelsfors Nachrichten
. Die Drohbriefe, von denen Minoos Vater denkt, sie hätte sie nicht gesehen.
Es klingelt an der Tür und Ida zuckt zusammen.
Sie presst sich an die Wand in der Diele, während es immer weiter klingelt. Sie wagt erst wieder, sich zu bewegen, als sie hört, wie sich die Schritte über die Treppe entfernen. Aber sie muss sichergehen, dass diese Person wirklich geht und nicht durch den Garten pirscht und nach einem anderen Weg sucht, ins Haus zu gelangen. Es gibt hier so viele Fenster. Sie
hasst
dieses Haus.
Ida schleicht ins Wohnzimmer und späht durch eine Gardine nach draußen.
Sie erkennt die Gestalt, die gerade die Straße erreicht hat, auf den ersten Blick – seine aufrechte Haltung, seine Mütze und die Daunenjacke, die er letztes Jahr auch schon hatte.
G.
Sie rast zurück in die Diele und reißt die Haustür auf. Kalte Abendluft schlägt ihr entgegen.
»Warte!«, ruft sie.
Gustaf dreht sich um.
»Hi«, sagt er und kommt zum Haus zurück. »Tut mir leid, habe ich dich geweckt oder so?«
»Mhm«, sagt Ida.
Gustaf hat einen Ausdruck im Gesicht, den sie noch nie zuvor bei ihm gesehen hat.
»Darf ich reinkommen?«, fragt er.
Da kapiert sie es plötzlich. Gustaf ist
nervös
.
»Klar darfst du.«
Sie geht zur Seite und lässt ihn rein. Gustaf hängt seine Jacke
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