Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
breiter.
»Vollkommen zufrieden«, sagt er. »Schönen Abend noch. Hoffe, euer Fest wird lustig.«
Er verschwindet in Richtung Haupttreppe. Ida bleibt einen Moment stehen, mit dem unguten Gefühl, doch ausgetrickst worden zu sein.
My only love, sprung from my only hate. Too early seen unknown, and known too late
.
Minoo fährt mit dem Finger über Julias Dialog in dem zerfledderten Bibliotheksbuch.
Im letzten Jahr hat sie ihre Eltern angelogen und behauptet, ihre Klasse würde im Englischunterricht
Romeo & Julia
bearbeiten. Die »Proben« waren ihr Alibi, wenn sie zum Magieunterricht in den Vergnügungspark ging. Und jetzt ist ihre Lüge – Ironie des Schicksals – wahr geworden. Minoo fragt sich, wie Patrick, dieser zugeknöpfte Englischlehrer, mit dem ganzen Schweinkram im Text fertigwerden will. Romeo und seine Clique unterscheiden sich kein bisschen von den ganzen sexfixierten Teenagern, die heute rumlaufen. Abgesehen davon, dass diese Typen das gar nicht kapieren. Kevin zum Beispiel hat sich lautstark darüber beschwert, dass er mit dem »alten Gammel-Stück« nichts anfangen kann.
Und es ist auch Ironie des Schicksals, dass Julias Sätze Minoo so sehr an ihre eigenen Gefühle für Max erinnern.
Minoo weiß, wie es sich anfühlt, verliebt zu sein und herauszufinden, dass der Traummann ein Todfeind ist. Aber Romeo versucht wenigstens nicht, Julia und ihre Freunde umzubringen.
Minoo fragt sich, ob sie es je wieder wagen wird, sich zu verlieben. Es fühlt sich momentan nicht so an. Vielleicht wird ihr größter Feind der Einzige bleiben, den sie je geliebt hat.
Ihr Handy vibriert im Rucksack und sie klappt das Buch zu. Eine Nachricht von Vanessa, der es gelungen ist, den Lagerraum neben dem Chemiesaal aufzubrechen und Eisenspäne zu stehlen.
Minoo steckt das Handy zurück, nimmt ihre Wasserflasche und trinkt einen Schluck. Dann legt sie den Kopf in die Hände. Es ist so friedlich hier in der Schulbibliothek. Man könnte einfach ein bisschen dösen, in irgendeine Traumwelt gleiten und nicht mehr denken müssen.
Ihr Kopf wird schwerer und schwerer.
»Das ist doch pure Sektenliteratur!«
Minoo fährt heftig zusammen, als sie aus dem Schlaf gerissen wird.
Es klingt nach Johanna, der Bibliothekarin.
Minoo steht vorsichtig auf, damit der Stuhl nicht über den Boden kratzt. Sie späht zwischen den Regalbrettern hindurch und sieht ein Stück gelben Rücken, verziert mit knallrotem Blattmuster. Garantiert Tommy Ekberg. Johanna steht ihm gegenüber.
Minoo schleicht so leise wie möglich näher. Tut so, als würde sie in dem Bücherregal nach etwas Bestimmtem suchen, für den Fall, dass die beiden sie bemerken.
»Ich habe überhaupt kein gutes Gefühl dabei«, sagt Johanna.
»Unsere neue Ausrichtung …«, setzt Tommy Ekberg an, aber er wird unterbrochen.
»Die ihr über Nacht eingeführt habt, ja!«
»Das Lehrerkollegium hat sich einverstanden erklärt.«
»Die Hälfte davon ist doch schon Mitglied bei Positives Engelsfors. Das macht die Sache wohl kaum weniger problematisch. Wir sind eine staatliche Schule, die einzige im ganzen Einzugsgebiet, und kaum kooperieren wir mit einer privaten Bewegung, stehst du schon hier und mischst dich in das Angebot der Schulbibliothek ein!«
Minoo späht zwischen den Regalen hindurch und sieht, dass Tommy Ekberg einen Stapel Bücher im Arm hat. Die bunten Buchrücken versprechen das Rezept für Reichtum, Glück, Gesundheit und allgemeinen Erfolg. Er beugt sich mühsam vor und stellt den Stapel vor Johannas Füßen ab.
»Ich will das Angebot nur erweitern. Lass die Schüler selbst entscheiden, was sie davon halten«, sagt er und richtet sich auf, sodass es in seinem Rücken knackt.
»Aber das ist es doch gerade!«, sagt Johanna. »Wie sollen sie lernen, kritisch zu denken, wenn die Schule ihnen predigt, dass sie alles positiv sehen und Schwierigkeiten ignorieren sollen? Wie sollen sie lernen, Veränderungen zu bewirken, wenn man ihnen beibringt, dass das einzige Problem ihre innere Einstellung ist?«
»Es handelt sich hier um eine wissenschaftliche Methode, die sowohl Unternehmern als auch Sportstars zum Erfolg verholfen hat.«
»Es ist eine Methode, die aus den Leuten brave Jasager macht! Die Welt ist manchmal ein schrecklicher Ort, das kann man nicht einfach wegdenken …«
»Aber Johanna«, unterbricht Tommy sie mit einem Lachen. »Kennst du eigentlich das Kinderlied vom grimmigen Gesicht? Du solltest es dir mal anhören. Niemand hat gerne mit so einem
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