Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
Miesepeter zu tun.«
Johanna starrt ihn an.
»Ist das dein Ernst?«, fragt sie.
»Wenn es dir hier nicht gefällt, brauchst du nach der Elternzeit nicht zurückzukommen. Ich bin sicher, dass es andere Bibliothekarinnen gibt, die verstehen, was wir hier versuchen wollen.«
»Ich habe nicht vor, die Schüler im Stich zu lassen«, sagt Johanna. »Und ich würde nie so lautlos und bereitwillig meinen Platz räumen wie Adriana.«
Mit diesen Worten verschwindet sie, und Minoo wünschte, sie könnte ihr hinterherrennen und ihr sagen, wie sehr sie sie bewundert und wie dringend sie hier gebraucht wird.
Tommy Ekberg bleibt noch einen Augenblick stehen und betrachtet den Stapel vor seinen Füßen. Dann nimmt er ein Buch nach dem anderen und arrangiert alle auf einem Regalbrett mit Büchern über den Ersten Weltkrieg.
Minoo hat genug gesehen.
Als sie an ihren Tisch zurückkommt, sitzt Viktor mit
Romeo & Julia
in der Hand da.
»Ist dir aufgefallen, dass Romeo am Anfang des Stücks ein
anderes
Mädchen anschmachtet?«, sagt er und blättert um, ohne aufzusehen. »Er behauptet, er würde nie wieder eine andere anschauen, und ein paar Stunden später steht er schon sabbernd unter Julias Balkon. Sieht für mich nicht so aus, als hätte ihre Beziehung eine Zukunft gehabt, selbst wenn die beiden überlebt hätten.«
»Was willst du?«, fragt Minoo.
»Wusstest du, dass es eine Version der Geschichte gibt, die glücklich endet? Vielleicht werden sie uns jetzt zwingen, die zu lesen, wo doch neuerdings alles
positiv
sein soll …«
Minoo geht zu ihm, nimmt das Buch und schlägt es zu. Viktor schaut mit einem kleinen Lächeln zu ihr hoch. Er zeigt ihr ein Handy, und es dauert einen Moment, bis sie begreift, dass es ihr eigenes ist.
»Ich habe deiner Mutter eine Nachricht geschickt, dass du später kommst. Du lernst bei einer Freundin.«
Minoo zittert vor Wut.
»Gib das her«, faucht sie.
»Du bekommst es zurück, wenn wir fertig sind«, sagt Viktor. »Du bist zum Verhör geladen.«
Sie sitzen in Linnéas frisch geputztem Wohnzimmer. Diana schaut sie von der anderen Sofaecke abwartend an.
»Es tut mir wirklich, wirklich leid«, sagt Linnéa. »Entschuldigung.«
Sie glaubt, ein zufriedenes Funkeln in Dianas Blick zu erahnen, und redet weiter.
»In der letzten Zeit ging es mir nicht so gut. Es ist jetzt ein Jahr her, dass Elias gestorben ist. Und ich musste viel an ihn denken. Es war so schwer, dabei alles andere im Griff zu behalten.«
Diana runzelt die Stirn.
»Das ist nur eine Erklärung, keine Entschuldigung«, sagt Linnéa schnell. »Ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe. Aber es geht mir wieder besser. Also, ich vermisse Elias immer noch, aber ich habe das Gefühl, … gesund zu werden. Mit Jakob zu reden, hilft mir total.«
Es widert sie an, dieses Gespräch zu führen. Elias auf diese Weise zu missbrauchen.
Aber er würde es verstehen. Er wusste, wie viel ihr die Wohnung bedeutet. Dass sie untergeht, wenn sie dieses Zuhause verliert.
»Das stimmt, es ist keine Entschuldigung«, sagt Diana.
Linnéa fragt sich, was eigentlich mit ihr passiert ist. Sie erkennt sie überhaupt nicht wieder. Nicht nur in dem,
was
sie sagt, sondern auch,
wie
sie es sagt.
»Aber es freut mich, dass du mich nicht länger anlügst«, fährt Diana fort. »Ich denke, ich werde den Zwischenfall auf sich beruhen lassen. Für dieses Mal.«
»Danke.«
Sie fragt sich, ob Diana sie bewusst fertigmachen will oder ob sie jemand mit Lügen füttert. Linnéa findet keine Hinweise in ihren Gedanken.
»Wir werden dich in Zukunft noch gründlicher beobachten«, sagt Diana. »Und wenn uns nur eine einzige Beschwerde aus dem Haus erreicht …«
Sie lässt den Satz unvollendet.
»Okay«, sagt Linnéa. »Ich verstehe.«
Nicht weit von der Schule parkt ein schwarzes Auto. Viktor entriegelt es mit der Fernbedienung und geht auf die Beifahrerseite, um Minoo die Tür aufzuhalten.
Sie verspürt einen intensiven Widerwillen gegen Viktors Gentleman-Gehabe und greift selbst nach dem Türgriff. Ihre Hände berühren sich, aber Minoo ist schneller und öffnet sich selbst. Viktor lacht, und Minoo hofft, dass er an seiner eigenen Zunge erstickt.
Das Auto riecht teuer und neu. Viktor setzt sich hinter das Steuer und lässt den Motor an.
»Hast du eine Klasse wiederholt?«, fragt Minoo.
»Was meinst du?«, sagt Viktor und biegt auf die Straße ein.
»Offenbar hast du schon einen Führerschein. Hoffe ich jedenfalls. Also musst du mindestens
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