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Feuer (German Edition)

Feuer (German Edition)

Titel: Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele d'Annunzio
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bedeckte sich mit glänzenden, rasch wechselnden Bildern, wie ein Meer, das von geblähten Segeln bedeckt ist. Sein Herz litt nicht mehr. Mit dem Heraufsteigen des Lichts verbreitete sich ein herb-frisches Gefühl von Erneuerung über sein ganzes Sein. Die Glut des nächtlichen Fiebers wich völlig mit der frischen Brise. Was sich rings um ihn ereignete, ereignete sich auch in ihm. Mit dem neuen Morgen wurde er wiedergeboren.
    »Jetzt nützt dir dein Licht nichts mehr« – murmelte verschmitzt der Ruderer, indem er die Laterne an der Gondel auslöschte.
    »Über San Giovanni Decollato nach dem Canale Grande!« – rief Stelio ihm im Niedersetzen zu.
    Und während das Vorderteil der Gondel sich nach der Rio die San Giacomo dall'Orio wendete, drehte er sich um, um den Palast zu betrachten, der bleiern im Schatten lag. Ein erleuchtetes Fenster wurde dunkel, wie ein Auge, das erlischt. Sein Herz klopfte heftig, die Wollust durchströmte wieder seine Adern; Bilder von Tod und von Schmerz überwogen alle andern. Die alternde Frau war da oben allein zurückgeblieben, mit der Miene einer Sterbenden; die ernste Jungfrau bereitete sich, an den Ort ihrer Martern zurückzukehren. Er verstand es nicht, zu bemitleiden, nur zu verheißen. Aus der Überfülle seiner Kraft schöpfte er die Vorstellung, als könne er diese beiden Geschicke durch seine Freude umwandeln. Sein Herz litt nicht mehr. Jedes Bangen wich dem harmlosen Vergnügen, das die Vorgänge des erwachenden Morgens seinen Augen bereiteten. Das über die Gartenmauern wuchernde Blätterwerk, in dem die Sperlinge schon anfingen zu zwitschern, versteckte ihm Perditas Blässe. In der Wellenbewegung des Wassers verloren sich die schwellenden Lippen der Sängerin. Was sich rings um ihn ereignete, ereignete sich auch in ihm. Die Wölbung und der Widerhall der Brücken, die schwimmenden Wasserpflanzen, das Girren der Tauben waren wie sein Atem, wie seine Zuversicht und wie sein Hunger.
    »Vor dem Palazzo Vendramin-Calergi halte an« – befahl er dem Ruderer.
    Im Vorbeifahren längs einer Gartenmauer riß er ein paar zierliche Pflanzen aus, die dort zwischen den dunkelroten, in der Färbung geronnenen Blutes glänzenden Ziegelsteinen blüten. Die Blumen waren violett und so ausnehmend zart, daß man sie kaum fühlte. Er dachte an die Myrten, die am Golf von Ägina wachsen und die hart und starr sind wie eherne Stauden; er dachte an die düstern Zypressenhaine, die die steinigen Gipfel der toskanischen Hügel krönen, und an die hohen Lorbeerbäume, die die Statuen in den römischen Gärten schirmen. Bei solchem Denken erschien ihm nun die Spende dieser herbstlichen Blumen allzu kärglich für den, der es verstanden hatte, seinem Leben den großen Sieg zu verleihen, den er ihm verheißen hatte.
    »Lege an der Riva an.«
    Der Kanal war einsam, der uralte Strom des Schweigens und der Poesie. Der grünliche Himmel spiegelte sich darin mit seinen letzten, erbleichenden Sternen. Der Palazzo hatte auf den ersten Blick ein lustiges Aussehen, wie eine gemalte Wolke, die auf dem Wasser ruhte. Der Schatten, in den er noch getaucht war, hatte etwas Sammetartiges, die Schönheit einer prächtigen und weichen Sache. Und so wie sich von tiefem Sammet ein Kunstwerk abhebt, so offenbarten sich langsam die Linien der Architektur in den drei korinthischen Säulenordnungen, die mit einem Rhythmus von Kraft und von Anmut bis zum Giebel stiegen, wo Adler, edle Renner und Weinkrüge, die Sinnbilder vornehmen Lebens, mit den Rosen der Loredan abwechselten. Non nobis, Domine, non nobis.
    Das große, kranke Herz schlug hier. Das Bild des barbarischen Schöpfers tauchte von neuem auf: die blauen Augen glänzten unter der geräumigen Stirn, die von Sinnlichkeit, Stolz und Verachtung umspielten Lippen preßten sich über dem kräftigen Kinn zusammen. – Schlief er? Konnte er schlafen? Oder war er, mit all seinem Ruhme, schlaflos? – Der junge Mann dachte an die seltsamen Dinge, die er von ihm hatte erzählen hören. – War es wahr, daß er nicht anders schlafen konnte, als am Herzen seiner Frau, in engster Verschlingung mit seiner Frau, und daß er selbst im Greisenalter dieses Bedürfnis nach der Berührung der Liebe bewahrt hatte? – Er dachte an Lady Myrtas Erzählung, die in Palermo die Villa d'Angri besucht hatte, wo die Schränke des von dem Alten bewohnten Zimmers einen so betäubenden Duft von Rosenöl bewahrt hatten, daß er einem noch Schwindel erregte. Er sah den kleinen müden Körper, in

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