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Feuer (German Edition)

Feuer (German Edition)

Titel: Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele d'Annunzio
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neugebornen Seele; er hörte wieder den Klang seiner eigenen Stimme und das Brausen des Beifalls; er sah wieder das gewaltige, tausendäugige Ungeheuer, den Rumpf bedeckt mit glänzenden Schuppen, eine schwärzliche Masse unter den mächtigen goldnen Voluten; und sich selbst stellte er vor, über die Menge schwingend, wie einen konkaven klingenden Körper, von einem geheimnisvollen Willen bewohnt. Er sagte: »Mit Freude schaffen! Das ist das Attribut der Gottheit. Es ist unmöglich, auf dem Gipfel der Geistigkeit eine sieghaftere Tat auszudenken. Schon die Worte, die sie ausdrücken, haben den Glanz der Morgenröte ...«
    Er wiederholte es sich selbst, der Luft, dem Wasser, den Steinen, der alten Stadt, dem jungen Morgenlicht: »Mit Freude schaffen! Mit Freude schaffen!«
    Als die Gondel unter der Brücke durchgefahren und in den glänzenden Wasserspiegel geglitten war, hatte er in einem tiefen Atemzug mit seiner Hoffnung und seinem Mut die ganze Schönheit und die ganze Kraft seines früheren Lebens zurückgewonnen.
    »Finde mir eine Barke, Zorzi, eine Barke, die ins offene Meer geht!«
    Er brauchte einen noch weiteren Atemzug, und den Wind, den Salzgeschmack, den Meeresschaum, geblähte Segel und den dem unermeßlichen Horizonte zugewandten Bugspriet.
    »Nach der Veneta Marina, finde mir eine Fischerbarke, eine Barke aus Chioggia!«
    Er bemerkte ein großes rot und schwarzes Segel, das eben gehißt worden war, und während es den Wind auffing, sich blähte, stolz wie eine alte republikanische Standarte mit dem Löwen und dem Buch.
    »Dort! Dort! Hole sie ein, Zorzi!«
    Ungeduldig gab er mit den Händen Zeichen zu warten.
    »Ruf der Barke zu, daß sie auf mich warten soll!«
    Der Mann am Ruder, erhitzt und schweißtriefend, stieß einen Signalschrei aus, zu den Männern am Segel gewendet. Die Gondel flog wie ein Rennboot bei einer Regatta. Man hörte das Keuchen der kräftigen Brust.
    »Bravo, Zorzi!«
    Aber auch er keuchte, als ob es gelte, sein Glück zu erreichen, ein seliges Ziel, die Gewißheit eines Königreiches.
    »Wir sind durchs Ziel,« sagte der Ruderer, während er sich die kochheißen Handflächen rieb, mit einem herzlichen Lachen, das seine ganze Person zu erfrischen schien. »Seht, was für ein wunderlicher Einfall!«
    Die Bewegung, der Ton, die volkstümliche Schlagfertigkeit, die dumm-erstaunten Gesichter der Fischer, die sich über die Brüstung lehnten, der Widerschein des Segels, der das Wasser blutrot färbte, der herzhafte Geruch nach frischem Brot, der aus einem Backofen kam, der Geruch von Pech, das in einer benachbarten Werft zu sieden anfing, das laute Rufen der Arsenalarbeiter, die an ihre kriegerische Arbeit gingen, die ganze starke Ausdünstung dieses Hafens, in dem noch die alten Galeeren der durchlauchtigsten Republik verfaulten und die Panzer von Italiens Kriegsschiffen unter dem Hammer erdröhnten: alle diese harten und gesunden Dinge erweckten in dem Herzen des jungen Mannes einen Sturm von Fröhlichkeit, der sich in einem herzhaften Lachen Luft machte. Er und der Ruderer lachten einstimmig zusammen an der Breitseite der ausgebesserten und beteerten Fischerbarke, die das lebendige Aussehen eines guten Lasttieres hatte, die rauhe Haut gefurcht von Beulen und Narben.
    »Was wollt Ihr?« fragte der älteste der Schiffer, indem er sein bärtiges und verbranntes Gesicht, in dem außer einigen weißen Stoppeln und den grauen Augen unter den vom Salzwind umgestülpten Lidern nichts Helles war, dem schallenden Gelächter zuwandte. »Was wollt Ihr, Herr?«
    Das Großsegel schlug und knarrte wie eine Fahne.
    »Der Herr möchte an Bord steigen« – erklärte Zorzi.
    Der Mastbaum kreischte von oben bis unten.
    »Er soll nur heraufkommen; da braucht's nichts weiter!« meinte der Älteste einfach; und er wendete sich um, um die Strickleiter zu nehmen.
    Er befestigte sie in halber Hohe hinten am Schiff. Sie war aus einigen abgenützten Pflöcken und einem einzigen am Ende geteilten, mürben Strick verfertigt. Aber selbst diese schien Stelio, wie alle Einzelheiten des plumpen Schiffes, eine merkwürdig lebendige Sache. Als er seinen Fuß darauf setzte, schämte er sich förmlich seiner glänzenden und seinen Schuhe. Die große harte, mit blauen Figuren tätowierte Hand des Schiffers half nach und zog ihn mit einem Ruck an Bord.
    »Die Trauben und Feigen, Zorzi!«
    Der Ruderer reichte ihm von der Gondel aus die Schüssel aus Weinblättern.
    »Möge es sich Euch in Blut verwandeln!«
    »Und das

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