Feuer (German Edition)
kann ich tun? was kann ich für dich tun? Sage es mir!«
Irgendeine wunderbare Probe, ein unerhörter und übermenschlicher Beweis ihrer Liebe schwebte ihr vor. »Dienen, dienen!« Sie wünschte sich die Welt, um sie ihm darzubieten.
»Was willst du? Sage es mir! Was kann ich für dich tun?«
»Mich lieben, mich lieben.«
»Meine Liebe ist traurig, armer Freund!«
»Sie ist vollkommen, sie macht mein Leben überreich.«
»Du bist jung ...«
»Ich liebe dich.«
»Du müßtest über Kräfte herrschen, die dir gleichen ...«
»Du steigerst meine Kraft und meine Hoffnung, jeden Tag. Mein Blut wird reicher, wenn ich in deiner Nähe bin und du schweigst. Dann werden in mir Dinge geboren, die dich noch in Erstaunen setzen sollen. Du bist mir notwendig.«
»Sag das nicht!«
»Jeden Tag gibst du mir die Sicherheit, daß alle Verheißungen mir erfüllt werden sollen.«
»Ja, du wirst ein schönes Geschick haben. Für dich fürchte ich nicht. Du bist sicher. Keine Gefahr kann dich schrecken; kann sich dir in den Weg stellen ... Ach, lieben zu können ohne zu fürchten! Wer liebt, fürchtet. Ich fürchte nicht für dich. Du erscheinst mir unbesieglich. Dank auch hierfür!«
Sie zeigte ihm ihren tiefen Glauben wie ihre unbegrenzte, flammende Leidenschaft. Lange Zeit hatte sie, selbst in der Glut ihrer Kämpfe und in den Wechselfällen ihres Wanderlebens, die Augen fest auf diese junge, sieghafte Existenz gerichtet gehalten, wie auf eine ideale Form, aus der Läuterung ihres eigenen Wunsches geboren. Mehr als einmal hatte sie in der Traurigkeit nichtiger Liebschaften und in der Würde des selbstauferlegten Verzichtes gedacht: ›Ach, wenn am Ende all meines Mutes, der sich an Stürmen gehärtet hat, wenn am Ende all der starken und klaren Dinge, die der Schmerz und die Empörung im Grunde meiner Seele offenbart haben, wenn aus dem Besten in mir eines Tages für dich die Flügel wachsen könnten für deinen höchsten Flug!‹ Mehr als einmal hatte sich ihre Schwermut berauscht an einem fast heldischen Vorgefühl. Sie hatte zuweilen ihre Seele dem Zwang der Gewalt unterworfen, sie hatte sie zuweilen emporgehoben zur steilsten Höhe sittlicher Schönheit, sie hatte sie zu schmerzendem und reinem Tun geleitet, nur um das zu verdienen, was sie zugleich hoffte und fürchtete, nur um sich würdig zu fühlen, ihre Knechtschaft dem anzubieten, der darauf brannte, zu siegen.
Und jetzt war sie durch einen heftigen und plötzlichen Stoß des Geschicks gegen ihn geschleudert worden wie ein brünstiges Weibchen, mit ihrem ganzen bebenden Fleisch. Sie hatte sich ihm vermischt mit ihrem hitzigsten Blute. Sie hatte ihn auf ihrem Kissen den bleiernen Schlaf nach den Erschöpfungen der Liebe schlafen sehen; sie hatte das plötzliche Auffahren aus dem Schlafe an seiner Seite kennen gelernt und die Unmöglichkeit, die müden Augenlider wieder zu schließen, gepeinigt von der grausamen Furcht und der Verzweiflung, er könnte sie schlafend betrachten und in ihrem Gesicht die Spuren der Jahre suchen, er könnte Widerwillen davor empfinden und sich nach einer frischen, unerfahrenen Jugend sehnen.
»Nichts kann das aufwiegen,was du mir gibst« – sagte Stelio, indem er ihren Arm preßte und mit den Fingern in dem Handschuh ihr nacktes Handgelenk suchte, in einem fast wahnsinnigen Bedürfnis, das Pulsieren dieses ihm geweihten Lebens zu spüren und das Klopfen dieses treuen Herzens, hier an dem trübseligen Ort, an dem sie gingen, unter dem schmutzigen Rauch, der sie einhüllte und das Geräusch ihrer Schritte dämpfte. – »Nichts kommt dieser Sicherheit gleich, nun nicht mehr allein zu sein bis zum Tode.«
»Ach, du fühlst es also, du weißt es, daß dies für immer ist!« – rief sie in einem Ausbruch von Freude, bei diesem Triumph ihrer Liebe. – »Für immer, was auch immer komme, wohin dich dein Schicksal führe, auf welche Weise du auch immer wünschen mögest, daß ich dir diene, Stelio, von nahe, von ferne ...«
Durch die rauchige Luft drang ein eintöniges Durcheinander von Stimmen, die sie erkannte. Es war der Chor der Sperlinge, die im Garten der Gräfin Glanegg auf den großen sterbenden Bäumen ihre Versammlung abhielten. Das Wort erstarb ihr auf den Lippen. Instinktiv wendete sie sich ab und zog den Freund mit sich auf eine andere Seite.
»Wohin gehen wir?« – fragte er, durch die plötzliche Bewegung seiner Gefährtin und durch die unerwartete Unterbrechung, die wie das Ende einer Bezauberung oder einer Musik war,
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