Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns
ich nostalgisch war. Ich schaute alte Klamotten durch und entdeckte, dass ich wieder in Hosen passte, die ich seit meinem Abschlussjahr in der Highschool nur noch bis auf halbe Höhe hatte ziehen können. Irgendetwas muss ich richtig machen , dachte ich fröhlich.
Bald würde ich aus erster Hand lernen, dass diese Art Erkrankung häufig auf- und abebbt, sodass der Erkrankte überzeugt ist, dass Schlimmste sei vorüber, während sie sich nur eine Zeit lang zurückzieht, um dann wieder zuzuschlagen.
Kapitel 6
America’s Most Wanted
A m folgenden Dienstagvormittag in der Arbeit klingelte mein Telefon. Es war Steve. Er schien mir meine erneute Abwesenheit und zur Schau gestellte Unfähigkeit verziehen zu haben oder hatte zumindest beschlossen, mir eine neue Chance zu geben: »Ich möchte gerne, dass du morgen Vormittag John Walsh interviewst, wenn er zu einem Fox-News-Interview kommt. Er arbeitet an einer neuen Episode über Drogen schmuggelnde Unterseeboote, und ich denke, das könnte einen recht amüsanten Aufmacher geben.«
»Ja klar«, antwortete ich und versuchte, die Begeisterung, die sonst ganz von alleine gekommen war, aufzubringen. Es klang aufregend, den Showmaster von America’s Most Wanted zu interviewen, aber mir schien, ich könne mich nicht darauf konzentrieren. Das Erste, was ich zu tun hatte, war, Clips früherer Sendungen anzusehen, daher rief ich Liz an, die Bibliothekarin der Post . Tagsüber sucht sie Bilder und Texte heraus und abends ist sie Wicca-Priesterin. Unerklärlicherweise bat ich sie anstelle einer Bildbeschaffung darum, mir die Tarotkarten zu legen.
»Dann schau einfach vorbei«, antwortete sie träge.
Liz praktizierte moderne Hexerei mit Kerzen, Zaubersprüchen und Zaubertrank. Vor Kurzem war sie zur Hohepriesterin dritten Grades ernannt worden, was bedeutete, dass sie diese Kunst lehren durfte. Sie trug reihenweise Pentakel und fließende Kleider im Stevie-Nicks-Stil und im Winter sogar einen schwarzen Umhang. Sie roch nach Weihrauch und Patschuli, hatte Schlupflider und einen vertrauenswürdigen Hundeblick. Ihre Energie hatte etwas Anziehendes, und trotz meiner angeborenen Skepsis gegenüber Hexerei und Religion ganz allgemein stellte ich fest, dass ich gerne daran glauben wollte.
»Ich brauche deine Hilfe«, sagte ich. »Es läuft nicht gut bei mir. Willst du mir die Karten legen?«
»Hmmm«, antwortete sie, während sie einen Satz Tarotkarten auslegte. »Hmmm.« Sie zog jede Silbe in die Länge. »Ich sehe Gutes. Positives. Du wirst etwas in der Art eines Jobwechsels haben. Freiberuflich außerhalb der Post . Finanziell sehe ich gute Zeiten auf dich zukommen.«
Während ich mich auf ihre Worte konzentrierte, durchströmten mich Wellen der Ruhe. Ich hatte jemanden gebraucht, der mir sagte, dass es mir gut gehen würde, dass diese merkwürdigen Rückschläge nur kleine Ausreißer auf dem Radar meines Lebens waren. Rückblickend mag Liz nicht die richtige Person gewesen sein, um mir diese Art Beruhigung zu geben.
»Oh Mann. Ich fühle mich, als würde ich schweben«, fügte Liz hinzu.
»Ja, ich auch«, antwortete ich.
Als ich an meinen Schreibtisch zurückkam, sah Angela deprimiert aus. Ein Reporterkollege der Post, unser hauseigenes Allroundtalent, der über alle möglichen Themen für das Blatt berichtete, war an einem Melanom verstorben. In der Redaktion machte eine E-Mail die Runde, in der die Einzelheiten zur Beerdigung an diesem Freitag standen. Er war nur 53 Jahre alt geworden. Das rief mir meine eigene Melanom-Diagnose wieder ins Gedächtnis und für den Rest des Tages, sogar als ich über John Walsh hätte recherchieren müssen, gelang es mir nicht, diese traurige Nachricht aus meinem Kopf zu verbannen.
Am nächsten Morgen nutzte ich nach einer weiteren schlaflosen Nacht die kurze verbleibende Zeit, in der ich mich auf das Interview hätte vorbereiten können, stattdessen damit, in Google nach den Rückfallraten bei Melanomerkrankungen zu suchen. Ich war um 9.50 Uhr völlig unvorbereitet, als ich mich auf den Weg machte, um Walsh trotzdem in einem leeren Büro am Ende des Gangs zu treffen, und hoffte, ich würde improvisieren können. Als ich durch den Korridor ging, rückten mir die gerahmten Titelseiten der Post immer näher, wobei sich die Schlagzeilen zusammenzogen und wieder ausdehnten.
BILL HAT MICH BETROGEN!
RAUMSCHIFF EXPLODIERT WÄHREND DES FLUGES, ALLE 7 TOT
DIANA IST TOT
THE KINK AND I
CHILLARY
Die Zeitungsseiten um mich herum atmeten sichtbar ein
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