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Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
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Exquisites an sich zu haben; er war gleichzeitig entnervend und überwältigend. Die Begeisterung hielt jedoch nur einen Augenblick an, da nahm links neben mir die sich bewegende Schrift »Willkommen auf dem Times Square« meine Aufmerksamkeit in Anspruch und verursachte mir mitten auf der Straße einen Würgreiz. M&Ms drehten linkerhand auf einer animierten Reklamefläche Pirouetten vor mir, was in meinen Schläfen eine heftige Migräne auslöste. Hilflos angesichts dieser Attacke, bedeckte ich meine Augen mit den Händen, an denen ich keine Handschuhe trug, stolperte die 48th Street hinauf, als sei ich soeben todesmutig einer Achterbahn entstiegen, bis ich die Redaktionsräume betrat, wo ich die Lichter auch noch als hell, aber weniger aggressiv empfand.
    »Angela, ich muss dir etwas Seltsames erzählen«, flüsterte ich, besorgt, es könnte jemand zuhören und denken, ich sei verrückt. »Ich sehe helle Farben. Die Farben tun mir in den Augen weh.«
    »Was meinst du?«, fragte sie mit einem offensichtlich besorgten Lächeln. Mein Verhalten war jeden Tag unberechenbarer geworden. Erst an diesem Morgen jedoch begann mein Gefasel, sie zu ängstigen.
    »Times Square. Die Farben, die Reklameflächen: Sie sind so hell. Heller als alles, was ich bisher gesehen habe.«
    »Du musst wirklich ziemlich verkatert sein.« Sie lachte nervös.
    »Ich habe nichts getrunken. Ich glaube, ich verliere den Verstand.«
    »Wenn du wirklich diese Sorge hast, solltest du zu einem Arzt gehen.«
    Mit mir stimmt etwas nicht. So handelt nur jemand, der verrückt ist.
    Frustriert über meine Unfähigkeit mitzuteilen, was mit mir geschah, hämmerte ich auf meiner Tastatur. Der Computer leuchtete zurück, hell und wütend. Ich schaute zu Angela, ob sie es auch sah, aber sie war mit ihrer E-Mail beschäftigt.
    »Ich kann das nicht!«, rief ich aus.
    »Susannah, Susannah. Hey, was ist los?«, fragte Angela, von diesem Ausbruch überrascht. Ich war nie theatralisch gewesen und nun starrten mich alle an, ich fühlte mich gedemütigt und bloßgestellt, heiße Tränen rannen über mein Gesicht und auf meine Bluse. »Warum weinst du?«
    Ich tat die Frage mit einem Achselzucken ab, zu beschämt, um näher auf Details eingehen zu können, die ich selbst nicht verstand.
    »Möchtest du rausgehen, einen Spaziergang machen oder so? Einen Kaffee holen?«
    »Nein, nein. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich bin total fertig. Ich weine ohne Grund«, schluchzte ich. Als der Weinkrampf meinen gesamten Körper ergriff, war ich komplett darin gefangen. Je mehr ich mich dazu bringen wollte aufzuhören, desto stärker wurde das Gefühl. Was verursachte diese Hysterie? Ich konzentrierte mich auf alles, was mein Geist begreifen konnte, zerpflückte nebensächliche Details meines Lebens, alles, was sich ungewiss anfühlte . Ich bin schlecht in meinem Job. Stephen liebt mich nicht. Ich bin fertig. Ich bin verrückt. Ich bin dumm. In dem Moment kamen viele schwarz gekleidete Kollegen von der Beerdigung des Reporters ins Büro zurück, an der ich nicht teilgenommen hatte, weil ich zu sehr mit meinen eigenen Problemen beschäftigt war. War das der Grund für mein Weinen? Ich kannte den Mann kaum. Weinte ich wegen mir? Wegen der Möglichkeit, ich könnte die Nächste sein?
    Eine andere Reporterin, die direkt gegenüber von Angela saß, drehte sich herum. »Susannah, ist alles in Ordnung mit dir?«
    Ich hasste die Aufmerksamkeit. Ich warf ihr einen höhnischen Blick zu, voller Abscheu. »Hör auf damit.«
    Die Tränen liefen noch immer über mein Gesicht, aber ich war überrascht festzustellen, dass ich plötzlich nicht mehr traurig war. Es ging mir gut. Nicht gut. Ich war glücklich. Nein, nicht glücklich, erhaben, besser, als ich mich je in meinem Leben gefühlt hatte. Die Tränen flossen weiter, aber nun lachte ich. Ein warmer Impuls schoss meine Wirbelsäule entlang. Ich wollte tanzen oder singen, irgendetwas tun, außer hier zu sitzen und mich in eingebildetem Kummer zu suhlen. Ich lief zur Toilette, um mir etwas Wasser ins Gesicht zu spritzen. Als das kalte Wasser floss, sahen die Toilettenzellen plötzlich seltsam für mich aus. Wie konnte es sein, dass die Zivilisation so weit gekommen war, wir aber noch immer in so enger Nähe zueinander defäkieren mussten? Ich blickte auf die Zellen und als ich Toilettenspülungen hörte, konnte ich nicht glauben, dass ich jemals eine solche Toilette benutzt hatte.
    Als ich mit inzwischen relativ stabilen Emotionen zu meinem

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