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Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
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Mutter und Allen waren sich 30 Jahre zuvor im Büro des Staatsanwalts begegnet, lange bevor sie meinen Vater heiratete. Allen hatte mit seiner Loyalität und Ergebenheit ihre Freundschaft gewonnen. Schließlich wurde er innerhalb und außerhalb des Büros des Staatsanwalts und durch die Scheidung von meinem Vater ihr wichtigster Vertrauter. Allens Bruder war schizophren, was dazu geführt hatte, dass sich Allen in sich selbst zurückgezogen hatte, nur wenige enge Freundschaften unterhielt und überwiegend in seiner eigenen Welt lebte. In Gesellschaft seiner engsten Lieben war er lebhaft, gestikulierte wild mit den Händen und sein schallendes Lachen war ansteckend; gegenüber Außenstehenden konnte er sehr still und zurückhaltend sein, was so weit ging, dass er unfreundlich wirken konnte. Seine Wärme und Ruhe, ganz zu schweigen von seiner Erfahrung mit einer Geisteskrankheit, sollte sich in den kommenden Wochen als außerordentlich wertvoll erweisen.
    Vor meinem Krampfanfall hatten er und Mama anhand der wenigen Dinge, die sie über die Monate meines seltsamen Verhaltens wussten, eine Theorie entwickelt. Sie vermuteten, ich hätte einen Nervenzusammenbruch, ausgelöst durch Stress in der Arbeit und die Verantwortung, alleine zu leben. Der Anfall passte jedoch nicht in dieses Szenario, daher waren sie nun noch besorgter. Nach einigem Hin und Her beschlossen sie, es sei das Sicherste für mich, zu ihnen nach Summit, New Jersey, nach Hause zu kommen, wo sie sich um mich kümmern könnten.
    Stephen, meine Mama und Allen versuchten mit verschiedenen Taktiken, mich aus dem Bett zu locken, aber ich weigerte mich, mich vom Fleck zu rühren. Für mich war es das Wichtigste, in meiner eigenen Wohnung zu bleiben, egal wie. Wenn ich in mein Elternhaus zurückginge, würde ich mich fühlen wie ein Kind. So dringend ich Hilfe brauchte, war sie das Letzte, was ich wollte. Irgendwie jedoch schafften sie es mit vereinten Kräften, mich aus dem Haus und in ihren Subaru zu bekommen.
    Summit, vom Money Magazine als einer der Orte Amerikas genannt, wo es sich am besten leben lässt, ist ein wohlhabender Vorort, 20 Meilen von Manhattan entfernt, ein Paradies für WASPs 4 und Wall-Street-Banker, die innerhalb dieser sechs Quadratmeilen in den zahlreichen Country-Klubs zusammenkommen. Wir waren 1996 von Brooklyn dort hingezogen, aber auch wenn es ein idealer Ort zum Aufwachsen war, hatte unsere Familie nie so richtig dorthin gepasst. In einem Viertel mit weißen Häusern hatte meine Mutter unser Haus in Lavendel-Grau-Violett angestrichen, was eine meiner Klassenkameradinnen in der sechsten Klasse zu dem Kommentar veranlasst hatte: »Meine Mama sagt, dass du auch noch Tupfen kriegen wirst!« Schließlich änderte meine Mutter die Farbe in ein weniger schockierendes Blaugrau.
    Anstatt mich jedoch aus Nostalgie, wieder im Haus meiner Kindheit zu sein, zu entspannen, fing ich in den kommenden Tagen, als ich mich in dem Haus in Summit einrichtete, an, mich nur umso heftiger an das Leben in Manhattan zu klammern, das ich zurückgelassen hatte. Sonntagnachmittag war ich wie besessen davon, den überfälligen Artikel mit einer recht einfachen Story über eine Tanztruppe abzugeben, die ihre Premiere Off-Broadway hatte, sich selbst »Krüppel« nannte und aus behinderten Künstlern bestand.
    »Sie sind keine typischen Tänzer«, fing ich an. Unzufrieden mit der Zeile, löschte ich sie wieder. In der nächsten halben Stunde schrieb ich denselben Satz, löschte ihn und schrieb ihn wieder, bis ich aufgab und anfing, auf und ab zu gehen und so versuchte, mich aus der Schreibblockade zu lösen. Ich begab mich ins Wohnzimmer, wo Mama und Allen vor dem Fernseher saßen, ich war verzweifelt und wollte ihnen über meine neuerlichen Probleme mit den Wörtern berichten. Also ich jedoch dort war, erinnerte ich mich nicht, warum ich gekommen war.
    Aus dem Fernseher ertönte in voller Lautstärke die Titelmelodie ihrer Lieblingssendung, der Arztserie Dr. House. Sekunden später wurde das normalerweise gedämpfte Grün der Couch unerträglich grell.
    Dann schien sich das Zimmer rhythmisch zu bewegen und zu atmen, wie der Korridor im Büro.
    Ich hörte die schrille und weit entfernte Stimme meiner Mutter: »Susannah, Susannah. Hörst du mich?«
    Das Nächste, was ich weiß, ist, dass meine Mutter neben mir auf der Couch saß und meine Füße rubbelte, die sich in einem schmerzhaften Muskelkrampf zusammengezogen hatten. Hilflos schaute ich zu ihr auf. Sie sagte:

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