Feuer in eisblauen Augen
Emily und strahlte.
“Ja, klar.” Annie schaute auf ihre Armbanduhr. Schon Viertel nach acht. Himmel, die Zeit war so schnell vergangen, gleich kam Mr Perfect, dem wollte sie nicht über den Weg laufen. Annie gab dem Kind hastig einen Gutenachtkuss und ging über den Flur in ihr Zimmer. So, hier war sie in Sicherheit. In wenigen Minuten hatte sie ihren Rucksack ausgepackt und die Sachen eingeräumt. Sie schüttelte noch einmal die Kissen auf und strich die Bettdecke glatt. Da fiel ihr Blick auf den Wecker. Den musste sie unbedingt stellen. Typisch für dieses Haus, ein wahnsinnig kompliziertes Ding. Annie hantierte so lange damit herum, bis sie das Gefühl hatte, dass er sie pünktlich um Viertel vor sieben wecken würde. Sie hörte, dass Mark seiner Nichte eine Gute Nacht wünschte und leise die Treppe hinunterging.
Annie grübelte. Wie sollte sie nur den Abend verbringen? Üblicherweise ging sie erst gegen Mitternacht ins Bett und schlief mindestens bis acht Uhr. Ob sie ausgehen sollte? Aber den Gedanken verwarf sie schnell, weil sie dann den Türcode eingeben müsste. Sie schnappte sich ihren Reiseführer über Asien, um darin zu lesen. Die Aussicht, alle diese Orte bald selbst zu sehen, die hier in den lebhaftesten Farben beschrieben wurden, faszinierte sie jedes Mal so sehr, dass sie ihre Umgebung für gewöhnlich ganz vergaß.
Aber heute war es anders. Sie konnte sich nicht konzentrieren. Ihre Gedanken schweiften immer wieder zu dem tapferen kleinen Mädchen und dem Ex-Mountie. Emily weckte Gefühle in ihr, die sie bis jetzt noch nie empfunden hatte. Ob das so etwas wie mütterliche Beschützerinstinkte waren? Mark weckte ganz andere Gefühle in ihr, und die waren keineswegs mütterlich.
Annie seufzte, warf das Buch zur Seite und ging zum Fenster. “Wie entsetzlich”, stöhnte sie. Sie sah auf das riesige verschlossene Eingangstor und einen Teil des hohen Zauns, der das Grundstück umschloss. Sie kam sich vor wie im Gefängnis. Wenn ich noch länger hier oben im Zimmer bleibe, werde ich noch verrückt, dachte sie und entschloss sich, leise ins Wohnzimmer zu gehen und den Fernseher einzuschalten. Mr Perfect hatte ganz bestimmt ein Videogerät und einige interessante alte Filme. Wenn sie den Ton ganz leise stellen würde, bekäme Mark auch gar nicht mit, dass sie unten war.
Auf leisen Sohlen schlich Annie die Treppe hinunter. Sie musste an der Küche vorbei, um ins Wohnzimmer zu kommen. An der offenen Tür blieb sie stehen und sah zu ihrer Überraschung Mark, der mit stillem Vergnügen in ein riesiges Sandwich biss. Vor ihm auf der Anrichte stand – ordentlich in einer Reihe – alles, was er anscheinend für sein Jumbosandwich gebraucht hatte: ein Glas saure Gurken, Delikatessmayonnaise, ein großes Stück Käse und ein paar Scheiben Schinken. Annie blieb stehen und sah ihm fasziniert zu. Es war amüsant, ihn so entspannt zu sehen.
Hatte sie sich bewegt? Mark hörte plötzlich auf zu essen und sah hoch. Annie hätte am liebsten laut gelacht. Er sah aus wie ein kleiner Junge, der bei etwas Verbotenem ertappt worden war. “Mein Essen hat Ihnen anscheinend doch nicht so gut geschmeckt?”, fragte sie amüsiert.
“Nein. Ich meine …” stotterte er verlegen und wischte sich den Mund ab. “Abends habe ich immer ziemlichen Hunger. Möchten Sie auch ein Sandwich? Ich kann das prima, meine Sandwiches sind fantastisch”, erklärte er stolz.
Annie spürte wieder die knisternde Spannung zwischen ihnen. Sie schüttelte den Kopf. “Ich esse nie zwischendurch”, antwortete sie lächelnd.
“Das ist meine wichtigste Mahlzeit am Tage”, erklärte er ihr. Er war viel zu höflich, weiterzuessen, und wartete. Die Pause wurde unangenehm lang. “Wollten Sie sich Tee machen oder sonst irgendetwas?”
“Nein, ich wollte mir eigentlich einen Film ansehen, wenn Sie irgendetwas Nettes dahaben.”
“Ach so. Da sind Sie bei mir richtig. Ich habe bestimmt die beste Krimisammlung dieser Stadt. Schauen Sie sich nur um.”
Annie lächelte höflich. “Haben sie keine anderen Filme?”
“Ach, vielleicht habe ich auch noch ein paar aufregende Spionagefilme.”
Annie fiel nicht darauf herein, denn er sah sie zu betont unschuldig an. Sie spürte, dass er sie auf den Arm nahm, denn sie hatte ihm ja schon von ihrer Vorliebe für alte Liebesfilme bei ihrer ersten Begegnung erzählt. “Also gut, dann werde ich mal zwischen den Sportillustrierten suchen.”
Mark lachte. “Die Videos stehen im Bücherschrank. Wenn Sie
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