Feuer in eisblauen Augen
den Strand gehen könnten. Ich habe einen Picknickkorb gepackt, und es ist genug zu essen und zu trinken da. Auch an ein Frisbee habe ich gedacht. Du könntest ja auch einige Schulfreundinnen dazu einladen.”
“Wir gehen an den Strand?”, fragte Emily. Sie strahlte übers ganze Gesicht. “Muss ich denn jetzt nicht auf der Geige üben?”
“Das kannst du später immer noch machen, wenn die Sonne untergeht. Es regnet hier so viel, dass man einen Tag wie diesen unbedingt ausnutzen muss.”
Nachdenklich biss Emily sich auf die Unterlippe. “Ich muss aber noch etwas lesen, und meine Matheaufgaben habe ich auch noch nicht fertig.”
“Also gut, du wirst erst deine Schulaufgaben erledigen, und dann spielen wir. Komm jetzt, wir gehen und werden eine Menge Spaß haben.”
“Okay.”
“Willst du keine Freunde einladen?”
Emily schaute zu ihren Klassenkameraden, die laut lachend über den Schulhof kamen. Dann schüttelte sie den Kopf. “Können wir nicht einfach allein gehen?”
“Ja, klar, abgemacht.”
In wenigen Minuten saßen sie in Annies Auto. Annie legte noch ein Tuch über die leckeren Sachen im Picknickkorb. Dann setzte sie ihre Baseballkappe auf und los ging die Fahrt. Wie Annie versprochen hatte, übten sie zuerst Mathe und machten die Aufgaben, dann las Emily ihr das Kapitel aus dem Buch vor. Danach tollten sie im Sand und spielten Frisbee. Als sie hungrig wurden, aßen sie nach Herzenslust und tranken dazu Limonade. Danach tobten sie noch ein wenig am Strand und gingen sogar vorsichtig mit den Füßen in das eiskalte Wasser des Pazifiks. Die Stunden vergingen viel zu schnell, und es wurde Zeit, dass sie sich auf den Heimweg machten. Es war fast sechs, als sie sich langsam Fort Knox näherten. Annie überlegte, was sie zum Abendessen machen sollte.
“Magst du Tofu?”, fragte sie Emily.
Die sah sie grübelnd an. “Ich glaube nicht.”
Annie versuchte, Emily davon zu überzeugen, wie gesund Sojaprodukte waren. Dabei verging die Fahrt schnell, und schon hielten sie gut gelaunt und lachend vor dem großen Tor. Da fiel Annie mit Schrecken ein, dass sie den Code vergessen hatte. Nachdenklich sah sie Emily an. “Du weißt nicht zufällig den Code für dieses Tor?”
“Nein, denn ich darf nicht allein weggehen.”
Als Annie sich entschloss, einfach einen Versuch zu machen, schwang das große Tor langsam auf. Und vor ihnen stand, wütend wie ein Rachegott, Mark. Hätte Emily nicht neben ihr gesessen, wäre Annie auf der Stellte davongebraust.
Sie fuhr langsam durch das Tor und parkte neben seinem Wagen. Woher wusste er, dass sie den Code vergessen hatte?
“Hi, Onkel Mark. Wir hatten einen tollen Nachmittag. Annie ist mit mir an den Strand gefahren”, erzählte Emily.
Mark sah seine Nichte an. “Das ist wunderschön, Em. Würdest du jetzt bitte ins Haus gehen? Ich muss mit Annie reden.”
Das Kind sah verunsichert von einem zum andern.
“Es ist alles in Ordnung, Em. Gleich bekommst du dein Tofugericht und hast es aufgegessen, bevor du es richtig gemerkt hast.”
Mark wartete, bis Emily ins Haus gegangen war, dann sah er Annie zornig an. “Wie konnten Sie so etwas tun?”
“Es tut mir leid, aber ich war noch nie gut mit Zahlen.”
Annie hörte, dass er mit den Zähnen knirschte. “Sie brauchten doch gar keine Zahlen, um mich anzurufen. Sie mussten doch nur einen Knopf drücken. Das war doch idiotensicher.”
Oh je! Erst jetzt wusste Annie, warum Mark so außer sich war. Sie hatte vergessen, ihn um halb vier anzurufen. “Es tut mir leid, ich habe es vergessen.”
“Ich wäre ja bereit Ihnen zu vergeben, wenn Sie sich wenigstens übers Handy gemeldet hätten.”
“Das hat überhaupt nicht geklingelt.” Was bildete sich dieser überhebliche Typ eigentlich ein? “Vielleicht sollten Sie Ihre elektronischen Geräte erst einmal überprüfen lassen, ehe Sie mir alle Schuld in die Schuhe schieben.”
Er zog das Handy aus der Jacke und hielt es ihr unter die Nase. “Hier, ich weiß, dass es geklingelt hat.”
“Okay. Ich habe vergessen, es mitzunehmen”, sagte sie kleinlaut. Annie war jetzt ziemlich sauer. “Emily hatte einen wunderschönen Nachmittag, und bei mir ist sie sicher. Meinen Sie nicht, dass Sie Ihre Sicherheitsvorkehrungen etwas übertreiben? Ich bin bereit, Emily zu beschützen, aber nicht, ihren Gefängniswärter zu spielen.”
Annie sah, dass Mark sich große Sorgen gemacht hatte. Aber das war wirklich übertrieben. Annie wünschte, sie könnte ihm helfen, ein
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