Feuer in eisblauen Augen
Annie. Ich kann ihn unmöglich auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus im Auto lassen. Ich weiß doch gar nicht, wie lange die Untersuchungen dauern werden.”
Annie war enttäuscht, aber Mark hatte recht. Sie nickte. “Okay, dann werde ich uns etwas zu essen machen.” Sie lächelte Emily an. “Irgendetwas mit ganz viel Tofu.”
Annie half Mark noch, das Mädchen bequem auf dem Rücksitz festzuschnallen, und winkte dem Wagen so lange hinterher, bis er nicht mehr zu sehen war. Dann nahm sie Kitsu an die kurze Leine. Der schien sich auf den Spaziergang mit ihr zu freuen und wedelte fröhlich mit dem Schwanz. “Sei schön brav.”
Sie würden noch einmal über die Wiese mit den spielenden Eichhörnchen gehen müssen. “Falls du wieder hinter deiner Beute herjagen solltest, dann werde ich dich einfach rennen lassen. Ich komm dir nicht nachgelaufen.” Es war nicht sehr wahrscheinlich, dass der Hund verstehen konnte, was sie gesagt hatte, aber er lief ganz brav neben ihr. Vielleicht war er auch nur erschöpft.
Annie ging zuerst zu dem Campingwagen, wo sie ihre Sachen gelassen hatte. Als sie ihre Habseligkeiten eingesammelt hatte, wollte sie über den Parkplatz zu ihrem Auto gehen. Plötzlich kam von irgendwoher ein angetrunkener Mann, der sich ihr schwankend in den Weg stellte. “Komm, Baby, hast du nicht Lust mit mir zu feiern?”, lallte er.
“Danke sehr, das ist ein verlockendes Angebot, aber ich habe andere Pläne.”
Der Typ ließ sich aber nicht bremsen, sondern kam immer näher, bis sein Blick auf Kitsu fiel. Der Hund machte einen furchterregenden Eindruck. Er stand unbeweglich, bleckte die Zähne und knurrte gefährlich. Zu Annies Erleichterung ergriff der Mann die Flucht.
“Du bist wirklich ein toller Hund”, sagte sie bewundernd und kraulte dem Hund das Fell. “So, jetzt ab ins Auto, ich weiß ja, dass es bei mir sehr eng ist, aber dieses eine Mal wirst du das schon aushalten.” Mit einem Satz war Kitsu im Auto. Als Annie nach vorn ging und die Fahrertür öffnete, musste sie herzlich lachen. Kitsu saß auf dem Beifahrersitz und man hätte fast meinen können, dass er grinste. “Na ja”, sagte Annie gut gelaunt. “Heute hast du dir den Ehrenplatz neben mir redlich verdient”, sagte sie und streichelte ihn. Kitsu fuhr ihr mit der Zunge übers Gesicht.
“Okay, Kitsu, jetzt lass uns nach Hause fahren.”
Unterwegs hielt Annie jedoch noch bei verschiedenen Geschäften, um etwas einzukaufen.
Wie kann ich Annie nur davon abbringen zu gehen, fragte sich Mark zum wiederholten Mal.
“Was murmelst du denn, Onkel Mark?”, fragte Emily mit schläfriger Stimme. Sie hatte Tabletten bekommen, die die von der Zerrung herrührenden Schmerzen erträglicher machen sollten. Morgen würde Mark ihr Krücken besorgen, denn der Fuß war mit einem dicken Verband umwickelt, und das Bein durfte nicht belastet werden.
Mark stöhnte. “Wie können wir Annie nur davon abhalten, uns zu verlassen?”
“Bis jetzt hast du aber immer gesagt, wir müssen Annie gehen lassen.” Mark sah im Rückspiegel, dass Emily ihn nachdenklich anblickte.
“Das ist richtig, aber ich habe meine Meinung geändert.”
Emily schwieg einen Moment. “Vielleicht könnten wir am Flughafen anrufen und sagen, Annie wäre eine gefährliche Kriminelle, sie dürfe das Land nicht verlassen. Das habe ich in einem Krimi gesehen, den ich mit Annie angeschaut habe.”
“Nicht schlecht, Emily. Nur ist das leider eine strafbare Handlung.”
“Wir könnten auch ihren Pass stehlen.”
“Oh, ich glaube, ich muss gut auf dich aufpassen, damit du nicht auf die schiefe Bahn kommst.”
“Also, dann lass du doch mal deine Vorschläge hören!”
“Wir könnten Kitsu dazu bringen, sie zu bewachen. Das könnte funktionieren, wenn kein Eichhörnchen irgendwo auftaucht.”
“Oh Onkel Mark, jetzt weiß ich etwas ganz Tolles”, schrie Emily begeistert. “Wir könnten alle ihre Kleider verstecken.” Emily überschlug sich fast vor sprühenden Einfällen. Die Zeit war dabei so schnell vergangen, dass sie sich beide wunderten, als sie durch das große Tor aufs Grundstück fuhren.
Da verflog die übermütige Stimmung der beiden, und sie wurden still. Es war so herrlich gewesen, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und sich auszumalen, was sie alles tun könnten, um Annie zum Bleiben zu bewegen. Aber die Realität holte sie jetzt ein, und die war ernst und traurig.
Oder vielleicht doch nicht?
Mark hob Emily aus dem Wagen und trug sie die Stufen zum
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