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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nächsten Sturm überstehen.
    Er fuhr am Ende der Straße nicht wieder zurück, sondern bog nach links in eine der wenigen schmalen Seitengässchen ein. Die Häuser wurden noch kleiner, gingen dann aber in eine Art Neubaugebiet über, das zwar ansehnlicher war, nach Wills Meinung aber für Leute wie die Schmidts ebenso wenig in Frage kam Die Straße war ebenso leer wie der Rest des Ortes. Vielleicht wohnte hier ja auch niemand.
    So ungern er es zugab, er hatte nur zwei Möglichkeiten: Er konnte aufgeben und zurückfahren oder jemanden nach den Schmidts fragen. Die eine Möglichkeit gefiel ihm so wenig wie die andere. Er konnte natürlich auch weiter im Kreis herumfahren, bis der Wagen auch dem Allerletzten aufgefallen war und irgendjemand auf die Idee kam, die Polizei anzurufen.
    Ein gutes Stück vor ihm ging eine Haustür auf, und ein vielleicht fünfzigjähriger Mann mit Halbglatze, dünnem grauem Pferdeschwanz und einer John-Lennon-Brille, die vor gut zwanzig Jahren aus der Mode gekommen war, kam heraus und trampelte rücksichtslos durch seinen eigenen Vorgarten, um zu seiner Garage zu gelangen. Will tippte auf das Gaspedal, legte die letzten zwanzig Meter mit aufheulendem Motor zurück und brachte den Wagen mit einem so harten Tritt auf die Bremse zum Stehen, dass der Grauhaarige mitten im Schritt innehielt und irritiert die Stirn runzelte. Er machte kehrt und kam auf ihn zu, noch während Will die Scheibe herunterfahren ließ.
    »Ja?«
    »Bitte entschuldigen Sie«, begann Will umständlich. »Ich suche jemanden. Freunde von mir, die hier ein Ferienhaus haben sollen. Die Schmidts.«
    »Schmidt?« Das Stirnrunzeln des Grauhaarigen wurde nicht nur tiefer, sondern wanderte zugleich auch bis in die Mitte seiner Halbglatze hinauf. »Nie gehört. Und ich kenne eigentlich jeden hier.« Er überlegte einen Moment. »Es gibt hier auch keine Ferienhäuser. Vielleicht unten in Cochem. Fünf Kilometer die Straße runter.«
    Will wollte etwas sagen, doch in diesem Moment hellte sich das Gesicht des Grauhaarigen auf, und er deutete aufgeregt gestikulierend die Straße hinauf. »Vielleicht die Villa oben am Industriegebiet«, sagte er, während sein Blick rasch und taxierend über den teuren Wagen glitt. Die Art, auf die er das Wort Villa betont hatte, machte Will klar, dass er die Luxuskarosse durchaus mit den Besitzern eines solchen Hauses in Zusammenhang brachte. Sie machte Will auch noch etwas klar: Wer immer in dieser Villa wohnte, erfreute sich bei den Eingeborenen hier nicht unbedingt großer Beliebtheit. Als er fortfuhr, bestätigten seine Worte Wills Verdacht. »Ist vor zwei Jahren verkauft worden, aber niemand weiß genau, an wen. Die Leute haben nicht viel mit uns zu tun.«
    »Sie müssten Ihnen trotzdem aufgefallen sein«, antwortete Will. Was hatte er zu verlieren? Dieser John-Lennon-Verschnitt würde sich sowieso an ihn erinnern. »Ihre Tochter hat eine ziemlich auffällige Frisur.«
    »Weißes Haar, fast bis zum Hintern?« Der Grauhaarige grinste. »Das sind sie.« Seine Hand wedelte wieder nach links »Bis zum Ende der Straße, dann direkt in der Kurve den Feldweg rein. Sie können das Haus gar nicht übersehen.«
    Will bedankte sich mit einem Nicken und schloss die Scheibe, bevor der Späthippie endgültig ins Schwatzen kommen konnte. Er fuhr los; diesmal ganz bewusst mit viel zu viel Gas und durchdrehenden Hinterrädern. Wahrscheinlich hatte er dem Dorftratsch ohnehin Nahrung für die nächsten vier Wochen gegeben, da kam es nun auch nicht mehr darauf an, die Freunde der Schmidts noch ein bisschen in Verruf zu bringen. Ganz im Gegenteil.
    Plötzlich verspürte Will ganz genau die kribbelnde Erregung, die er bisher vermisst hatte. Er war auf der richtigen Fährte. Sein Verdacht war richtig gewesen.
    Während Will in den Feldweg einbog, den ihm der Grauhaarige beschrieben hatte, entschuldigte er sich in Gedanken noch bei Marius, ihn in einem so üblen Verdacht gehabt zu haben. Ohne den Jungen säße er jetzt vermutlich in einem Hotel in Köln und würde mit sich selbst Wetten abschließen, wer ihn zuerst aufspürte – die Polizei oder Georgs Schläger.
    Das Haus war tatsächlich nicht zu übersehen – auch wenn er das Haus selbst gar nicht sah, sondern nur den zwei Meter hohen Gitterzaun, der das Grundstück umgab. Er war gute hundertfünfzig Meter lang, hatte kein Tor und war von der Rückseite so zugewuchert, dass er wie eine massive grüne Mauer wirkte. Dennoch war Will jetzt sicher, auf dem richtigen Weg

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