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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu sein. Das war schon eher die Preisklasse, die zu dem passte, was er in Köln gesehen hatte.
    Will beging nicht den Fehler, langsamer zu fahren oder gar anzuhalten, sondern fuhr in gemäßigtem, einem mehr schlecht als recht asphaltierten Feldweg angepassten Tempo an der Rückseite des Grundstückes entlang, bis der Weg eine scharfe Biegung beschrieb und schließlich in das Industriegebiet mündete, von dem der Grauhaarige gesprochen hatte. Es war größer, als er nach allem, was ihm bisher hier begegnet war, erwartet hatte, und bestand zu einem Gutteil aus Autohändlern und Werkstätten. Will war sehr zufrieden. Der perfekte Platz, um nicht aufzufallen; selbst in einem Wagen wie diesem.

Kapitel 19
    Es begann erst nach zehn zu dämmern, und obwohl Will zwischendurch ein paar Mal weggedöst war und einen Gutteil des Tages verschlafen hatte, hatte er schließlich das Gefühl, den längsten Tag seines Lebens hinter sich zu haben. Er hatte es schließlich aufgegeben, in dem Industriegebiet warten zu wollen, und war ein Stück weit in den angrenzenden Wald gefahren, um dort zu warten, bis es dunkel wurde. Von seiner Zeit im Gefängnis her war er es gewohnt, einfach dazusitzen und die Stunden verstreichen zu lassen, ohne sie wirklich zur Kenntnis zu nehmen, aber der Trick hatte heute nicht funktioniert.
    Die Minuten waren so zäh wie schon halb erstarrter Klebstoff verronnen, und die paar Mal, die er eingenickt und mit klopfendem Herzen und schweißnass wieder aufgewacht war, hatten keine Erholung gebracht. Er erinnerte sich an Fetzen von wirren Albträumen, in denen es natürlich um Flammen und lodernde Höllenfeuer gegangen war, aber auch noch um etwas Anderes und ungleich Schrecklicheres, an das er sich vielleicht nur darum nicht richtig erinnern konnte, weil er es nicht wollte.
    Es spielte auch keine Rolle. Er brauchte die Erinnerung an diesen Albtraum nicht. Der, den er gerade erlebte, war schlimm genug.
    Will startete den Motor, zögerte einen Moment und schaltete ihn dann wieder ab, um aus dem Wagen zu steigen. Er hatte mindestens fünf oder sechs Stunden darin verbracht und war trotz der bequemen Ledersitze nicht nur steif gesessen, sondern hatte auch das Gefühl, vollkommen verdreckt zu sein und nicht besonders gut zu riechen. Nicht, dass das etwas ausmachte, bei dem, was er vorhatte. Aber falls man ihn erwischte, dachte er spöttisch, dann sollten sie ihn wenigstens halbwegs sauber einsperren.
    Während er ein paar Mal um den Wagen herumging und darauf wartete, dass das taube Gefühl aus seinen Gliedern wich und seine Muskeln wieder geschmeidig wurden, war ihm natürlich klar, was er hier wirklich tat: Ein Teil von ihm nutzte schlichtweg jeden Vorwand, um den Moment noch weiter hinauszuzögern, in dem er sich unwiderruflich entscheiden musste, entweder in das Haus der Schmidts einzusteigen oder aufzugeben und es dem Schicksal zu überlassen, wie lange es noch dauerte.
    Will drehte vier oder fünf Runden um den Wagen und machte noch ein paar zusätzliche Kniebeugen, um seinen Kreislauf in Schwung zu bringen, dann stieg er wieder ein und fuhr in das Industriegebiet zurück. Er hatte erwartet, es vollkommen leer und dunkel vorzufinden, aber hinter den Fenstern von zwei, drei Bürogebäuden brannte noch Licht, und er begegnete einem älteren Paar, das sich ausgerechnet diese gottverlassene Gegend ausgesucht hatte, um seinen verkrüppelten Dackel Gassi zu führen.
    Immerhin wurde es jetzt schnell dunkel. Will lenkte den Wagen auf den Parkplatz einer Mercedes-Vertretung, wo er zwischen den zum Kauf feilgebotenen Gebrauchten wenigstens nicht sofort auffiel, stieg aus und machte sich zu Fuß auf den Weg. Das Haus der Schmidts war nur einen knappen Kilometer entfernt, lag aber hinter einem gut drei Meter hohen Erdhügel verborgen, der zu präzise war, um nicht künstlich aufgeschüttet worden zu sein, so dass er nicht erkennen konnte, ob hinter den Fenstern Licht brannte oder nicht. Als er sich umsah, entdeckte er in nicht allzu großer Entfernung das Pärchen mit dem Dackel. Zu seinem Verdruss hatten die beiden es nicht besonders eilig, sondern schlenderten so gemächlich dahin, als hätten sie es geradezu darauf angelegt, ihn zu ärgern; in einem Schneckentempo, das zweifellos von ihrer fußkranken Töle vorgegeben wurde. Und selbstverständlich bewegten sie sich genau in seine Richtung.
    Es kostete ihn weitere zehn Minuten, in denen er vollkommen erstarrt und reglos im Schatten dastand und kaum zu atmen wagte, aber

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