Feuer: Roman (German Edition)
Angela lachte humorlos auf. »Das würde ich als arg untertrieben betrachten.« Sie hielt sich mit der rechten Hand an der Tür fest und beugte gleichzeitig den Oberkörper ein Stück vor, so als könne sie sich nur mühsam beherrschen, endgültig ins Zimmer zu stürmen und sich entweder auf Will oder Martina zu stürzen. »Wir hatten eine klare Abmachung, Martina. Eine Abmachung, die auch die Rolle Wills regelt …«
»Situationen verändern sich«, begehrte Martina auf. »Aber das muss ich dir ja wohl nicht erzählen. Schließlich predigst du mir andauernd, dass man auf Veränderungen flexibel reagieren muss.«
»Du weißt doch ganz genau, was ich meine!« Angela schrie fast. »Ich will nicht, dass du dich nachts zu diesem Typen schleichst –nur weil du dich von ihm vor dreizehn Jahren hast schwängern lassen!«
Martina schüttelte leicht verärgert den Kopf. »Schwängern lassen ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck. Du kennst die Hintergründe besser als ich. Also sei vorsichtig mit dem, was du sagst, ja?«
»Ach – und warum?«, fragte Angela hämisch.
»Weil wir alle einen schweren Tag hatten und es besser wäre, jetzt nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen«, sagte Martina mit einem Unterton in der Stimme, den Will nur zu gut kannte. Er war so etwas wie die letzte Warnung, bevor sie anfing, wirklich ärgerlich zu werden.
»Da frage ich mich doch, was du hier mitten in der Nacht treibst«, bohrte Angela kampflustig nach.
»Ich hatte nichts weiter vor, als ein paar Worte mit dem Vater meiner Tochter zu reden …«
»Reden!« Angela zog eine Augenbraue hoch. »Du schleichst dich nachts hier herein, mit nichts weiter bekleidet als einem Hauch von Nichts und willst mir dann weismachen, dass du mit diesem Schlappschwanz nur hast reden wollen?«
»Moment«, sagte Will. Er ignorierte ganz bewusst Martinas warnenden Blick. Er hatte in seinem Leben bereits viel hässlichere Szenen als diese erlebt, aber dann hatte auch nicht seine ihm bislang vorenthaltene Tochter hinter dem Vorhang am Fenster gestanden und alles brühwarm mitbekommen. »Ich bin vielleicht ein bisschen schwer von Begriff«, fuhr er ruhig fort. »Aber eines habe ich aus schmerzlichen Erfahrungen gelernt: dass Gespräche wie dieses überhaupt nichts bringen. Jedenfalls nicht, wenn man mitten in der Nacht …«
»Wenn du mitten in der Nacht mit einer Frau auf dem Zimmer erwischt wirst«, unterbrach ihn Angela. Jetzt schrie sie nicht nur, jetzt brüllte sie geradezu. »Wer hat dir eigentlich das Recht gegeben, dich in unser Leben einzumischen?« Das Türblatt in ihrer Hand begann zu zittern, dann ließ sie es los und trat einen Schritt ins Zimmer »Geh doch wieder dorthin zurück, wo du hergekommen bist: in die Gosse!«
Will hätte Angela gerne darauf hingewiesen, dass sie sich die Wahrheit ein klein bisschen zurechtbog. Schließlich war nicht er es, der sich in ihr und Martinas Leben eingemischt hatte. Streng genommen war es sogar alleine Angela gewesen, die ihn erst im Kaufhaus angebaggert hatte und ihm dann anschließend auf die Pelle gerückt war, um Duffy wieder in ihre Gewalt zu bekommen.
»Wenn du willst, gehe ich sofort«, sagte er so ruhig wie möglich.
»Ja, das kann ich mir vorstellen«, sagte Angela. Ihre Stimme hatte einen Beiklang, der Will überhaupt nicht gefiel. »Dich deiner Verantwortung entziehen – das ist ja auch das Einzige, was du kannst.«
Es hätte eine ganze Menge Antworten darauf gegeben, aber Will war sich darüber im Klaren, dass er jetzt sagen konnte, was immer er wollte: Angela würde es ihm genüsslich im Mund herumdrehen, bis er selbst nicht mehr wusste, was er eigentlich gemeint hatte.
»Und jetzt komm«, sagte Angela zu Martina. Sie ging auf ihre junge Stiefmutter zu und wollte sie am Handgelenk packen, aber Martina wich mit einem raschen Schritt aus und schüttelte wütend den Kopf.
»Ich komme schon, keine Sorge …« Ihr Satz endete mit einem überraschten Ausruf, als sich Angela nicht davon abhalten ließ, erneut nach ihr zu greifen. Es gab ein hässliches Geräusch, als etwas riss, und dann hielt Angela mit gleichermaßen zornigem wie verblüfftem Gesichtsausdruck etwas in der Hand, das Will auf den ersten Blick für einen Teil des hauchdünnen Negligés hielt.
»Bist du jetzt total durchgeknallt?«, fauchte Martina. »Gib mir sofort meinen Gürtel wieder!«
Damit hätte es enden können und sollen, doch Will spürte fast körperlich die Wut, die Angela jetzt überschwemmte, als
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