Feuer: Roman (German Edition)
fragte er. Er machte eine bewusst einladende Bewegung zum Bett hin. »Ihr könnt gerne das Bett haben, wenn ihr wollt. Dann suche ich mir halt woanders ein kuscheliges Plätzchen, wo ich mich zusammenrollen kann.«
Die Bemerkung war Martina gegenüber alles andere als fair (und was Duffy über sie denken würde, daran wagte er gar nicht zu denken), aber sie traf genau dorthin, wohin er gezielt hatte: ins Schwarze.
»Du ekliger, kleiner Wichser«, zischte Angela, und Will fragte sich einmal mehr, warum sich Frauen der besseren Gesellschaft nur ihren eigenen Artgenossinnen so überlegen fühlten, die für Geld die Beine breit machten. Am Vokabular konnte es jedenfalls nicht liegen. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist?«
»Im Zweifelsfall weißt du das besser als ich«, sagte Will. »Schließlich habt ihr ja ein dickes Dossier über mich, oder?«
Auch dieser Satz traf ins Schwarze, und Will begann sich nervös zu fragen, was er da eigentlich trieb. Angela drehte sich zu ihm um. Ihre Bewegungen hatten etwas von den weißen Tigern an sich, mit denen Siegfried und Roy ein Leben lang gespielt hatten, bevor eines der netten Raubkätzchen durchgedreht war. »Du bist ein erbärmliches kleines Arschloch«, sagte Angela, während sie mit tänzelnden Bewegungen näher kam.
Eine von Georgs Nutten hätte es nicht hübscher ausdrücken können. Aber bei Angela, dieser seltsamen Mischung aus einem Hippiemädchen und einem Karate-Girl, wirkten diese Worte weitaus härter als bei jeder Frau aus Georgs Umfeld.
Angela kam bis auf einen Meter auf ihn zu, und Will musste sich zusammenreißen, um nicht vor ihr zurückzuweichen. Ihr Blick schien sich geradezu in ihn hereinzufressen.
»Angela!« Statt die Gelegenheit zu nutzen, sich zurückzuziehen, mischte sich Martina jetzt doch noch mit ein. Will fand das gar keine gute Idee. Er hatte das Gefühl, dass ihm die ganze Situation immer mehr entglitt und dass es mittlerweile schon beinahe egal war, was er sagte oder machte, weil es in jedem Fall die Situation verschärfte.
»Hast geglaubt, du könntest deine alte Flamme mal wieder so richtig durchpoppen, was?« Angela stemmte die Hände wütend in die Hüften und funkelte ihn an.
Will fand ihre Wortwahl etwas absonderlich, vorsichtig ausgedrückt. Auf die Idee, die Ausdrücke »alte Flamme« und »durchpoppen« in einem Satz zu verwenden, konnte wahrscheinlich auch nur Angela kommen. »Ich habe überhaupt nicht vor, irgendjemanden zu poppen«, sagte er. »Und es ist mir auch scheißegal, was ihr treibt – solange ihr mich dabei rauslasst.«
Das war eindeutig zu viel. Angela machte einen weiteren Schritt auf ihn zu. Und diesmal blieb Will nichts anderes übrig, als auszuweichen. Er machte es sich dabei einfach. Ein kleiner Schritt nach rechts, direkt an die Bettkante heran. Wenn die Irre wirklich vorhatte, nach ihm zu treten oder zu schlagen, würde er mit einem Hechtsprung aufs Bett springen, sich auf der anderen Seite abrollen und dann plötzlich hinter ihr sein statt vor ihr …
»Wenn du schlagen willst, dann nur zu.« Angela brachte die Hand hoch, und darin funkelte etwas metallisch, das Will bereits einmal in Aktion gesehen hatte: der Elektroschocker! Scharfes Entsetzen durchdrang seinen von Erschöpfung umnebelten Verstand. Er erinnerte sich nur noch zu gut daran, wie die letzte Begegnung mit der teuflischen Waffe ausgegangen war, an die Qual, die er empfunden hatte, als ihn die fünfzigtausend Volt mit der Gewalt eines Blitzschlags durchzuckt hatten, und an die endlosen, nicht enden wollenden Minuten, die er sich danach hilflos am Boden gekrümmt hatte. Es gab nicht den geringsten Grund dafür, dass Angela jetzt wieder den Elektroschocker einsetzen wollte, aber dass sie ihn überhaupt dabeihatte, als sie in sein Zimmer geeilt war, sprach Bände: Und vor allem sagte es ihm, dass sie ihn ohne zu zögern einzusetzen bereit war, auch mehrmals hintereinander.
Es waren nur ganz flüchtige Gedanken, die ihn streiften, als sie die Hand mit dem Schocker hochbrachte. Er hüpfte geradezu zurück, weit weniger seitlich, als er geplant hatte, um sich über dem Bett abrollen zu können, aber rasch genug, um dem zischenden Geräusch zu entkommen, mit dem sich die bizarre Waffe ganz dicht vor seinem Gesicht entlud. Es war wie der Kampf in einem der bizarren Videospiele, mit denen er sich eine Zeit lang die Nächte um die Ohren geschlagen hatte und bei dem die Helden mit unzureichenden Waffen gegen Monster und laserbewehrte Aliens
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