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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie das dünne Stück Stoff wie eine Trophäe hin und her schwenkte, mit dem eben noch Martinas Oberteil zusammengehalten worden war. »Nicht das«, sagte sie. »Du hättest nicht ausgerechnet dieses Negligé anziehen müssen, um deinem Lover einen Besuch abzustatten – nicht dieses Teil, das du dir von mir hast schenken lassen!«
    »Was soll das?«, fauchte Martina zornig, wobei sie den letzten Teil des Satzes wohl bewusst überhörte – ganz im Gegensatz zu Will. »Will ist nicht mein Lover. Aber wir haben ein gemeinsames Kind – schon vergessen? Da gibt es das eine oder andere zu besprechen.«
    »Na klar.« Angela starrte auf das filigrane schwarze Stück Stoff, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt. »Bislang habe ich dir treu und brav als Kummerkasten gedient, wenn deine missratene Göre mal wieder was ausgefressen hatte …«
    »Duffy ist keine missratene Göre«, sagte Martina mühsam beherrscht. »Und ich habe dich auch nicht als Kummerkasten missbraucht. Du weißt genauso gut wie ich, was mit deiner Schwester los ist – und dass wir uns ganz besonders um sie kümmern müssen.«
    »Na klar«, höhnte Angela. Mit einer wütenden Bewegung warf sie den Stoffgürtel zu Boden. »Duffy hier, und Duffy dort. Dagegen kann ich natürlich nicht anstinken!«
    »Mach dich nicht lächerlich«, sagte Martina.
    Angela machte einen Schritt auf Martina zu, und das Funkeln in ihren Augen verriet, dass sie endgültig dabei war, die Kontrolle über sich zu verlieren, und Will konnte geradezu die aggressive Energie spüren, die von ihr ausging. Er hatte sich lange genug am Rande des Rotlichtmilieus herumgetrieben, um zu wissen, dass fast jede Frau einen Punkt hatte, wo sie durchdrehte, und im Gegensatz zu männlicher Gewalt war die weibliche Spielart weitaus unberechenbarer: Es konnte buchstäblich alles passieren, angefangen vom Heulkrampf über den Versuch, dem Gegenüber die Haare auszureißen oder mit einem Messer niederzustechen. Über welche Art aggressives Potential Angela verfügte, hatte Will schon erlebt. Zu sagen, dass er beunruhigt war, war vollkommen untertrieben. Duffy hatte in ihrem kurzen Leben schon genug mitgemacht; es fehlte noch, dass sie jetzt erneut Zeuge wurde, wie kindisch – und brutal – die Menschen miteinander umgingen, die ihr auf die eine oder andere Weise am nächsten standen.
    »Es ist spät«, sagte Will energisch, »und ich bin wirklich hundemüde.«
    »Daran hättest du früher denken müssen!«, schrie ihn Angela an. Es war eine absolut unlogische Bemerkung, aber Will verzichtete darauf, Angela darauf aufmerksam zu machen. »Ich würde jetzt gerne ins Bett gehen«, sagte er.
    Angelas Blick wanderte an ihm vorbei zu dem großen, noch vollkommen unberührten Bett. »Mit wem von uns beiden?«, fragte sie kalt. »Oder hattest du vor, mit uns beiden ins Bett zu gehen? Aber da muss ich dich warnen. Ich glaube nicht, dass du das überstehen würdest.«
    »Angela, bitte«, sagte Martina müde. »Das ist geschmacklos.«
    »Ach.« Angela drehte sich zu Martina um. Ihre Stimme erstarb fast zu einem Flüstern. »Seit wann findest du es geschmacklos, mit mir ins Bett zu gehen, meine Liebe?«
    Will spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte. Schon die Art, wie Angela ins Zimmer gestürmt war, hätte ihm klar machen müssen, dass sie sich aufführte wie ein gehörnter Ehemann, der seine Frau in flagranti erwischte. Aber trotzdem. Dass Martina ein Verhältnis mit ihrer eigenen Stieftochter haben sollte, ja, überhaupt mit einer Frau, stellte sein ganzes Weltbild auf den Kopf. Er hätte es auch nicht viel lustiger gefunden, wenn jetzt irgendein Typ ins Zimmer geschneit wäre, um hier vor Eifersucht zu platzen, aber er hätte es eher verstanden. Während der ganzen Zeit – die in Wahrheit nur ein knappes Dreivierteljahr gewesen war, wie er zugeben musste –, die er mit Martina zusammen gewesen war, hatte es nicht den geringsten Hinweis darauf gegeben, dass sie an ihrem eigenen Geschlecht mehr als nur freundschaftlich interessiert war. Wäre es anders gewesen, hätte das nicht im Geringsten etwas an seinen Gefühlen geändert. Aber es jetzt im Nachhinein, am Rande einer Eifersuchtsszene zu erfahren, deren Zeuge auch noch ausgerechnet ihre gemeinsame Tochter wurde, war mehr, als er mal eben auf die Schnelle wegstecken konnte.
    Natürlich zielte Angelas Bemerkung nur darauf, ihn – und Martina – zu verletzen, aber obwohl er das wusste, fiel er prompt darauf herein. »Was soll das heißen?«,

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