Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Wasser und Schlamm spritzte in alle Richtungen davon, als der Wagen einen Salto machte, der ihn wieder hochriss, aus dem Graben hinaus.
    Der nächste Aufprall war schlimmer. Blech kreischte, Kunststoffteile flogen davon, Glas splitterte. Ungebremst tobte der Jaguar weiter, drei-, viermal noch sich überschlagend und jedes Mal so hart auf dem Dach aufschlagend, dass die Holme eingedrückt wurden und beim letzten Aufprall die Windschutzscheibe wie von einer gewaltigen Faust aus der Verankerung katapultiert wurde.
    Will stemmte sich endgültig im Matsch hoch. Sein Knie hätte um ein Haar wieder nachgegeben, und durch seinen Rücken jagte ein scharfer Schmerz. Aber das war ihm egal. Er musste zu Duffy. Wahrscheinlich war sie nicht einmal angeschnallt gewesen!
    Er humpelte über die Straße, wäre beinahe ausgerutscht, noch bevor er den Graben erreicht hatte. Im Matsch glitt er aus, doch statt sich dagegen zu wehren, unterstützte er die Bewegung noch, riss im Fallen die Füße nach vorne und schlug mit dem Hintern auf dem Rand des Grabens auf. Als wäre er auf einer polierten Kinderrutsche angekommen, sauste er hinab, mitten in den Schlamm hinein, dass es nur so spritzte und ihm ein Moment die Luft wegblieb. Augenblicklich rappelte er sich wieder auf, um auf allen vieren auf der anderen Seite hochzuklettern. Erst, als er den Kopf über den Rand des Grabens schob, fiel ihm auf, dass er den rechten Schuh verloren hatte.
    Ohne den Blick von dem Wagen zu wenden, der auf dem Dach liegen geblieben war, zog er sich aus dem Graben, kam schwankend hoch und humpelte weiter. Eben noch war der Jaguar mit wilder Eleganz über die Asphaltpiste gejagt; jetzt war er nicht mehr als ein gefälltes Raubtier in der demütigen Haltung eines auf dem Rücken liegenden Käfers. Sein Heck, das er Will entgegenstreckte, war erstaunlicherweise kaum beschädigt. Außer den Rücklichtern strahlten die Bremslichter so grell ins frühmorgendliche Dunkel, als wollten sie Will damit klar machen, dass der Zündschlüssel nicht abgezogen war und damit akute Explosionsgefahr bestand, zumal ein stechender Benzingeruch in der Luft hing. Will wusste, dass sich Autos nach einem Unfall weit weniger häufig in Flammenhöllen verwandelten als im Fernsehen. Aber es war niemals auszuschließen. Vor allem, wenn jemand im Wagen eingeklemmt war, der nach seinen Erfahrungen einen ebenso treuen wie gefährlichen Begleiter hatte: das Feuer.
    Er war bereits bis auf wenige Meter an den Jaguar herangekommen, als er etwas spürte, das nichts mit dem Wagen zu tun hatte oder mit den Menschen, die er mit sich ins Verderben gerissen hatte. Er hatte bisher erfolgreich jeden Gedanken an die Brandruine verdrängt, in der er nach Duffy gesucht hatte, nachdem sie ihm vor den Wagen gelaufen war. Irgendetwas war in diesem düsteren Gemäuer gewesen, etwas nicht wirklich Fassbares, das ihm den Angstschweiß auf die Stirn getrieben hatte.
    Und jetzt war es wieder da.
    Will spürte eine unsichtbare, aber deutliche Spannung um sich herum, ein Gefühl jenseits seiner normalen Empfindungen, genauso deutlich wie vor ein paar Tagen im Keller des ausgebrannten Hauses. Die Luft um den Jaguar herum schien aufgeladen zu sein von einer Art … Energie, die ihn umfasste wie das elektromagnetische Feld einer starken Funkantenne.
    Oder wie der Odem eines Drachen.
    Er wusste nicht, wie er ausgerechnet auf diesen Gedanken kam, aber er schien zu passen. Etwas war da, das spürte er ganz deutlich. Genauso wie die Wärme, die von dem Jaguar ausging, eine unnatürliche Wärme, die nichts Anheimelndes oder gar Verlockendes hatte. Etwas Großes, Gewaltiges lauerte dort, ganz so, als warte es nur darauf, dass sich ihm jemand leichtsinnigerweise näherte … und es schien sich zu rühren, als es ihn gewahrte. In jeder anderen Situation wäre Will stehen geblieben, gleichermaßen verblüfft wie beunruhigt über die Intensität der Empfindung. Aber jetzt, wo er sich überzeugen musste, ob Duffy etwas passiert war – und was, dachte er hysterisch –, ließ er sich nicht davon abhalten, auch noch die letzten Meter humpelnd zurückzulegen.
    Der Brandgeruch, der in der Luft lag wie der üble Atem eines Drachen, drohte mich zu ersticken, und das blaue, zuckende Licht blendete mich so stark, dass ich kaum noch sah, wohin ich mit meinen unsicheren Schritten torkelte. Ich trat auf etwas Kleines, Knochiges, und eine Welle des Entsetzens durchzuckte mich, als mein Gefühl einen Moment vor meinem Verstand begriff, dass

Weitere Kostenlose Bücher