Feuer: Roman (German Edition)
er das, bis das knirschende Geräusch an sein Ohr drang, mit dem der gefällte Koloss aus mehr als einer Tonne Stahl gegen die drohende Lageveränderung protestierte. Langsam, Millimeter für Millimeter, begann sich der Wagen zu bewegen, in allen Fugen knirschend wie ein Schiff, das sich auf die Seite legt und jeden Moment in den Fluten zu versinken droht.
Langsam, ganz langsam nur gab die schwere Tür nach, bewegte sich ächzend und zitternd ein Stück nach innen. Ein merkwürdiger Geruch schlug mir entgegen, ein Geruch nach Tod und Verderbnis, nach Fäule und Verwesung. Ich verdoppelte meine Anstrengungen, getrieben einzig und allein von dem Verlangen, Ida wieder in meine Arme zu schließen. Alles andere, all der Ehrgeiz und das Verlangen, es den Göttern gleichzutun, waren zerstoben, als hätte es nie existiert. Das einzig Wichtige war diese Tür, die zwischen mir und meiner Tochter stand, die Tür, die zugedrückt worden war von der Gewalt, die ich mit meinem lästerlichen Tun selbst entfesselt hatte.
Wills Arme waren bis zum Zerreißen gespannt. Er sank tiefer in den Matsch ein und drohte wegzurutschen, aber ein Lagewechsel kam in diesem Moment nicht in Frage. Er musste es jetzt durchziehen, eine zweite Chance würde er nicht mehr bekommen. Und als spüre er Wills Entschlossenheit, gab der Wagen tatsächlich nach. Ganz langsam kam er nach oben. Wills Arme zitterten jetzt, aber die Bewegung übertrug sich merkwürdigerweise nicht auf den Jaguar.
Dann kam der kritische Moment, in dem er die Füße ein Stück weiter nach vorne setzen musste, um nicht selbst weggedrückt zu werden – was den Jaguar hätte zurückfallen und erneut auf Duffy krachen lassen können. Wills Augen quollen fast aus den Höhlen, als er gleichzeitig mit aller Kraft weiterschob, den rechten Fuß anzog, um ihn nach vorne zu setzen. Ein, zwei Sekunden lang lastete das gesamte Gewicht nur auf seinem linken Bein, zu viel, um es aushalten zu können. Durch sein Knie jagte ein fürchterlicher Schmerz.
Dann setzte er den rechten Fuß wieder im Schlamm ab. Sein ganzer Körper bebte, und auch wenn der Jaguar die Bewegung nicht stärker aufnahm, als er es ihm vorgab, kam es Will doch vor, als schüttelte er sich regelrecht. Die Schmerzwellen, die durch seinen Körper jagten, nahm er zwar wahr, aber nur wie aus weiter Ferne, so als sei er mit einem Opiat ruhig gestellt worden. In seinem Kopf war nur Platz für seine Aufgabe.
Dann stand er wieder richtig. Es ging weiter. Er konnte jetzt mehr Kraft anbringen als am Anfang, aber der Wagen schien immer schwerer zu werden. Die Anstrengung trieb bunte Schleier vor seine Augen. Es war ihm vollkommen unmöglich, irgendetwas anderes zu tun, als mit aller Kraft weiterzuschieben, aber ganz am Rande seines Bewusstseins brannte der Wunsch, jetzt und sofort nachzusehen, was mit Duffy los war, nachdem er das Tonnengewicht des Wagens hochgestemmt hatte.
Dann war tatsächlich der Punkt erreicht, ab dem es für den schweren Wagen kein Zurück mehr gab. Der Jaguar knirschte, krachte und bebte in allen Fugen, ein letztes Aufbäumen, und dann rutschte er Will aus den Händen. Die Beifahrerseite, auf der er jetzt lag, pflügte durch den matschigen Untergrund, schob sich auf Will zu, während die andere Seite abkippte. Will verlor das Gleichgewicht und wäre der Länge nach hingeschlagen, wenn ihm der Wagen nicht entgegengekommen wäre. Genau in dem Moment, in dem der Jaguar mit einem lauten, fast explosionsartig wirkenden Knall auf alle vier Räder plumpste, verlor er endgültig den Halt. In dem verzweifelten Versuch, den Sturz noch aufzuhalten, riss er die Arme hoch. Seine Finger glitten über das verdreckte Dach, rutschten Halt suchend über eine feuchte, glitschige Schicht, die glatt wie Schmierseife war. Er riss den Kopf in den Nacken, aber es nutzte nichts; mit dem Kinn knallte er auf der Dachkante auf. Der Aufschlag trieb ihm die Tränen in die Augen, und einen Herzschlag lang flackerte es vor seinen Augen, als wäre er in ein Blitzlichtgewitter von Pressefotografen geraten, die ihn mit einem Popstar verwechselt hatten. Seine Hände machten kleine hilflose Bewegungen auf dem schmierigen Belag des Autodaches, dann erwischte er endlich mit beiden Handballen die Dachkante und drückte sich hoch.
Er torkelte ein, zwei Schritte zurück, bis er sein Gleichgewicht wiederfand. Das Blitzlichtgewitter war noch nicht ganz verebbt, aber er konnte dennoch genug sehen, um zu erkennen, … dass da niemand im Matsch lag, und
Weitere Kostenlose Bücher