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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war etwas anderes, und es war auch mehr; es war nicht wie ein unsauberer Schnitt in einem laufenden Film. Die Szenerie um ihn herum flackerte, und wurde doch gleichzeitig deutlicher, nahm an Kontrast und Schärfe zu, und wo er eben noch Andeutungen einer Schmiede zu sehen geglaubt hatte, war nun wieder nichts weiter als nackte, von zwei Taschenlampen unregelmäßig beschienene Felswand.
    Und das war bei weitem noch nicht alles, und vor allem auch nicht das Wichtigste. Der Mann, der vor ihm stand, begann sich zu verändern und zu zerfließen. Irgendetwas in ihm hatte die ganze Zeit über gewusst, mit wem er es zu tun hatte. Sein Vater hatte ihm beigebracht, dass ein Drache ein Drache war und eben nichts anderes, genauso wie ein Mensch ein Mensch war und nichts anderes, und obwohl er das all die Jahre verdrängt hatte, sah er nun plötzlich wieder seinen Vater vor sich, die Figur, auf die er deutete und die er mit einer raschen Handbewegung von einem Kasperle in einen Teufel verwandelte.
    »So sind unsere Feinde«, hatte er gesagt. »Siehst du?«
    Und dann, mit einer raschen Handbewegung, der seine Kinderaugen gar nicht hatten folgen können, hatte er aus dem Teufel wieder einen Kasperle gemacht …
    … und statt des Wolfsgesichtigen war da nun wieder jemand ganz anderes vor ihm: Georg.
    Der Moment, den die Wirklichkeit brauchte, um wieder ihren angestammten Platz einzunehmen, dehnte sich wie eine Luftblase, die dann plötzlich auf einen Schlag zerplatzt. Vielleicht war es auch die Zeit, die sein Bewusstsein brauchte, um die Halluzination abzuschütteln und wieder in die Realität zurückzufinden.
    Und da stand unzweifelhaft Georg, und es blieb Georg, und dieser Mann war ein Nachtklubbesitzer, der die Bullen schmierte, wenn er konnte, und sich ansonsten bedeckt hielt, um nicht zu sehr aufzufallen und in Ruhe seinen schmutzigen Geschäften nachgehen zu können.
    »Es reicht«, sagte Will zu ihm. »Du hast vielleicht geglaubt, ein schwaches Mitglied der Schmiedegilde vor dir zu haben. Aber vielleicht hast du dich ja getäuscht.«
    Er drückte sich ein Stück weiter aus der Nische hervor, so weit, wie ihm das sein verletztes Bein gestattete, und brachte den Elektroschocker hoch. Obwohl er den Abzug der Waffe noch nicht betätigt hatte, brachen aus ihr bereits verästelte, gekrümmte Energiebahnen hervor, die irgendwo in der Luft vor ihm verpufften. Er verbot sich, darüber nachzudenken, wie das möglich sein konnte. Alles, was er begriff, war, dass ihm diese Eigenschaft der Waffe einen, vielleicht sogar entscheidenden, Vorteil verschaffte.
    Der Wolfsgesichtige – Georg, verbesserte sich Will in Gedanken – verhielt mitten in der Bewegung. Er wirkte so vollkommen verblüfft wie ein Autofahrer, auf dessen Motorhaube plötzlich ein Ufo gelandet war.
    »Es wäre besser, du würdest erst einmal gar nichts tun«, sagte Will. Schweiß stand auf seiner Stirn, sein Bein schmerzte wie verrückt, und Angelas Waffe zitterte in seiner Hand. Doch darauf kam es nicht an. Sondern nur auf seine Entschlossenheit. »Das heißt, etwas kannst du schon tun: Lass das Messer fallen.«
    Georg schien etwas sagen zu wollen, beließ es dann aber bei einem verächtlichen Verziehen der Lippen, deutete ein Achselzucken an und ließ mit provozierend langsamen Bewegungen die Hand mit dem Messer sinken, mehr nicht. »Und was jetzt?«, fragte er. »Soll ich einen Schritt zurücktreten?«
    »Damit du aus der Reichweite des Elektroschockers kommst?« Will schüttelte den Kopf. »Keine Chance. Bleib genauso stehen, wie du bist.«
    »Und dann?« Georgs Gesichtsausdruck veränderte sich nicht im Geringsten, und Will fragte sich, wie er ihn auch nur eine Sekunde lang mit dem Wolfsgesichtigen hatte verwechseln können. Georg mochte gefährlich und grausam sein, aber der Wolfsgesichtige – das war jemand gewesen, gegen den Georg wirkte wie ein dreijähriger Möchtegern-Rambo gegen einen ausgewachsenen GI.
    »Wie lange möchtest du, dass ich so stehen bleibe?«, fuhr Georg nichtsdestotrotz fort. »Vor allen Dingen: Wie lange glaubst du, so stehen bleiben zu können – so geschwächt, wie du bist?«
    »Lange genug, um dich fertig machen zu können.« Will deutete mit einer leichten, kaum wahrnehmbaren Bewegung seiner Waffe auf den gefällten Hünen zu seinen Füßen. »Glaub mir – ich werde dich mit noch viel größerem Vergnügen durchgrillen, als ich das mit Slavko gemacht habe. Und es wird mir nicht das Geringste ausmachen, zuzugucken, wie du dich unter

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