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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ströme ihm etwas von der nun aufgewühlten Oberfläche des unterirdischen Sees zu, ein Hauch, der ihm Linderung versprach, ein lockendes Versprechen, dass doch noch alles gut werden könne, wenn er nur die Nerven behielt …
    »Wir haben ihn in die Enge getrieben«, sagte Reimann. War da eine Spur von Nervosität in seiner Stimme? »Wir haben ihn gestellt. Genauso, wie unsere Vorfahren Wayland in den Wolfstälern hatten stellen wollen, ohne dass es ihnen aber gelang …«
    »Das ist ein Irrtum«, sagte Georg ruhig.
    »Ein Irrtum?« Da war Nervosität in Reimanns Stimme, und gleichzeitig war da etwas anderes, eine Warnung, die aus Duffys Richtung, vom See, von der alten Schmiede, vom Drachenfeuer zu Will herüberwehte.
    »Es gab einen Mann, der Wayland stellte«, stellte Georg richtig.
    Will spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten. Das, was Georg jetzt im Begriff war auszusprechen, konnte nichts anderes als Wahnsinn sein: die Bestätigung der Geschichte, die vor Wills Augen ablief wie ein Film, und doch ganz anders, und damit auch die Bestätigung einer Geschichte, die ihm sein Vater immer und immer wieder erzählt hatte, in einem Alter, in dem Kinder Informationen wie ein nasser Schwamm aufsaugen. Plötzlich hatten sich all die vielen Dinge, die er in frühester Kindheit gehört hatte, in ihm selbstständig gemacht, und sie schienen im Begriff zu sein, ihn immer tiefer und tiefer in sich aufzusaugen, so dass er fast das Gefühl hatte, mit Wayland, dem Schmied, zu einer Person zu verschmelzen.
    »Es war ein ganz besonderer Mann.« Irgendetwas in Georgs Stimme warnte Will. Mit den Bewegungen eines uralten Mannes drehte er den Kopf in seine Richtung. »Ein Mann, der die Wolfstäler durchstreifte, als sei er selbst ein Wolf«, fuhr Georg fort. »Ein Mann, der die Ansiedlung in Brand stecken ließ, die Wayland rund um seine Schmiede hatte errichten lassen. Denn Feuer bekämpft man am besten mit Feuer.«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, was Sie mir damit sagen wollen«, sagte Reimann mit unbewegter Miene.
    Georg seufzte. »Ich will damit lediglich sagen, dass es Menschen gibt, die funktionieren wie eine Art Katalysator. Menschen, in deren Anwesenheit scheinbar unerklärliche Dinge passieren.«
    »So wie …«
    »Bei Will und seiner Tochter, ja.« In Georgs Stimme schwang plötzlich etwas mit, das Will noch nie in ihr bemerkt hatte, das ihm aber ganz und gar nicht gefiel. »Und das lasse ich hier für mich arbeiten. Ich bringe die beiden in eine Extremsituation, und was daraus resultiert, ist nichts anderes, als wenn man im Chemieunterricht Wasser auf Säure gießt: Es kommt zu einer Explosion. Und in diesem Fall bin ich es, der daraus seinen Nutzen zieht. Vater und Tochter verlieren ihre Katalysatorfähigkeiten, und ich gewinne sie an ihrer Statt, wenn ich alles richtig mache.«
    »Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen?«, keuchte Reimann »Wenn das stimmt, was Sie sagen, dann müssen wir die beiden schnellstmöglich hier wieder rausbringen – bevor es zu der Katastrophe kommt, die Sie so offensichtlich seelenruhig erwarten!«
    »Nein«, sagte Georg ruhig, »das müssen wir nicht.«
    Gerade als Will überrascht zu ihm herumfuhr, zog Georg seine Pistole und erschoss Reimann.

Kapitel 43
    Der Schuss hallte in einem vielfältigen Echo von den gebrochenen Wänden der Höhle wider. Reimann starrte Georg aus ungläubig geweiteten Augen an. Die schmale Aktentasche mit den einhundertzwanzigtausend Euro entglitt ihm und fiel zu Boden, wo sie aufplatzte und sich ihr Inhalt verstreute. Ein paar Geldscheine wirbelten wie bunte Werbezettel in der Luft, die jemand achtlos weggeworfen hatte und die nun vom Wind weggetragen wurden.
    Reimann griff sich an die Brust. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor. »Nein«, stöhnte er. »Tun Sie es nicht! Sie müssen … das Drachenfeuer vernichten … Alles andere … Verderben …«
    »Sie reden Unsinn«, sagte Georg, hob die Pistole und schoss noch einmal.
    Diesmal traf das Projektil die Stirn des grauhaarigen Polizisten. Reimanns Kopf nickte zurück, und er gab einen röchelnden Laut von sich. Eine fürchterliche Sekunde lang sah es aus, als weigere er sich einfach zu sterben. Sein Kopf fiel wieder nach vorne, und sein Mund öffnete sich, als wolle er noch etwas sagen.
    Doch dann erbrach er nur einen Schwall Blut und kippte nach vorne. Seine Beine rutschten weg, und er knallte hart auf den Boden der Höhle auf.
    »Und jetzt zu dir«, sagte Georg und wandte sich wieder

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