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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Will zu. Die Pistole in seiner Hand zitterte nicht ein bisschen, und in seinen Augen war wieder die schreckliche Schwärze, die Will schon einmal an ihnen bemerkt hatte.
    »Warum hast du das getan?«, stammelte Will.
    Er hätte nicht überrascht sein dürfen, nach allem, was Georg bereits getan hatte. Und doch war er es. »Warum hast du Reimann erschossen?«
    »Weil er ein Idiot war.« Georg schwenkte das große Ding in seiner Hand ungeduldig in Richtung der untergegangenen Schmiede – in Duffys Richtung. »Ich hoffe, du bist nicht auch einer.«
    »Weil du mich dann auch erschießen willst?«
    »Erschießen?« Georg schüttelte empört den Kopf. »Für was hältst du mich? Nein, ich habe dir mein Wort gegeben, dich und das Mädchen laufen zu lassen, wenn du mir hilfst. Und daran werde ich mich auch halten.«
    Will empfand es als vollkommen überflüssig, darauf einzugehen. »Ich habe immer noch nicht die geringste Ahnung, was du überhaupt von mir willst«, sagte er.
    Georg sah ihn unbewegt an. »Wirklich nicht?« Als Will den Kopf schüttelte, sagte er: »Dann muss ich dir wohl etwas auf die Sprünge helfen.«
    Er wedelte mit der Pistole in Richtung des still daliegenden Wassers, dorthin, wo Will die alte Schmiede vermutete. »Wir haben alles versucht. Wir haben Taucher runtergeschickt. Wir haben das Ding trockengelegt. Wir haben jedes Teil von dort unten hochgeholt und mit allen Forschungsapparaturen gemartert, die uns in unserem ach so fortschrittlichen Zeitalter zur Verfügung stehen. Und was soll ich dir sagen?«
    »Ihr habt nichts gefunden«, vermutete Will. Als Georg den Kopf schüttelte, fügte er hinzu. »Zumindest nicht das, was ihr gesucht habt.«
    »Doch«, sagte Georg. »Wir haben etwas gefunden. Etwas, das immer wieder in den alten Liedern und Sagen beschrieben wurde, wenn auch in widersprüchlichem Zusammenhang.«
    »Was?«
    Der Wolfsgesichtige war gerade im Begriff, etwas zu sagen, als ihm im wahrsten Sinne des Wortes der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse. Er versuchte sich mit einem Sprung zu retten, weg von der Falltür mit den speziell auf meinem Schmiedefeuer gehärteten und mit Bärenfett geschmeidig gemachten Angeln, die sich mit knallendem Laut unter ihm aufgesprengt hatte. Erstaunlicherweise schaffte er es sogar, sich ein Stück abzustoßen. Sein Oberkörper kippte auf mich zu, und er streckte die Hände vor, wie um mich zu packen und an mir Halt zu finden.
    Was für ein Irrtum. Mir erging es nicht besser als ihm selbst. Der ganze Flecken, auf dem wir standen, der aussah, als bestünde auch er nur aus festgestampftem Lehmboden wie der übrige Bereich in der Schmiede, war nichts weiter als eine gut kaschierte, hölzerne Fluchttür, dazu gedacht, beim Anzeichen einer ernsthaften Gefahr in die Höhle entweichen zu können, auf der ich meine oberirdische Schmiede hatte errichten lassen.
    Wir donnerten beide hinab, nur wenige Meter. Fenrirs rechte Hand streifte meine Wange, die Klinge des Schwertes, das er in der anderen hielt, zischte haarscharf an meinem Hals vorbei, dann plumpsten wir auf dem Stroh auf mit dem ich die Grube unter uns hatte ausfüttern lassen, und purzelten in den schrägen, steil nach unten führenden Gang hinab.
    »Die Kette«, sagte Georg. Seine Stimme hatte plötzlich einen drohenden Klang angenommen. »Die Kette, an der einst die siebenhundert rotgoldenen Schlangenringe aufgereiht waren, derentwegen ein so erbitterter Streit zwischen Wayland, dem Schmied, und Nidud, dem Herrscher der Najaren, entbrannt ist. Du erinnerst dich? In der Sage von Nidud spielt die Schlangenkette eine ganz besondere Rolle.«
    »Und was ist mit dieser Kette?«
    »Wir haben sie gefunden.« Georgs Stimme wurde noch eine Spur schärfer, aber es schwang auch ein bitterer Triumph darin mit. »Heutzutage ist eine ganze Menge mehr möglich als all die Jahrhunderte und Jahrtausende zuvor. Wir haben die Kette untersuchen lassen. Dreiundsiebzig Prozent ihres chemischen Aufbaus konnten wir entschlüsseln. Und was soll ich dir sagen: Durch den Vergleich mit der Oberflächenstruktur der Schlangenringe haben wir zweifelsfrei festgestellt, dass es tatsächlich die Kette ist, an der einst alle siebenhundert Schlangenringe aufgereiht waren. Und noch eines haben wir festgestellt: Die Schlangenringe selbst sind hauchdünn gewesen, so zart, dass sie zerbrechlich wirkten, und doch erstaunlich stabil waren. Doch leider sind alle siebenhundert Ringe bis auf einen

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