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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dachte Will, wie der einer Spinne, deren Opfer bereits unrettbar in ihrem Netz zappelte und die nur noch überlegte, an welcher Stelle sie zubeißen sollte.
    »Fragen?«, wiederholte er, stirnrunzelnd und langsam, um auf diese Weise vielleicht noch ein paar Sekundenbruchteile mehr Zeit zu schinden. Seine Gedanken überschlugen sich immer noch, und obwohl sie sich auf der einen Seite so zäh bewegten, als hätte jemand seinen Kopf mit klebrigem Honig ausgegossen, blitzten zugleich in irrsinnig rascher Folge die erschreckendsten Horrorszenarien hinter seiner Stirn auf. »Was für Fragen?«
    Reimanns Lächeln erlosch endgültig, aber er sah trotzdem nicht unbedingt unfreundlich aus, nur interessiert. Er war eindeutig der Profi von den beiden. »Sie sind Herr Lokkens?«, fragte er noch einmal. »Wieland Lokkens. Das ist doch richtig?«
    »Ja«, bestätigte Will. »Aber worum geht es denn?«
    »Es ist nur eine Routine-Überprüfung, wirklich«, versicherte Reimann Er war ungefähr so glaubwürdig wie ein Finanzbeamter, der seinem Gegenüber versicherte, dass der Staat ihm die kompletten Steuern des vergangenen Jahres zurückerstatten wollte. »Könnten wir vielleicht Ihren Personalausweis sehen?«
    »Meinen …« Will rieb sich mit der linken Hand über die Augen und unterdrückte ein Gähnen. »Warum?«
    »Wenn Sie sich die kleine Mühe machen, sind wir sofort wieder weg«, versicherte Reimann.
    Seinen Personalausweis? Aber wieso?
    Will hoffte zumindest, dass er nicht zu deutlich sichtbar zusammenzuckte. Wenn noch eine Spur von Schlaftrunkenheit in ihm gewesen war, so war sie jetzt fort. Er fühlte sich wach und alarmiert wie selten zuvor im Leben. »Das geht nicht«, sagte er.
    »Warum?«
    »Ich habe ihn nicht«, antwortete Will. »Nicht mehr. Er ist gestohlen worden. Zusammen mit meiner Brieftasche – vor ungefähr einer Woche.«
    Reimann wirkte nicht überrascht. Nicht im Mindesten. »Das ist bedauerlich«, sagte er. »Ich nehme doch an, Sie haben den Diebstahl angezeigt?«
    »Nein«, antwortete Will. »Habe ich nicht.«
    »Und warum nicht?«
    Will bemühte sich, so beiläufig wie möglich mit den Schultern zu zucken. »Wozu?«, fragte er. »In der Brieftasche waren nur der Ausweis, eine seit einem Jahr abgelaufene Kreditkarte und zehn oder zwanzig Euro. Die Mühe hätte sich nicht gelohnt.«
    »Aber Sie wissen doch, dass Sie verpflichtet sind, den Diebstahl Ihres Ausweises zur Anzeige zu bringen«, mischte sich Reimanns Assistent ein, wodurch er sich allerdings einen mahnenden Blick seines Vorgesetzten einhandelte.
    »Ja«, antwortete Will. »Ich werde das nachholen. Gleich heute. Wenn Sie darauf bestehen.«
    »Möglicherweise ist das gar nicht nötig«, fuhr Reimann fort, nachdem er sich wieder zu Will herumgedreht hatte.
    »Möglicherweise?«
    »Es kommt ganz darauf an«, sagte Reimann
    »Worauf?«, fragte Will. Er war verwirrt. Will hatte Reimann anders eingeschätzt und war jetzt erstaunt, dass er so offensichtlich um den heißen Brei herumredete.
    »Wir hätten da noch ein paar Fragen an Sie«, antwortete der Hauptkommissar. »Nur Routinefragen. Nichts Schlimmes.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Will in wenig freundlichem Ton. Er wartete eine Sekunde lang vergeblich darauf, dass Reimann sofort antwortete, dann drehte er sich demonstrativ um und machte eine Kopfbewegung auf die offen stehende Tür am Ende des Flures. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich anziehe und ein wenig frisch mache?«
    »Keineswegs«, antwortete Reimann
    »Und soll ich vielleicht ein paar Sachen zusammenpacken?«, fügte Will hinzu. »Eine Zahnbürste, Unterwäsche und was man so braucht?«
    Der Kriminalbeamte blinzelte verblüfft, aber dann lachte er. »Nein, sicher nicht«, sagte er. »Wir haben wirklich nur ein paar Fragen. Je eher Sie die beantworten, desto schneller sind wir wieder weg.«
    Will öffnete den Mund zu einer Antwort, aber dann riss er sich im letzten Moment zusammen und beließ es bei einem stummen Kopfnicken. Er tat sich keinen Gefallen, wenn er Reimann weiter unnötig reizte. Vielleicht waren die beiden ja tatsächlich nur hier, um ihm ein paar harmlose Fragen zu stellen. Wenn man es erst einmal geschafft hatte, in der Verbrecherkartei der Polizei zu landen, dann war man immer für eine kleine Routine-Überprüfung gut.
    Will drehte sich betont brüsk herum, schlurfte zum Badezimmer und warf die Tür hinter sich zu. Das Schloss war noch nicht ganz eingerastet, da fiel die mühsam aufrechterhaltene Ruhe nicht

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