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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Oberflächenstruktur dem wie erschrocken hochfahrenden Drachen so viel Lebendigkeit verlieh, als würde er gleich im nächsten Moment herumfahren und nach Reimanns Hand hacken. Falkenberg schenkte der sorgsam zusammengetragenen Drachensammlung jedoch keine Aufmerksamkeit, sondern funkelte Will unverhohlen feindselig an, und auch wenn er seine Mimik perfekt unter Kontrolle hatte, machte sein Blick doch klar, dass er nur auf eine Gelegenheit wartete, es Will heimzuzahlen; und sie schlimmstenfalls sogar konstruieren würde.
    »Bitte entschuldigen Sie, meine Herren«, sagte Will. Er war beinahe selbst über den fast schon gelassenen Klang seiner Stimme erstaunt, und irgendwie spürte er, dass er auch seine Züge wieder hundertprozentig unter Kontrolle hatte. »Aber jetzt fühle ich mich schon besser. Kaffee?«
    Falkenberg spießte ihn mit Blicken geradezu auf, aber Reimann nickte und folgte Will, als dieser an ihm vorbei in die winzige, unaufgeräumte Küche ging, die zu seiner Zweieinhalb-Zimmer-Altbauwohnung gehörte. Will wurde sich peinlich des Durcheinanders bewusst, das auf dem kleinen Tisch aus kunststoffbeschichtetem Holzimitat herrschte, während er den beiden Beamten vorauseilte und die Kaffeemaschine einschaltete. Wasser und Kaffeepulver befanden sich schon darin; Will hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, die Maschine immer wieder sofort zu befüllen, sobald er sie benutzt hatte. Es gab Morgen, an denen er die zwei Minuten Verzögerung, die es bedeutet hätte, auf den ersten Kaffee zu warten, vielleicht nicht ausgehalten hätte. Während die Maschine fast augenblicklich zu gluckern begann, öffnete er die Tür des Hängeschranks, nahm drei Tassen heraus und stellte sie auf die Kante des überfüllten Tisches. Reimann runzelte nur die Stirn, aber Falkenberg sagte in leicht angeekeltem Tonfall: »Nein danke. Nicht für mich.«
    Will zuckte mit den Schultern und stellte die Tasse in den Schrank zurück. Falkenberg war entweder ein schlechter Beobachter, oder er wollte ihn brüskieren. Bei all der Unordnung, die in der Küche herrschte, war es doch nur Chaos, kein Schmutz. In dem gewaltigen Durcheinander aus Geschirr, Gläsern, Tassen, Besteck, aufgerissenen Cornflakes-Packungen, Kaffeedosen und Flaschen ringsum hätte man vergeblich nach nur einem einzigen benutzten Teller, einer einzigen nicht gespülten Gabel oder einem schmutzigen Glas gesucht; Will war ein Chaot, aber kein Schmutzfink.
    Zumindest Reimann schien das wohl auch bemerkt zu haben, denn er warf zwar noch einen stirnrunzelnden und mehr als nur ein wenig missbilligenden Blick in die Runde, ging aber dann zum Tisch, schob einen Stuhl zurück und ließ sich darauf nieder. Als er sich setzte, machte er eine Bewegung, wie um die Arme auf die Tischplatte aufzustützen und die Hände zu falten, führte sie aber nicht ganz zu Ende. Auf dem Tisch vor ihm war einfach nicht genug Platz dazu.
    »Also, meine Herren?«, begann Will. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Sie können uns Ihren Personalausweis zeigen«, sagte Falkenberg. »Ich glaube, wir haben Sie schon einmal darum gebeten.«
    »Das würde ich ja gern«, antwortete Will. Mit einem nur angedeuteten, aber auch deutlich zynischen Lächeln fügte er hinzu: »Aber ich glaube, das habe ich Ihnen auch schon gesagt: Er ist gestohlen worden.«
    »Gestohlen, so.« Falkenberg verzog geringschätzig die Lippen. Er schien noch mehr sagen zu wollen, aber Reimann brachte ihn mit einem Blick zum Verstummen und wartete sichtlich darauf, dass auch Will sich setzte. Die beiden waren kein besonders gut aufeinander eingespieltes Team, fand Will. Aber vielleicht täuschte er sich auch. Vielleicht sollte er ganz genau das glauben.
    »Ihre Brieftasche ist also gestohlen worden«, sagte Reimann und zuckte bedauernd mit den Schultern. »Nun, so etwas kommt leider immer öfter vor. Das ist bedauerlich.«
    »Das ist vor allem lästig«, sagte Will. »Ihnen muss ich bestimmt nicht erklären, was für eine elende Lauferei es ist, sich neue Papiere zu besorgen.«
    »Und manchmal auch ziemlich teuer, nicht wahr?«, fragte Falkenberg.
    Will beschloss, das Einzige zu tun, was ihm sinnvoll erschien, und diesen Idioten für den Rest des Gespräches zu ignorieren. Statt Reimanns Assistenten auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte er sich wieder zur Spüle herum und sah ungeduldig auf die Kaffeemaschine hinab. Der Apparat blubberte noch immer emsig vor sich hin, aber in der Glaskanne befand sich schon genug Kaffee für

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