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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wenn es lächerlich war – immer noch irgendwie einreden können, dass dies alles nichts als Zufall war; allerhöchstens, dass sie sich tatsächlich für ihn interessierte und sich als ganz besonders hartnäckig erwies. Aber die junge Frau, die nun drüben auf der anderen Straßenseite allmählich wieder näher kam – wobei sie diesmal deutlich langsamer ging und nicht nur die Straße selbst, sondern auch die Schaufenster der Geschäfte, an denen sie vorbeikam, äußerst gründlich inspizierte –, war kein weiblicher Schürzenjäger. Sie suchte jemanden, und es war nicht besonders schwer, sich auszurechnen, wer dieser Jemand war.
    Nicht, dass es für Will irgendeinen Sinn gemacht hätte. Also gut, dachte er, Plan B. Er hatte einige Erfahrung im Verfolgtwerden und fast ebenso große im Verfolgen, und wenn diese Frau dort drüben kein absoluter Profi war, hatte er die eine oder andere Überraschung für sie auf Lager. Mit einer fast bedächtigen Bewegung drückte er seine Zigarette im Aschenbecher aus, trank noch einen Schluck Kaffee und zog dann die Plastiktüte unter dem Tisch hervor. Er überzeugte sich davon, dass seine Verfolgerin noch gute hundert Meter entfernt und somit viel zu weit weg war, um Gesichter zu identifizieren, dann zog er die Jacke aus, nahm die Kleider, die er gekauft hatte, aus der Tüte und warf erst sie, dann sein Jackett über den linken Arm, den er dann angewinkelt an den Körper drückte. Keine perfekte Tarnung, aber die beste, die er auf die Schnelle improvisieren konnte. Und da es zugleich die einzig verfügbare war, musste sie reichen.
    Ohne verräterische Hast verließ er das Café, schlängelte sich zwischen den mittlerweile fast vollständig besetzten Tischen hindurch und wandte sich nach links. Er widerstand der Versuchung, in die andere Richtung zu blicken und nach seiner Verfolgerin Ausschau zu halten, aber er wusste, dass sie immer noch gut siebzig oder achtzig Meter entfernt sein musste, wenn sie ihre Schritte nicht dramatisch beschleunigt hatte. Im gleichmäßig raschen Tempo eines Mannes, der sich auf dem Weg ins Büro befand und keine übermäßige Eile, aber auch keine Zeit zu vertrödeln hatte, humpelte er mit leicht nachgezogenem linken Bein den Weg zurück, den er vorhin gekommen war, bog an der Kreuzung nach rechts ab und legte, kaum außer Sicht, so viel Tempo zu, wie es gerade noch ging, ohne wirklich zu rennen. Nach weniger als einer Minute erreichte er die nächste Straßenkreuzung, bog ein und blieb stehen. Sein Atem ging schnell. Er hatte das Gefühl, von jedermann angestarrt zu werden, der sich auf der Straße befand, aber es war nicht mehr so intensiv wie vorhin. Was er jetzt spürte, war die normale Nervosität, die jeder empfand, der wusste, dass er verfolgt wurde. Er blieb noch einige Sekunden stehen, bis sein Atem wieder ruhig und gleichmäßig ging, dann schlüpfte er in die Jacke, klemmte sich Duffys Kleider kurzerhand unter den Arm und lief zur Hausecke zurück, um einen Blick zu riskieren. Von seiner Verfolgerin war keine Spur zu sehen. Entweder sie war auf seine Maskerade hereingefallen, oder sie hatte begriffen, dass er sie entdeckt hatte, und die Verfolgung abgebrochen. Will wusste nicht, welcher Antwort er den Vorzug geben sollte. Er war auch nicht wirklich beruhigt. Diese Runde ging eindeutig an ihn – aber das änderte rein gar nichts daran, dass es gar keine Runde hätte geben dürfen.

Kapitel 7
    Als er in die Wohnung zurückkehrte, war aus seinem Humpeln wieder ein erstaunlich sicherer Schritt geworden, und von dem scharfen Schmerz oberhalb seines Knöchels war nichts weiter als ein sanftes Ziehen übrig geblieben. Trotzdem sank seine Laune auf einen neuen Tiefpunkt, als er die Tür aufschloss. Der Fernseher lief in einer Lautstärke, die durchaus dazu angetan war, ihm seinen ersten richtigen Krach mit den Nachbarn zu bescheren. Leicht verärgert ging er ins Wohnzimmer und fand Duffy in einem der drei schweren Ohrensessel vor, die er anstelle der obligatorischen Couchgarnitur besaß. Sie hatte die Füße auf den Tisch gelegt und irgendwo in der Küche noch eine Tüte Chips gefunden, mit deren Inhalt sie sich so intensiv beschäftigte, dass ihre Kaugeräusche beinahe die Stimmen aus dem Fernseher übertönten. Will sparte sich gleich die Mühe, irgendetwas zu sagen, ging mit weit ausgreifenden Schritten an ihr vorbei und schaltete den Fernseher aus. In dem Moment, in dem das Bild erlosch, registrierte er, dass sie eine Nachrichtensendung

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