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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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spürte dabei das Knistern des Pergaments. Dann äugte sie hinauf zur Fackel.
    Das Licht war schwächer geworden. Sie musste sich beeilen.
    »Ich habe auch ein Geheimnis«, sagte sie. »Schon so lange schleppe ich es mit mir herum. Du wirst mich hassen, wenn du es erfährst. Aber ich kann und will es nicht länger für mich behalten. Es gibt einen Brief von meinem Vater – hör zu!«
    Sie zog das Pergament heraus und wollte gerade zu lesen beginnen, als das Licht mit einem leisen Zischen erlosch.
    »Der Schlüssel aus Feuer und Sand steckt in dem Schloss, in das er gehört« , begann Milla, und obwohl die Worte wie eingebrannt in ihr waren, hörte es sich auch für sie an wie beim allerersten Mal. »Nur Feuer und Wasser ergeben ein Ganzes. Unter ihrem Schutzschild findest du Leben. Zeige niemandem diese Zeilen, sondern bewahre sie in deinem Herzen, Milla – und handle, sobald der richtige Zeitpunkt gekommen ist!«
    Nebenan hörte sie Ysa schluchzen.
    »Das hat er dir geschrieben?«, flüsterte sie. »Was für eine große Last für ein kleines Mädchen! Du hast geschwiegen, weil Leandro es so wollte. Wie könnte ich dich da hassen?«
    »Zu groß vielleicht«, sagte Milla. »Du hast oft gesagt, dass ich sein Erbe in mir trage, aber ich kann seine Botschaft trotzdem nicht entschlüsseln. Was meint er nur damit? Wo soll die gläserne Gondel sein? Verstehst du ihn besser?«
    »Ich muss nachdenken«, sagte Ysa. »Und du solltest jetzt schlafen. Man braucht viel Kraft, wenn man hier unten ist. Haben sie dich an die eiserne Kette gelegt?«
    »Nein«, sagte Milla erschrocken. »Dich etwa?«
    »Nur am ersten Tag. Ich habe dem Wärter meine Korallenohrringe gegeben. Dafür hat er mich losgemacht. Es könnte also noch viel schlimmer sein. Und jetzt ruh dich aus!«
    Milla stand mühsam auf, das lange Kauern auf dem Boden hatte ihre Glieder steif werden lassen. Obwohl sie viel zu aufgewühlt zum Schlafen war, legte sich auf die Pritsche und blickte in die Dunkelheit. Die Zelle schien sich abwechselnd auszudehnen und wieder zusammenzuschrumpfen. Von überallher kamen unheimliche Geräusche, die sie nicht zu deuten wusste: das Tropfen von Wasser, Hüsteln und Stöhnen, dann ein schriller Schrei, der ihr durch Mark und Bein ging.
    Als direkt neben ihr etwas raschelte, fuhr sie entsetzt auf. Ihr Herz raste. Sie spürte etwas Pelziges an ihrem Fuß, dann einen kurzen scharfen Schmerz. Milla schrie auf.
    »Milla, was hast du?«, rief Ysa.
    »Da war – eine Ratte.« Sie schüttelte sich voller Ekel. »An meinem Fuß. Sie hat mich gebissen!«
    »Blutest du?
    Milla fuhr mit ihren Fingern über die Bisswunde. »Nur ein wenig. Sie hat mich nicht tief erwischt. Es war nur der Schreck.«
    »Diese Biester sind hier überall. Warte, ich schieb dir mein Umschlagtuch durch das Gitter. Damit kannst du deine Füße zudecken.«
    »Aber dann bist du doch ungeschützt!«
    Ysa stieß ein kurzes Lachen aus. »Nach ein paar Tagen schmeckt man ihnen offenbar nicht mehr. Mich lassen sie inzwischen beinahe in Ruhe!«
    Milla kniete sich erneut auf den Boden und zog das Tuch auf ihre Seite. Anschließend umwickelte sie damit die Füße, so gut es ging, und irgendwann ließ die grenzenlose Erschöpfung sie einschlafen.
    Die Gondel schob sich in den schmalen Kanal, der den Dogenpalast von der großen Baustelle trennte, die einmal das neue Gefängnis werden sollte. Die Ebbe in Venedigs Kassen hatte den Bau vorübergehend gestoppt; Holzpfähle und halb aufgerichtete Mauern verrieten, wie schlecht es um die Einkünfte der Serenissima stand.
    »Und du bist ganz sicher, dass sie wirklich in den pozzi sitzen?«, sagte Luca.
    »Wie oft denn noch? Der Admiral will Milla und ihre Tante zermürben. Was wäre dazu besser geeignet als die berüchtigten Zellen unterhalb des Wasserspiegels?«
    Marco beäugte ihn misstrauisch. Dann schaute er nicht minder kritisch an sich hinunter. »Und diese Maskerade soll uns weiterbringen?«
    Luca legte das Ruder in die Forcula und berührte den schwarzen Stoff, der ihn umhüllte.
    »Das Wichtigste geschieht in den Köpfen der anderen«, sagte er. »Vergiss nie: Wasser ist ein wandelbares Element, das seine Form verändern kann.«
    »Das habt ihr Wasserleute in der Tat oft genug bewiesen«, sagte Marco knurrig. »Schon als Junge bin ich damit unfreiwillig in Berührung gekommen. Und hättet ihr uns Feuerleuten nicht den Pakt aufgekündigt …«
    »Urteile nicht über Dinge, von denen du nur die Hälfte weißt«, wies Luca ihn zurecht.

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