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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Drohte Ysa jetzt Gefahr, nur weil sie eigenmächtig losgeprescht war, ohne sie einzuweihen?
    Luca schien ihre wachsende Angst zu spüren.
    »Dann können wir jetzt gehen?«, kam er ihr zur Hilfe. In seiner Stimme lag schon wieder eine Spur Ungeduld.
    Abermals verdutzt starrte sie ihn an.
    Das Plumpe, Geduckte, das sich zuvor über ihn gelegt hatte, war dabei, sich aufzulösen, als zöge jemand langsam ein grobmaschiges Netz herunter. Plötzlich meinte Milla, Grollen zu hören und Meeresrauschen, als balle sich ein heftiger Sturm zusammen, der die Wellen peitschte – doch der Himmel über ihnen war nach wie vor blau und wolkenlos.
    Sie mussten sich beeilen!
    »Ich will nach Hause«, murmelte sie so kläglich wie nur irgend möglich. »Sofort!«
    Die Glasbläser sollten an ein verängstigtes Mädchen glauben, das sie gründlich eingeschüchtert hatten. Immer noch besser, als sie für eine Verräterin zu halten, die mit den Wasserleuten paktierte!
    »Meinethalben«, rief Federico. »Lauf schon!« Luca freilich beäugte er weiterhin voller Misstrauen. »Deine Visage hab ich mir gemerkt, Freundchen. Und sollte sie mir noch ein einziges Mal am falschen Ort begegnen …« Er hob die Hand und trat auf ihn zu, als wollte er zuschlagen.
    Für einen Lidschlag blitzte etwas eisig Blaues um Luca auf. Das unheimliche Grollen des Meeres erhob sich erneut. Dann jedoch war beides so schnell wieder vorüber, dass Milla beinahe selbst an eine Täuschung geglaubt hätte.
    »Meine Erinnerung!« Scheinbar demütig streckte sie die Hand nach der Scherbe aus, während ihr Herz hart gegen die Rippen hämmerte. »Danach seid ihr uns los.«
    »Keiner von euch hat mir etwas zu sagen?« Marcos Stimme war streng. »Noch immer nicht? Dann wisst ihr ja, was jetzt kommt.«
    Die Bauarbeiten im hinteren Teil der riesigen Halle hatten am Morgen eingesetzt. Dutzende Männer waren dabei, mit Hämmern aus besonders hartem Stahl die Mauern niederzureißen. Der Admiral hatte angeordnet, dass dies allerdings keinerlei Einfluss auf die Produktion der Reeperei haben dürfte, und es gab niemanden, der sich diesem Befehl widersetzt hätte.
    »Habt ein Einsehen, Messèr Bellino!«, versuchte noch einmal Vorarbeiter Clemente sein Glück, doch Marcos eisiger Blick verhieß nichts Gutes. »Jeder von uns braucht diese Arbeit. Unsere Ersparnisse schmelzen ohnehin dahin wie Eis in der Sonne. Jeden Salatkopf muss man inzwischen fast in Silber aufwiegen, so leer ist der Markt schon jetzt. Was sollen unsere Familien erst essen, wenn die feindlichen Truppen Venedig überrannt haben?«
    »Daran hättet ihr früher denken müssen. Die Namen der Schuldigen – hier und jetzt!«
    Marco fühlte sich immer unbehaglicher. Was, wenn alle im nächsten Augenblick geschlossen auf ihn losgingen? Die Seile, die sie so meisterhaft zu schlagen wussten, waren wirksame Waffen. Eines von ihnen schnell um seinen Hals geschlungen und fest zugezogen – und er würde kein einziges Wort mehr herausbringen!
    Als die Wand neben dem großen Tor krachend einstürzte, schrak er zusammen. Winzige Schuttfetzen und Wolken aus Staub verdunkelten die Luft. Einige Seiler begannen zu husten, andere wedelten mit den Armen, als könnten sie damit die rötlichen Schwaden vertreiben, die ihnen in Mund und Nase drangen. Doch keiner wagte, nach draußen zu laufen, um sich im Freien Erleichterung zu verschaffen.
    »Unter diesen Bedingungen arbeiten zu müssen, ist die reinste Zumutung«, schrie als Einziger Salvatore. »Ihr solltet unseren Lohn raufsetzen, anstatt uns mit Euren Spielchen zu quälen!«
    »Damit du noch mehr Seide für deine Angebetete kaufen kannst?« Mit Genugtuung registrierte Marco, wie seine Worte die groben Züge des anderen entgleiten ließen. »Komm zu mir, Querini! Du wirst die erste Münze werfen.«
    Unter den Arbeitern entstand ein Raunen. Alle Blicke ruhten nun auf dem Glatzkopf.
    »Ich?« Salvatore rührte sich nicht von der Stelle. »Wieso ausgerechnet ich?«
    »Wieso nicht?« Der Golddukat lag auf Marcos Handrücken, so glänzend und makellos, als sei er erst gestern geschlagen worden.
    »Eine echte Zecchine !« Wer der Seiler hatte das respektvoll hervorgestoßen?
    Kaum einer der Arbeiter dürfte diese wertvolle Münze jemals zuvor zu Gesicht bekommen haben. Damit könne man einen Mann und ein Pferd kaufen, sagte der Volksmund. Wie viele Dukaten mussten aus der Staatskasse geflossen sein, um ein Heer von mindestens 50 000 Soldaten aufzustellen, das gegen die Liga von Cambrai

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