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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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inzwischen erneut in seinen dunklen Umhang gehüllt und die Kapuze übergestreift.
    Wollte er sie etwa begleiten?
    »Ich muss verrückt geworden sein, dich hierher zu bringen.«
    Abwehrend hob Milla die Hände, und Luca wich einen Schritt zurück. »Aber betreten darfst du Murano keinesfalls. Einen wie dich würden sie doch sofort erkennen!«
    »Du brauchst mich doch«, wandte er ein.
    »Wozu?«
    »Um dich zu beschützen?«
    »Was redest du da?«, rief Milla aufgebracht. »Ich bin die Tochter von Leandro Cessi! Keiner der Feuerleute würde wagen, mir auch nur ein Haar zu krümmen.« Dann jedoch kam ihr der Vorfall vor dem Glasofen in den Sinn und ließ sie verstummen.
    »Und was ist mit deinem Vater geschehen?«, fragte Luca.
    »Weißt du es? Dann rück endlich heraus damit!« Millas Augen waren plötzlich giftig grün.
    »Nein«, sagte Luca, während sie sich gegenseitig fixierten, ohne dass einer nachgegeben hätte. »Aber sie könnten versuchen …«
    »Du wirst nicht mitkommen!« Milla sprang ans Ufer. »Warte hier, wenn du willst, aber dann leg dich ins Boot, damit dich niemand sieht. Wenn dir das nicht passt, werde ich schon jemanden auftreiben, der mich zurückrudert.«
    Sie spürte seinen verletzten Blick im Rücken, als sie loslief, aber daran wollte sie jetzt nicht denken. Eine Erinnerung trieb Milla voran, die ihr allerdings zu vage erschienen war, um sie im Vorfeld mit Ysa zu teilen. Um keine falschen Hoffnungen zu wecken, wollte sie sich lieber zuerst an Ort und Stelle vergewissern, dass es kein Traum gewesen war, sondern etwas, das sie mit eigenen Augen gesehen hatte.
    Viele der Werkstätten waren geschlossen. Nur vereinzelt standen die Türen der Glashütten offen, doch selbst dann waren die vertrauten Geräusche ungewohnt leise. Sogar auf der Brücke über den Canal Grande blieb Milla mutterseelenallein. Nicht einmal Katzen ließen sich heute blicken.
    Die ganze Insel schien wie ausgestorben.
    Wo steckten sie alle? Und warum schlich nicht längst jemand hinter ihr her?
    Als das helle Geläut des Campanile von Santa Maria e Donato einsetzte und danach die dunkleren Glocken der anderen Kirchtürme folgten, begriff Milla, warum die Gassen so leer waren. In allen Kirchen der Insel wurden Gottesdienste abgehalten, in denen die Menschen um Frieden beteten. Murano war auf Gedeih und Verderb mit Venedig verbunden. Würde die Lagunenstadt durch ein feindliches Heer erobert, wäre damit auch sein Schicksal besiegelt.
    Der Gedanke fuhr durch ihren ganzen Körper und lähmte sie.
    Dann aber holte sie tief Luft. Wenigstens würde sie jetzt niemand von ihren Vorhaben abhalten können! Ohne noch einmal anzuhalten, rannte Milla zu dem roten Haus, öffnete das kleine Holztor und gelangte so mühelos in den Garten.
    Was sollte sie als Nächstes tun?
    Sie schloss die Augen und versuchte, die Szene, die sie hergeführt hatte, erneut heraufzubeschwören. Erst blieb alles dunkel, als hätte jemand ein dichtes Tuch über ihre Erinnerungen geworfen, doch nach und nach kamen die Bilder und Laute jener Nacht zurück. Als sie in ihrem Zimmer erwacht war, weil sie etwas gehört hatte, war es dunkel gewesen. Milla war aufgestanden und zum Fenster gelaufen. Unter ihr, im Mondlicht, hatte ihr Vater im Garten mit einer Schaufel hantiert. Eine Grube oder ein Loch hatte sie nicht mehr entdecken können, dafür war sie offenbar zu spät gekommen. Doch von ihrem Platz am Fenster aus hatte es ausgesehen, als streiche er das Erdreich sorgfältig glatt.
    Wo genau war das gewesen?
    Unwillkürlich zog die Schaukel Millas Blicke auf sich. Sie kniete sich vor den linken Pfosten und begann, die Erde ringsherum zu lockern. Hart war sie, voll winziger Salzkristalle, die ihre Haut ritzten. Nur mühsam gelangte sie tiefer.
    Warum hatte sie nicht an eine Schaufel oder Hacke gedacht?
    Kurz erwog Milla, sich im Haus nach geeignetem Werkzeug umzusehen, dann aber verwarf sie diese Idee wieder. Selbst wenn die Tür unverschlossen wäre, scheute sie davor zurück, heimlich bei Domenicos Familie einzudringen, die jetzt hier wohnte.
    Sie schaufelte die Erde zurück und klopfte sie fest. Danach versuchte sie ihr Glück beim rechten Pfosten. Hier erschien ihr alles noch störrischer. Bald schon schmerzten Millas Hände, fühlten sich spröde und rau an wie im tiefsten Winter.
    »Soll ich dich ablösen?«, fragte eine ruhige Männerstimme.
    »Luca!« Sie fuhr auf. »Was fällt dir ein? Ich hab dir doch ausdrücklich verboten …« Sie war auf etwas Hartes

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